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Integration durch Bildung

Das Modell Toronto könnte für Deutschland Beispielcharakter haben

Toronto und Berlin haben auf den ersten Blick nur wenig miteinander gemein. Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass beide Städte vor ähnlichen Herausforderungen in der Bildungspolitik stehen. Grund dafür ist die stetig steigende Zahl von Zuwanderern.

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In Toronto hat bereits die Hälfte der Bevölkerung Wurzeln außerhalb der Landesgrenzen, für 57 Prozent ist Englisch nicht Muttersprache. Das führte in der Vergangenheit zu großen gesellschaftlichen Problemen, wie Lloyd McKell von der Schulbehörde Torontos auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Berliner Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Botschaft Kanadas berichtete. In den 60er und 70er Jahren sei Immigranten „eine ganz andere Stimmung“ als heute entgegengeschlagen. Wenn man nicht Englisch oder Französisch sprechen konnte, sei man aggressiv beschimpft worden, berichtete McKell, der 1967 aus Trinidad und Tobago zum Studieren nach Kanada kam.

Seitdem ist viel passiert. Toronto ist heute eine multikulturelle Metropole, zu der 150 Sprachen zählen. Das Erfolgsrezept: Integration durch Bildung. Vor rund 30 Jahren wurde die Bildungspolitik umgekrempelt. Seitdem liegen die Schwerpunkte auf Chancengleichheit, individueller Förderung dort, wo sie benötigt wird, sowie der frühkindlichen Erziehung. Hierbei werden auch ganz bewusst die Eltern mit einbezogen. Väter und Mütter müssen in die Lage versetzt werden, ihre Kinder aktiv zu unterstützen. Doch auch scheinbar kleine Dinge sollten in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden. Als Beispiel nannte McKell die Gestaltung von Lehrmaterialien. In ihnen müsse der individuelle Hintergrund der Immigranten aufgegriffen werden. „Jeder Zugewanderte muss das Gefühl haben, im Mittelpunkt zu stehen und nicht im Abseits“, so der heutige Wahlkanadier, der die Geschichte seines Landes in seiner Schulzeit ausschließlich durch die Brille der Engländer vermittelt bekam. Es sei wie beim Angucken von Fotos, so McKell. Bilder, auf denen man selber zu sehen ist, schaue man sich länger und intensiver an.

Der Botschafter Kanadas in Deutschland, Peter M. Boehm, der zugleich Gastgeber der Veranstaltung war, zeigte sich in einem Grußwort „stolz“, dass Toronto mittlerweile als bildungspolitisches Modell weltweit anerkannt werde. Trotzdem gebe es keine universellen Lösungen. Das Modell Toronto sei nicht eins zu eins auf andere Städte oder Länder übertragbar. Wenn überhaupt, biete es Denkanstöße. Keinesfalls wolle Kanada sich in die aktuelle bildungspolitische Debatte in Deutschland einmischen. Einen Ratschlag konnte Boehm sich dennoch nicht verkneifen: Integration erfordere einen breiten gesellschaftlichen Konsens über eine aktive Einwanderungspolitik.

Diesen Ball fing die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Maria Böhmer, die sich jüngst vor Ort über das Modell Toronto erkundigt hat, gerne auf. So sei es der Zustimmung und Überzeugung aller zu verdanken, dass heute Erstklässler bei der Einschulung verpflichtend über gute Deutschkenntnisse verfügen müssen. Böhmer räumte aber ein, dass Deutschland in Sachen gelungener Integration „noch einen langen Weg vor sich“ habe. Viel zu lange habe man sich unter Hinweis darauf, dass man kein Einwanderungsland sei und dass Multikulti schon irgendwie funktionieren würde, zurückgelehnt. Erst heute beginne man zu begreifen, dass Vielfalt keine Bürde, sondern eine Chance darstelle. Damit diese Chancen auch genutzt werden könnten, gelte es, nun die Rahmenbedingungen für optimale Integration zu verbessern: Lehrkräfte müssten auf die veränderte Situation vorbereitet werden, Schulleiter sensibilisiert und Elternpatenschaften initiiert werden. Es brauche mehr Ganztagsschulen und mehr Schulsozialkräfte. Vielleicht wird es also schon bald in Deutschland so sein wie in Kanada: Optimale Bildungschancen unabhängig von der jeweiligen Herkunft.

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