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Présentations & compte-rendus

"Was ist TTIP?"

Ein Freihandelsabkommen zwischen Chlorhähnchen und Schiedsgerichten: Wohltat oder Schandtat?

TTIP – selten hat ein Vertragsprojekt soviel Erregung und Widerspruch gefunden wie das Transatlantische Handels- und Investitions-abkommen zwischen Europa und den USA. Was kommt heraus „am Ende des Tages“? Dieser Frage widmete sich Wolfgang Stützer, ehemaliger Direktor des deutsch-amerikanischen Instituts in Tübingen und Dozent für die Deutsche Atlantische Gesellschaft.

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Bericht zur Abendveranstaltung „Was ist TTIP – Wohltat oder Schandtat“ am 19.05.2015

Am Abend des 19. Mai fanden sich ca. 90 Teilnehmer im Hotel La Résidence in Saarbrücken ein, um den Ausführungen von Wolfgang J. Stützer zum Thema „Was ist TTIP? Ein Freihandelsabkommen zwischen Chlorhähnchen und Schiedsgerichten: Wohltat oder Schandtat?" zuzuhören. Herr Stützer lebt selbst in Kalifornien und war neun Jahre lang Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Tübingen, doziert heute u.a. für die Deutsch-Atlantische Gesellschaft oder auch für das Gustav-Stresemann Institut und eignete sich durch seine spezielle deutsch-amerikanische Perspektive hervorragend als Referent zum Thema.

Nach einer kurzen Begrüßung und thematischen Einführung durch die Leiterin des Bildungsforums Saarland der KAS, Helga Bossung-Wagner, begann Herr Stützer seinen Vortrag mit der These, dass es zur Zeit in Deutschland ca. 80 Millionen Juristen geben müsse. Anders könne er sich nicht erklären, wie so viele Menschen von einem bisher 32.000 Seiten starken Dokument so (negativ) beindruckt sein können. Ebenso gab sich Stützer sehr beeindruckt von dem von 1,5 Millionen Bürgern unterzeichneten Volksbegehren an die Europäische Kommission, die Verhandlungen zu TTIP einzustellen, wo doch bedeutend weniger Zugriffe (ca. 5000, Stand Mitte April) auf die von der EU, nach Forderungen der TTIP-Gegner, veröffentlichten Verhandlungsdokumente verzeichnet wurden.

Das besondere an Herrn Stützers Vortrag war, dass er die Frage zu TTIP in einem breiteren, weltpolitischen Kontext betrachtete. So warnte er vor Hysterie und verwies auf Beispiele in der Vergangenheit, wie das Wald- oder Robbensterben, wo jene ebenfalls nicht angebracht war. So erklärte er sehr anschaulich, anhand von zwei verschiedenen Weltkarten, dass der Umgang mit internationalen Abkommen immer eine Frage der Perspektive ist.

Beispielsweise handelt es sich bei dem TTIP-Abkommen um eine Größenordnung von ca. einer Milliarden Menschen. Diese Zahl setzt sich zusammen aus 500 Millionen EU-Bürgern, 300 Millionen Amerikanern und den Bürgern Mexikos und Kanadas (NAFTA). Im Vergleich merkte Stützer an, dass es sich bei Indien und China jeweils um Volkswirtschaften dieser Größenordnung handelt. Folglich, um im Kontext der Alternativlosigkeit zum Kapitalismus und des globalisierten Handels wettbewerbsfähig zu bleiben, sind derartige Abkommen wichtig, um auch weiterhin den Wohlstand in unserer westlichen Gesellschaft zu sichern.

Neben dieser Einbettung in den globalen Kontext, beschäftigte sich Herr Stützer auch mit den deutschen Bedenken zum Freihandelsabkommen. Beispielsweise las er Auszüge aus einem Leserbrief des Focus, dessen Inhalt sich auf die Aussage „Wir verkaufen unsere Wirtschaft!“ zusammenfassen lässt. Stützer wies in der Folge darauf hin, dass TTIP insbesondere für den deutschen Mittelstand eine große Chance für eine weitere Stärkung des Exports darstellt. Diese Chance ergebe sich u.a. durch den Wegfall von Zolltarifen und nicht-tarifären Handelshindernissen. Genauso ist sich Stützer sicher, dass der Markt für Automobile MADE IN GERMANY noch lange nicht abgeschöpft ist, da sie dort als die Besten gelten. In der Folge besteht ein gegenseitiges Interesse der Verhandlungspartner den jeweils anderen Markt mit eigenen Produkten zu durchdrängen. TTIP schafft zunächst nur eine Plattform, auf der sich zeigen wird, wer mit seinen Produkten erfolgreich(er) sein wird.

Daraufhin ging Wolfgang Stützer auf den bisherigen und zukünftigen Verlauf der Verhandlungen ein. Zwar erkennt Stützer die durch 28 Mitgliedsstaaten schwierige Verhandlungsposition der EU. Allerdings wies er darauf hin, dass auch Obama bis zum Ende seiner Amtszeit einen historischen außenpolitischen Erfolg vorweisen möchte, weswegen die EU und auch Deutschland in Zukunft eine härtere Verhandlungsposition einnehmen könne.

Doch aufgrund all der Komplikationen glaubt Stützer, dass es schwierig sein wird TTIP zu retten. Jedoch wünscht er sich für zukünftige Verhandlungen als Bürger ernst genommen zu werden und plädiert dafür Fürsprecher für das Abkommen durch Aufklärung und Überzeugung zu gewinnen. Letztlich ist die Globalisierung unaufhaltbar und es kann nicht nur Gewinner geben. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es dadurch gerechtfertigt ist allen Veränderungen derartig kritisch oder gar feindseelisch gegenüberzutreten. Wer das Abkommen verurteile müsse auch Alternativen aufzeigen und wer dagegen ankämpfe, bitte mit lauteren Mitteln.

Am Ende hatten die Teilnehmer die Möglichkeit Fragen zu stellen, die Stützer ausführlich beantwortete. Die Fragen drehten sich um Handelsrecht und Schiedsgerichte, aber auch beispielsweise um die deutsche Buchpreisbindung.

Den anschließenden Empfang nutzten die Gäste der KAS um die vielen Informationen, Sichtweisen und Meinungen angeregt zu diskutieren.

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