Comptes-rendus d'événement
"Der Konflikt in Mali ist nicht so einfach wie die Medien es uns aufzeigen. Neben der ungelösten Tuareg-Frage sind die Unfähigkeit der früheren Regierung Malis zu einer guten Politik sowie eine fehlende parlamentarische Kontrolle Ursachen des Konfliktes. Dazu kommen die im Sahelraum ausufernden Aktivitäten islamistischer Gruppen, verbunden mit einer wachsenden organisierten Kriminalität", so der Referent des Abends, Andreas Erlecke. Anhand von ausführlichem Karten- und Bildmaterial schilderte er anschaulich die politischen, gesellschaftlichen sowie religiösen und kulturellen Probleme, die eine bedeutende Rolle im Konflikt in der Sahelzone spielen.
Unter Einbeziehung der historischen Entwicklung der afrikanischen Länder in der kolonialen und nachkolonialen Zeit, erklärte Erlecke die Geschichte der Tuareg, ihre Probleme und die fehlende Integration in die Staaten des Sahel. So habe u.a. die Nichtberücksichtigung der Tuareg bei der Landzuweisung durch die französische Kolonialmacht zu den derzeitigen Spannungen beigetragen. Im Sahelraum und damit auch in Nord-Mali treffen unterschiedliche Kulturen eines weißen und eines schwarzen Afrika aufeinander, woraus weitere Probleme für die Tuareg entstehen; dies in einem Staat, in dem heute die schwarze Bevölkerung politisch und wirtschaftlich dominant ist.
Mali mit seinen fast unkontrollierbaren, über 7.000 km langen Außengrenzen wurde in den letzten Jahren zunehmend zum Aktionsraum von teilweise mit der Al Quaida im Maghreb verbundenen Gruppen, die im Drogen- und Menschenhandel, Zigaretten- und Waffenschmuggel viel Geld verdienen. Dieses Geld wird dazu eingesetzt, in der Region Macht und politischen Einfluss zu gewinnen. Dieser Prozess droht die Staaten der Region zu destabilisieren. Ziel der islamistischen Gruppen sei es, eine Achse der Instabilität von der Westküste Afrikas bis nach Somalia zu schaffen. Andreas Erlecke beschrieb die damit verbundenen Aktivitäten der Al Quaida in Afrika. "Zwischen 2009 und 2011 wurden in 19 Staaten und Regionen Aktionen des Terrornetzwerkes beobachtet. Al Quaidas Einfluss in Afrika wächst. Diesen zu stoppen ist eine der Aufgaben des Kampfes in Mali.", betonte Andreas Erlecke.
In einer persönlichen Einschätzung der Situation in Mali sowie der Verbindung zur deutschen Politik stellte der Referent heraus, dass die Entwicklungszusammenarbeit überdacht werden sollte. Er berichtete, dass viele junge Afrikaner empfinden, dass ihre Regierungen gerade aufgrund der internationalen Unterstützung die eigene Verantwortung für ihre Länder und Bürger vernachlässigen. In der Entwicklungszusammenarbeit sollten die Empfänger stärker gefordert werden. Die Erwartungen, die in Mali gegenüber Deutschland bestünden, beschrieb Andreas Erlecke wie folgt: "Sie wünschen unsere Hilfe. Militärische Unterstützung soweit möglich. Und auch Hilfe beim Aufbau eines neuen und effizienten Justizsystems sowie bei den bevorstehenden Wahlen." Besonders hoffe man auf deutsche Unterstützung bei einem nationalen Dialog zur Versöhnung innerhalb des Landes.
Mit der Schilderung persönlicher Erfahrungen, Videos und Anekdoten schuf der Referent trotz der ernsten Thematik eine angeregt-lockere Atmosphäre. Die anschließende, von Jonathan Klatt moderierte Diskussion nutzten die Gäste, um dem Referenten zahlreiche Fragen zu stellen. Andreas Erlecke ist Leiter des "Institute For European African Dialogue (IFEAD)". IFEAD ist ein Think Tank, der sich mit sicherheitspolitischen Aspekten sowie der Interdependenz politisch-wirtschaftlicher Entwicklung und Sicherheit befasst. IFEAD bindet v.a. jüngere Menschen in den Dialog ein.