Asset Publisher

Thai News Pix/Arnun Chonmahatrakool
Laporan negara

Machtwechsel in Thailand

dari Dr. Angelika Klein, Sarita Piyawongrungruang

Neuwahlen im Frühjahr

Thailand hat eine neue Regierung, zumindest für den Übergang: Am 5.09.2025 hat das thailändische Parlament Anutin Charnvirakul von der konservativen Bhumjaithai-Partei (BJT) zum neuen Premierminister gewählt, am 19.09. wurde das neue Kabinett ernannt. Charnvirakul folgt auf Paetongtarn Shinawatra (Pheu Thai Partei, PTP), die – wie ihr Vorgänger Stretta Thavisin - nach nur einem Jahr Amtszeit vom thailändischen Verfassungsgericht abgesetzt wurde. Er ist damit der dritte Regierungschef seit der letzten regulären Parlamentswahl im Mai 2023. Und der nächste Wechsel ist bereits in Sicht: seine Wahl war an die Bedingung geknüpft, innerhalb von vier Monaten Neuwahlen und ein Referendum für eine Verfassungsreform einzuleiten. Bis Januar 2026 läuft also die Zeit. Was sind die Hintergründe dieser Ereignisse? Wie wirken sie sich auf die künftige Regierung und die thailändische Parteienlandschaft aus? Und vor allem: Wie geht es weiter in dem von politischer Instabilität und Unsicherheit geprägten südostasiatischen Land?

Asset Publisher

Berbagi

Erneute Absetzung eines Regierungsoberhauptes durch ein Urteil des thailändischen Verfassungsgerichts

Ausgelöst hat die innenpolitischen Turbulenzen der thailändisch-kambodschanische Grenzkonflikt, der im Juni und Juli dieses Jahres zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten geführt hat. Im Zuge ihrer Bemühungen, weitere Eskalationen zu verhindern und den Konflikt zu befrieden, führte die thailändische Premierministerin Paetongtarn Shinawatra am 15. Juni 2025 ein Telefongespräch mit dem ehemaligen kambodschanischen Staatschef (und langjährigen Shinawatra-Familienfreund) Hun Sen, in dem sie ihn unterwürfig „Onkel“ nannte, ihm übermäßiges Entgegenkommen signalisierte und sich distanziert-abfällig über einen hochrangigen Armeegeneral äußerte, den sie als Vertreter „der anderen Seite“ bezeichnete. Der als unangemessen devot empfundene Inhalt dieses Gesprächs, dessen Mitschnitt (vermutlich durch Zutun von Hun Sen selbst) an die Öffentlichkeit gelangte, löste großes Misstrauen in weiten Teilen der Bevölkerung aus und rief ihre politischen Gegner auf den Plan: Unmittelbar nach Veröffentlichung der Audioaufnahme reichte eine Gruppe von 36 Senatoren beim thailändischen Verfassungsgericht Klage gegen die Premierministerin ein, worin sie ihr Anbiederung und grobes ethisches Fehlverhalten, mithin Beschädigung der Würde des Amtes und Gefährdung der nationalen Sicherheit vorwarfen.


Dieser Einschätzung ist das Gericht gefolgt. Obwohl Paetongtarn sich öffentlich entschuldigte und darauf bestand, dass es sich bei ihrer Herangehensweise um eine bewusste Strategie und Verhandlungstaktik im Interesse der thailändischen Nation handelte, urteilte das Gericht im Sinne der Klage: Am 29. August wurde die (zwischenzeitlich suspendierte) Premierministerin endgültig ihres Amtes enthoben und das Kabinett aufgelöst.

Die Amtsenthebung eines Regierungsoberhauptes mit juristischen Mitteln ist nicht der erste Fall, der die Pheu-Thai-Partei (PTP) im Laufe ihrer jeweiligen Regierungszeiten betrifft. Erst 2024 hatte das Gericht auf ebenfalls „ethischer“ Grundlage die Entlassung von Premierminister Srettha Thavisin beschlossen. [1] Darüber hinaus wurden in den letzten 17 Jahren fünf Amtsenthebungen von Premierministern aus Parteien erwirkt, die unter dem Einfluss der Familie Shinawatra standen oder selbst Familienmitglieder sind: vor Paetongtarn, der Tochter des Familienoberhauptes, traf es bereits dessen Schwester Yingluck sowie Somchai Wongsawat, seinen Schwager.[2]

 

Analysten sehen in dem neuerlichen Urteil die Wiederholung eines altbekannten Musters und ein weiteres Kapitel im Kampf der konservativen pro-militärischen Eliten gegen die PTP, möglicherweise aber auch das letzte: ein Ende der Shinawatra-Dynastie, deren Konflikt mit dem Establishment (als Rot- vs. Gelbhemden bekannt) seit Jahrzehnten die thailändische Politik bestimmt, gilt nicht mehr als ganz unwahrscheinlich.[3]

 

Hierzu tragen auch Verwicklungen um den ehemaligen Premierminister Thaksin selbst bei, der nach langjährigem Exil am 22. August 2023 nach Thailand zurückkehrte und seitdem als „Einflüsterer“ der PTP-Führung fungiert. Obwohl ihn mehrere Haftstrafen von insgesamt acht Jahren wegen Machtmissbrauchs, Korruption und diverser Amtsvergehen erwarteten, wurde er noch am Tag seiner Ankunft aus gesundheitlichen Gründen in ein Polizeikrankenhaus verlegt, wo er monatelang unter privilegierten Bedingungen behandelt wurde. Schließlich wurde die Haftstrafe durch eine königliche Begnadigung auf ein Jahr reduziert und Thaksin kam frei. Der Krankenhausaufenthalt brachte ihm jedoch eine Klage beim Obersten Gericht ein, die dessen Rechtmäßigkeit hinterfragte. Dabei ging es insbesondere darum, ob hierfür tatsächlich eine medizinische Notwendigkeit bestand, oder die Verlegung vielmehr unter dem Einfluss und mit aktiver Mitwirkung Thaksins erfolgte.

 

Das Urteil sollte am 09.09.2025 gesprochen werden, doch kurz davor hatte es den Anschein, als wolle sich Thaksin dem Prozess erneut durch Flucht entziehen: Nach der Amtsenthebung seiner Tochter flog er nach Singapur – angeblich zu einer medizinischen Untersuchung. Die Maschine drehte jedoch ab und nahm stattdessen Kurs auf Dubai, was Exil-Spekulationen auslöste. Die Vermutung bestätigte sich jedoch nicht: zur allgemeinen Überraschung kehrte er öffentlichkeitswirksam zurück, stellte sich dem Verfahren und wurde im Sinne der Anklage für schuldig befunden. Thaksin wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr mit sofortiger Wirkung verurteilt und sitzt seitdem im Gefängnis.

 

Die Folgen für die PTP werden unterschiedlich eingeschätzt: Während einige den Einfluss Thaksins schwinden sehen und einen Ansehens- und Vertrauensverlust der Partei befürchten, erwarten andere einen Imagegewinn. Die Tatsache, dass sich Thaksin den Vorwürfen stellen und „reinen Tisch“ machen wollte, zudem „märtyrerhaft“ zurückgekehrt sei und in sämtlichen Belangen würdevoll kooperierte habe, könnte seine Reputation aufwerten und der PTP Sympathiepunkte bringen. Ob Zeichen des Niedergangs oder einer letzten Chance – es obliegt nun seiner Tochter Paetongtarn, die trotz ihres „Fehlverhaltens“ und der Absetzung als Premierministerin Vorsitzende der PTP bleiben wird, die Blessuren auszugleichen und die Partei gestärkt in den anstehenden Wahlkampf zu führen. Auch soll Gerüchten zufolge der Ehemann ihrer Schwester, Nattapong Kunakornwong, zum neuen Kandidaten für das Premierministeramt aufgebaut werden, wohl um die Marke „Shinawatra“ politisch relevant zu halten.  

 

Der Aufstieg der Bhumjaithai-Party (BJT) und die Rolle der People´s Party (PPLE) – Eine Minderheitsregierung unter Kontrolle der oppositionellen Mehrheit

Als Gewinner dieser Entwicklungen gehen zwei andere Parteien hervor: Die BJT und PPLE. Während die PTP angesichts eigener Fehler, institutioneller Ermüdung, des Widerstandes der Eliten, aber auch des Mangels an Erfolgen während ihrer zweijährigen Regierungszeit zunehmend an Macht verlor, hat vor allem die BJT von ihrem Abstieg profitiert. Die BJT, zunächst Teil der PTP-geführten Regierungskoalition und darin zweitgrößte Partei, hatte sich
unmittelbar nach Veröffentlichung der problematischen Audioaufnahme aus der Koalition zurückgezogen, sich aber im Zuge der notwendig gewordenen Neubesetzung des Premierministeramtes durch Aufstellung eines eigenen Kandidaten neu positioniert. Der Versuch, eine neue Regierungskoalition zu bilden, brachte ihr 149 Sitze im Parlament ein, während sich die PTP mit den verbliebenen Koalitionspartnern immerhin noch 199 Sitze sichern konnte. Die parlamentarische Mehrheit erfordert jedoch 247 von 492 Sitzen, um eine neue Regierung zu bilden. Zum „Zünglein an der Waage“, das der BJT zum Sieg über die PTP und zur erforderlichen Stimmenmehr verhalf, wurde die Oppositionspartei PPLE, die größte Fraktion im Parlament.

 

Die „Volkspartei“ PPLE – Opposition als „Königsmacher“

Die People´s Party, Nachfolgepartei der progressiven „Move-Forward-Party“, die trotz ihres überraschenden Wahlsieges 2023 an der Regierungsbildung gehindert wurde [4], zog mit der größten Anzahl an Abgeordneten (143) als Opposition ins Parlament ein und war somit die entscheidende Kraft bei der Wahl des neuen Premierministers. Statt jedoch für die PTP zu stimmen oder sich zu enthalten, unterstützte sie ungeachtet zahlreicher Konflikte und ideologischer Unterschiede den Kandidaten der konservativen BJT und verhalf Anutin Charnvirakul ins Amt. Die Unterstützung für Anutin ist strategisch zu verstehen und war u.a. an die Bedingung geknüpft, das Parlament innerhalb von vier Monaten aufzulösen und vorgezogene Neuwahlen vorzubereiten. Auch sollte bis spätestens zum Zeitpunkt der Neuwahlen ein Referendum über eine Verfassungsreform abgehalten werden, um lange geforderte Anpassungen der Verfassung von 2017 zu ermöglichen. Im Gegenzug versprach die PPLE, während der verbleibenden Amtszeit nicht an der Regierung teilzunehmen und ermutigte die PTP, gemeinsam als aktive Mehrheit in der Opposition zu agieren. Sollte die von der BJT geführte Minderheitsregierung die (auch schriftlich verbrieften) Bedingungen nicht einhalten, räumte sich die Opposition das Recht ein, eine sofortige und nicht vertrauliche Abstimmung gegen die Minderheitsregierung zu beantragen.[5] Die Option, sich der Stimme zu enthalten, hatte die PPLE verworfen, um eine mögliche Rückkehr von General Prayuth Chan-ocha, dem Architekten des Militärputsches von 2014, ins Amt des Premierministers zu verhindern, was gemäß der Verfassung möglich gewesen wäre.[6]

 

Obwohl die PPLE mit ihrem Vorsitzenden Natthaphong Ruengpanyawut betont, trotz ihrer Entscheidung gegen den Kandidaten der PTP, Chaikasem Nitisiri, ihre reformistischen Grundsätze aufrechtzuerhalten, hat ihr Votum für die konservativen Kräfte zu einer ersten Entzauberung beigetragen und den Verdacht aufkommen lassen, sich an der PTP „rächen“ zu wollen, weil diese sie bei der Regierungsbildung 2023 im Stich gelassen habe.[7] Unter ihren Anhängern hat die PPLE jedenfalls an Popularität verloren, da die Entscheidung im Widerspruch zu allem steht, wofür die Partei vorgeblich kämpft.[8] Wenngleich nun als „Kontrollinstanz“ der BJT-Minderheitsregierung mit einiger Macht ausgestattet, hat sie an Glanz und Vertrauen eingebüßt: Den Eindruck, den Wählerwillen nicht zu respektieren und sich stattdessen dem „System“ und Anutin anzudienen, wird sie im anstehenden Wahlkampf zerstreuen müssen.[9]

 

Wer ist Anutin Charnvirakul?

Der Bauunternehmer und Milliardär Anutin Charnvirakul (59) ist in der Politik kein unbeschriebenes Blatt: Er trat 1996 als Berater des Außenministers in die Politik ein und schloss sich später Thaksins Thai Rak Thai Party (TRT) an, wo er unter anderem als stellvertretender Minister für öffentliche Gesundheit und stellvertretender Handelsminister tätig war. Nach der Auflösung der TRT im Jahr 2007 wurde ihm die Ausübung politischer Ämter für fünf Jahre untersagt. Während dieser Zeit etablierte er sich in der BJT, deren Vorsitzender (und 2008 geschäftsführender Premierminister) sein Vater Chavarat Charnvirakul war. 2012 trat er dessen Nachfolge als Parteivorsitzender an, festigte die Macht der BJT zunehmend über die Provinzregionen hinaus und positionierte sie als konservativ-pragmatische Kraft der Mitte. Nach den Wahlen 2019 schloss sich die BJT der Koalitionsregierung von General Prayuth Chan-ocha an. Anutin übernahmt darin die Ämter des stellvertretenden Premierministers sowie des Gesundheitsministers und wurde durch die (wenngleich schleppende) Beschaffung von Impfstoffen und Kommunikation mit der Öffentlichkeit zum „Gesicht“ der thailändischen COVID-19-Maßnahmen. Seine Amtszeit prägte er zudem durch die vielbeachtete Legalisierung von Cannabis im Jahr 2022 – eine Kehrtwende, die bis heute in der thailändischen Politik und Gesellschaft zu Kontroversen führt.

 

Nach Bildung der neuen Regierung 2023 trat die BJT der von der PTP geführten Koalition bei und nutzte ihre Sitze im Parlament, um sich als bestimmender Faktor in Thailands zersplitterter Legislative zu positionieren. Anutin wurde zum stellvertretenden Premierminister und Innenminister ernannt – ein Amt, das besonders wegen seines Potenzials zur Konsolidierung von Wählernetzwerken im Vorfeld von Wahlen begehrt ist. Einige Analysten vermuten, dass der letztendliche Bruch zwischen PTP und BJT weniger auf Streitigkeiten über Grenzfragen zurückzuführen sei als vielmehr auf das Vorhaben der PTP, Anutin das Innenministerium zu entziehen und es mit einem eigenen Kandidaten zu besetzen, um ihre Wahlposition im Vorfeld der Parlamentswahlen 2027 zu stärken.[10]

 

Auch in Wirtschaftskreisen ist Anutin Charnvirakul kein Unbekannter: Er stammt aus einer wohlhabenden chinesisch-thailändischen Unternehmerfamilie, von 1995 bis 2004 leitete er als CEO deren Bauvorhaben. Das Unternehmen setzte millionenschwere Großprojekte (mit) um, wie den Flughafen Suvarnabhumi und das thailändische Parlament. Anutin bekennt sich zur Demokratie und konstitutionellen Monarchie, unterstützt Verfassungsänderungen innerhalb des rechtlich vorgegebenen Rahmens, vertritt die geltenden Amnestierichtlinien und strebt eine Dezentralisierung der Staatsmacht an, um die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.[11] In seiner ersten Rede nach Amtsantritt skizzierte er vier als vorrangig erachtete Handlungsfelder, denen seine Regierung besondere Aufmerksamkeit einräumen will: wirtschaftliche Herausforderungen, Sicherheitsfragen, Abwehr von Naturkatastrophen und soziale Bedrohungen.

 

In diesem Zusammenhang wurde eine sogenannte „120-Tage-Agenda“ erarbeitet, die entsprechende Maßnahmen benennt, etwa die Senkung der Lebenshaltungskosten und Unterstützung überschuldeter Haushalte zur finanziellen Entlastung der Menschen. Zudem versprach er, den Grenzkonflikt mit Kambodscha auf friedlichem Wege zu lösen sowie schnelle Hilfe für die betroffene Zivilbevölkerung. Weitere Schwerpunkte sind der Ausbau von Frühwarnsystemen zum Katastrophenschutz, aber auch die verstärkte Bekämpfung organisierter Kriminalität, insbesondere im Bereich Drogen- und Menschenhandel, Internetbetrug und illegales Glücksspiel. Dabei soll verstärkt mit den Nachbarstaaten zusammengearbeitet werden. Die Besetzung der Ministerposten im neuen Kabinett spiegelt diese Prioritäten wider. Bemerkenswert dabei ist vor allem, dass künftig mehrere Ressorts von Fachleuten mit einschlägiger Erfahrung und Expertise geleitet werden, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Finanzen sowie Außenpolitik.[12]

 

Sollte die BJT die Kürze ihrer Amtszeit jedoch ernsthaft im Blick behalten, bleibt für die Umsetzung ihrer ambitionierten Pläne allerdings wenig Zeit. Kritische Beobachter weisen bereits darauf hin, dass der Fokus, der eigentlich auf der Auflösung des Parlaments und zügigen Neuwahlen liegen sollte, zerstreut und in den Hintergrund geraten könnte. Schon jetzt wird Anutin mit Skepsis darüber konfrontiert, ob er seine Zusagen an die PPLE halten oder nicht doch – einmal an der Macht – an dieser längstmöglich festhalten wird.

 

Nach der Wahl ist vor der Wahl – Fazit und Ausblick

Die Urteile des Verfassungsgerichts, Premierminister ihres Amtes zu entheben und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, den ehemaligen Premierminister Thaksin Shinawatra inhaftieren zu lassen, sind nicht nur eine Folge der anhaltenden Kluft zwischen dem politischen Establishment und der Familie Shinawatra oder beschränken sich auf diese. Vielmehr lassen die Verbote der politischen Tätigkeit reformorientierter Politiker und die Auflösung unbequemer Parteien durch die Gerichtsbarkeit die grundsätzliche Frage nach der Überschreitung ihrer Befugnisse und der Rolle nicht gewählter Akteure in der thailändischen Politik aufkommen.


Im Gegensatz dazu befindet sich die PTP in einer Identitätskrise. Die umstrittene Koalition mit ihren langjährigen Rivalen im Jahr 2023, die Veröffentlichung des verhängnisvollen Audioclips, der die Premierministerin zu Fall brachte und nicht zuletzt die Tatsache, dass in der Kürze ihrer Regierungszeit so gut wie keine Erfolge verzeichnet werden konnten, haben ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in ihre Leistungskraft beeinträchtigt. Ob es gelingt, die Schwächen auszugleichen und auf den Stärken aufzubauen, werden die kommenden Wochen zeigen.

 

Als möglicher Ausweg aus dem sich wiederholenden Kreislauf gilt eine Reform der Verfassung, wofür sich zahlreiche politische Akteure, Wissenschaftler und zivilgesellschaftliche Gruppen schon lange einsetzen. Inwiefern es der Übergangsregierung gelingen wird, den Weg hierfür freizumachen und gleichzeitig auf drängende nationale, regionale und globale Probleme zu reagieren, wird sich erweisen. Der Zeitraum von vier Monaten reicht hierfür sicherlich nicht aus. Premierminister Anutin Charnvirakul wird jedoch das Zeitfenster nutzen, um seine Position beharrlich auszubauen und tritt bereits als neuer Vertreter der konservativen Elite mit voller politischer Legitimität in Erscheinung.

 

Unterdessen hat die PPLE mit zunehmender „Entzauberung“ und der wachsenden Enttäuschung ihrer Anhänger zu kämpfen. Sie wird ihre progressive Reformagenda klarer herausstellen und verteidigen müssen, um das Vertrauen der Wähler wiederzugewinnen. Zusätzlich wird die Partei von einer Anklage belastet, die gegen 44 ihrer Abgeordneten anhängig ist. Der Grund ist ein von der PPLE eingebrachter Gesetzesentwurf zur Reform des Majestätsbeleidigungsparagrafen, über den noch gerichtlich verhandelt wird. Auch dies ein Fall, der den anhaltenden Einsatz von juristischen Mitteln („Lawfare“) verdeutlicht, um die progressive Bewegung einzuschränken.

 

Diese Entwicklungen stellen nicht nur das Überleben der Partei, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der demokratischen Kräfte in Thailand insgesamt auf die Probe. Dennoch liegt die PPLE in der Wählergunst vorn und könnte beim nächsten Mal (erneut) die Chance erhalten, zum „game changer“ zu werden. So birgt trotz der genannten Herausforderungen die aufkommende Wahl nach wie vor das Potenzial, die politischen Machtverhältnisse neu zu ordnen und Raum für einen demokratischeren Kurs zu schaffen. Und der Countdown läuft: Mit Vereidigung des Kabinetts am 24.09.2025 und der Vorstellung der Regierungsagenda im Parlament einige Tage danach, bricht die Viermonatsfrist an und der Wahlkampf ist eingeläutet.

 

  1. Länderberichte, Konrad-Adenauer-Stiftung eV., “Is Thailand navigating in or out of a Political Crisis? Power, Court, and Dynasties”, 17.09.2024, https://www.kas.de/en/country-reports/detail/-/content/is-thailand-navigating-in-or-out-of-a-political-crisis
  2. Reuters, “Thai prime minister removed by court, triggering power scramble”, 30.08.2025, https://www.reuters.com/world/asia-pacific/thai-prime-minister-removed-by-court-triggering-power-scramble-2025-08-29/
  3. Pavin Chachavalpongpun, Global Asia Forum, “The End of the Shinawatra Era? Thailand’s Politics beyond a Dynasty”, 01.09.2025, https://rb.gy/9ct64j
  4. Länderberichte, Konrad-Adenauer-Stiftung eV., “Thailands neue Regierung – Koalition der Erzfeinde gegen politischen Wandel“, 11.09.2023, https://www.kas.de/th/web/thailand/laenderberichte/detail/-/content/thailands-neue-regierung-koalition-der-erzfeinde-gegen-politischen-wandel
  5. Thai PBS World, “Anutin Charnvirakul to become Thailand’s 32nd prime minister”, 05.09.2025, https://world.thaipbs.or.th/detail/house-elects-bhumjaithai-leader-as-thailands-32nd-pm-defeating-chaikasem/58777
  6. Die thailändische Verfassung von 2017 (B.E. 2560) erlaubt die Nominierung einer externen Person für das Amt des Premierministers.
  7. Siehe: Thailands neue Regierung – Koalition der Erzfeinde gegen politischen Wandel: https://www.kas.de/th/web/thailand/laenderberichte/detail/-/content/thailands-neue-regierung-koalition-der-erzfeinde-gegen-politischen-wandel
  8. Khaosod English, “How the People’s Party’s Choice Hurt Them More Than Pheu Thai”, 04.09.2025, https://www.khaosodenglish.com/featured/2025/09/04/how-the-peoples-partys-choice-hurt-them-more-than-pheu-thai/?utm_source=chatgpt.com
  9. The Nation, “Pheu Thai vs People’s Party Battle After Anutin becomes PM”, 05.09.2025, https://www.nationthailand.com/blogs/news/politics/40055010
  10. The Nation, “Pheu Thai reshuffles government; Bhumjaithai threatens to become opposition”, 18.06.2025, https://www.nationthailand.com/news/politics/40051392
  11. Bhumjaithai Party, “Anutin Charnvirakul, 32nd Prime Minister Candidate ”, 03.09.2025, https://www.facebook.com/photo?fbid=1319554862886284&set=a.489303139244798
  12. Dazu zählen unter anderem Suphajee Suthumpun, eine renommierte thailändische Wirtschaftsexpertin und Managerin (u.a. bei Dusit International), die zur Handelsministerin ernannt wurde; Sihasak Phuangketkeow, ein erfahrener Diplomat und ehemaliger Ständiger Vertreter Thailands beim Büro der Vereinten Nationen in Genf, der nun als Außenminister fungiert sowie Atthapon Rerkpiboon, ehemaliger Präsident und CEO der PTT Public Company Limited, eines großen thailändischen Öl- und Gaskonzerns, der das Amt des Energieministers übernehmen wird. Das Finanzministerium wird unter die Leitung von Dr. Ekniti Nitithanprapas gebracht, dem ehemaligen Generaldirektor sowohl der Steuerbehörde als auch des Schatzamtes.

Asset Publisher

Kontak Dr. Angelika Klein
Dr. Angelika Klein bild
Leitung Auslandsbüro Thailand
angelika.klein@kas.de +66(0) 2-714-1207

comment-portlet

Asset Publisher