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IMAGO / ZUMA Press Wire
Relatórios dos países

Rückkehr zu Stabilität und Pragmatismus

de Henrik Braun, Sarah Fahrenkrug, Yu-Jin Song

Lee beweist diplomatische Kompetenz

Vom 31. Oktober bis 01. November richtete Südkorea in seiner ehemaligen Haupstadt der Silla-Dynastie, Gyeongju, den diesjährigen Gipfel der Asia Pacific Economic Cooperation (APEC) aus. Dies war Koreas erste Bühne internationalen und multipolaren Formats unter der neuen Präsidentschaft von Lee Jae-myung und somit die erste Chance, Koreas Image aufzupolieren, nachdem dieses mit der Verhängung des Kriegsrechts durch Yoon Suk-yeol Ende letzten Jahres und seinem langwierigen Amtsenthebungsverfahrens bis April 2025 mächtig Schaden genommen hatte. Unsicherheiten und Sorge umrankten die Vorbereitungen der Veranstaltung im Land - nicht zuletzt, weil das eigentliche Rampenlicht auf die bilateralen Treffen am Bühnenrand der APEC gerichtet war. Doch die Vermeidung etwaiger großer Divergenzen mit den USA oder mit China und zwischen den USA und China sind Lee Jae-myungs leiser Erfolg: ein Zeichen für ein stabileres, pragmatischeres Korea.

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APEC im Überblick

1989 ins Leben gerufen, finden sich 21 Mitgliedsstaaten des indopazifischen Raums (fast) alljährlich zusammen, um regionale Wirtschaftsintegration zu fördern. APEC dient als Plattform für hochrangige Wirtschaftspolitik, der es jedoch in den letzten Jahren an wirkungsreicher Abschlusserklärungen und Konsensusfindung mangelt.[i] Themen drehten sich auch in diesem Jahr wieder um Herausforderungen im globalen Handel wie Nachhaltigkeit, demografischer Wandel und Applikationen Künstlicher Intelligenz. Zielsetzung der diesjährigen Veranstaltung war „der Aufbau eines nachhaltigen Morgens“ mit den Schlüsselwörtern „connectivity“, „innovation“ und „prosperity“.[ii]

 

Wieso war APEC 2025 besonders wichtig?

Nicht APEC selbst, aber die bilateralen Treffen zwischen Trump und Lee, Xi und Lee als auch Trump und Xi auf koreanischem Boden unterzogen Lees noch junge Regierung einer ersten Qualitätsprobe seiner Außenpolitik - und das unter den wachen Augen der internationalen Gemeinschaft.

 

Trumps Koreabesuch

Trumps hiesige Durchreise folgte auf Präsident Lees Besuch des Oval Office vom 25. August, in dem er bereits Trump als „Peacemaker“ für die koreanische Halbinsel huldigte und Koreas Investitionen in die amerikanische Fertigungsindustrie zusicherte. Ähnlich schmeichelnde Worte und Gesten waren zum Gipfeltreffen in Gyeongju zu beobachten. Und obwohl ein sobaldiges Wiedersehen gelegen kam, um ihre bilateralen Beziehungen zu stärken, sendete die Ankunft des Präsidenten doch gemischte Signale. Seine Abwesenheit von der APEC-Generalsitzung wurde mit großer Sorge und Kritik in den koreanischen Medien bedacht; saß der Schock der Zollankündigung noch allzu tief in den Knochen. Die Gerüchte um ein Treffen zwischen Trump und Kim Jong-Un, Führer Nordkoreas, sorgten für zusätzliche Unruhen.

 

Xi Jinpings Koreabesuch

Im Rahmen von APEC reiste auch Xi Jinping zum ersten Mal nach elf Jahren nach Südkorea. Bei seinem Staatsantritt war sein Pendant die konservative Präsidentin Park Geun-hye, mit der er eine engere chinesisch-koreanische Partnerschaft anstrebte und bilaterale Wirtschaftsabkommen unterzeichnet wurden. Dieses Verhältnis hatte sich bekanntlich seit der Konflikte um die THAAD-Raketenabwehrsysteme merklich abgekühlt und wurde durch den hiesigen „Handelskrieg“ zwischen den USA und China, in deren Mitte Koreaunweigerlich gefangen ist, weiter strapaziert. Von Xis Präsenz nun in Korea wurde sich Klarheit und Wohlwollen für die wirtschaftlichen Verflechtungen der beiden Länder erhofft. Klar war allerdings auch: Durch Trumps Fehlen entstand ein Vakuum während APEC, das Xi nur zu gern füllte.

 

Der Xi-Trump-Gipfel

Für Furore hatte auch der angekündigte Xi-Trump-Gipfel in Busan, nahe Gyeongju, gesorgt, der anders als in vorhergehenden Schlagabtauschen um Taiwan einen großen Bogen um eben jenen Brennpunkt machte. Stattdessen waren beide Seiten um (temporäre) Deeskalation bemüht. Trumpbekam Xis Zusicherung für chinesische Einkäufe amerikanischer Güter sowie Zugeständnisse bei der Lieferung seltener Erden. Xi erhielt seinerseits die Verlängerung des Waffenstillstandes im „Handelskrieg“ für ein Jahr und das alles ohne eine Erwähnung Taiwans.[iii]

 

Was wurde erreicht?

Das Ausbleiben von befürchteten Krisen oder Verschlechterungen ist wahrscheinlich der wahre Erfolg der APEC-Gastgeberschaft für Korea. Dass APEC 2025 eine Erklärung hervorgebracht hat, ersparte Präsident Lee zumindest eine politische Blamage. Die Gyeongju Declaration betonte die Notwendigkeit einer stärkeren wirtschaftlichen Integration in der Region mit dem Fokus auf nachhaltiges Wachstum durch Innovation, digitale Transformation (KI-Revolution) und den Übergang zu grünen Energien. Aber es sind die Ergebnisse der bilateralen Treffen, die ihn im Moment innenpolitisch glänzen lassen.

 

Take-Aways für Korea: Lees Traum von atomgetriebenen U-Booten und KI

Trumps Zustimmung zum Bau koreanischer, nuklear angetriebener U-Boote in den USA kam für viele überraschend – nicht zuletzt für Korea selbst, das schon lange den Wunsch nach diesen Ergänzungen für seine Marinekräfte in seinen östlichen und westlichen Meeren hegt. Entsprechend freudig wurde diese Ankündigung aufgenommen, doch bis dieser Traum Gestalt annimmt, sind noch einige reale Hürden zu überwinden. Die ausstehende Reaktion vonseiten Chinas auf die Aussicht auf ebenjene, atombetriebene U-Boote in Gewässern vor Chinas Küste legt auch hier nahe, dass an der Umsetzbarkeit des Vorhabens gezweifelt wird.

Zudem ist die regierende Minju-Partei bemüht, die während APEC vereinbarten Punkte zur KI durch ein Sondergesetz zügig umzusetzen. In seiner Regierungserklärung vor der Nationalversammlung am 4. November kündigte Präsident Lee Jae-myung rasche politische Maßnahmen an, darunter eine Verdreifachung des Budgets für künstliche Intelligenz von derzeit 3,3 Billionen auf 10 Billionen Won[iv].

 

Wirtschaftsinvestitionen – ein Geben und Nehmen

Klarheit geschaffen wurde nun in den Investitionsbeträgen, die vonseiten Koreas in die USA fließen sollen. 350 Billionen USD wurden versprochen, 200 Billionen davon über eine Zeitspanne von zehn Jahren als Direktinvestitionen in die amerikanische Wirtschaft, 150 Billionen in den gemeinsamen Schiffbau, was Südkorea unter MASGA (Make American Shipbuilding Great Again) propagierte.[v]

Einen wirtschaftspolitischen Sieg verbuchte Lee auch durch die vereinbarten GPU-Zulieferungen von NVIDIA-Grafikprozessoren (GPU). 260.000 Stück hat NVIDIA-Leiter Jensen Huang versprochen, womit Korea durch den Besitz von rund 300.000 GPU im weltweiten Vergleich auf Platz 3, gleich hinter den USA und China landen würde. Das bedeutet mächtig Aufschwung für Lee Jae-myungs KI-Strategie. Auch in puncto Entwicklung physischer KI sind NVDIA und Korea bereit zur weiteren Kooperation.

Selbst das Gipfeltreffen mit China endete positiv. Die Unterredung zwischen Lee und Xi dauerte ganze 100 Minuten, gefolgt von einem 70-minütigen Abendessen, in freundlicher Atmosphäre. Es wurde betont, dass die bilateralen Beziehungen zum Wohle beider Länder beigetragen hatten, und Geschenke von historischer Bedeutung ausgetauscht. Korea darf erwarten, kulturelle Exporte nun auch wieder auf den chinesischen Markt zu bringen, was seit des THAAD-Konflikts 2017 nicht mehr möglich war. Die Symbolik des ganzen ist deutlich: Die sino-koreanischen Beziehungen sind (aufs Erste) stabilisiert.

 

Kritikpunkte

Stimmen der oppositionellen People Power Party kritisierten die Ergebnisse der Gespräche mit China als unzureichend. Auch die vorrangige Lieferung der NVDIA-GPUs sind zwar ein politischer Erfolg für Korea, aber das Projekt stecke noch in den Kinderschuhen und sehe sich zunächst mit realen Herausforderungen konfrontiert, beispielsweise der Ausbildung von Fachkräften im Inland. Des Weiteren belegte die Partei LeesRegierungserklärung zu seinen KI-Vorhaben mit einem Boykott. Sein Pragmatismus wird auf konservativer Seite wenig dankend quittiert. Eine Außenpolitik, die sich nur an praktischen Vorteilen orientiert und sich von den Werten gleichgesinnter-Staaten entferne, würde nicht nur an Nachhaltigkeit einbüßen, sondern auch die Aufrechterhaltung stabiler Allianzen erschweren.

 

Fazit

Der APEC-Summit gehört in diesen Zeiten zu den Treffen, die in erster Linie wirkmächtige Bilder vor schöner Kulisse erzeugen (sollen). Die aus der alten südkoreanischen Königsstadt Gyeongju eignen sich für diesen Zweck ganz besonders. Die „Optics“ dienen vor allem dem Gastgeber, der sich und sein Land inmitten einer freundlichen Gemeinschaft präsentieren kann. Was indes multilateral daherkommt, ist bereits bei flüchtigem Hinsehen bestenfalls bilateral, im Falle der USA mitunter auch unilateral. Die Durchsetzung gemeinschaftlicher Anliegen wird dadurch weiter geschwächt.

Nichtsdestotrotz wurde in Korea eine gemeinsame wohlklingende Erklärung verabschiedet, die wenig Überraschendes hat und der spätestens im nächsten Jahr eine Neue aus dem Reich der Mitte folgen wird. Auch an diese wird dann der Maßstab der Nachhaltigkeit mit erwartbarem Erfolg angelegt werden. Nach Abreise Trumps noch vor Beginn des Gipfels hatte der chinesische Präsident die große Bühne für sich, füllte das entstandene Vakuum, hielt Hof, sang das Lied des Multilateralismus und versuchte, sich als Garant gesicherter Handelswege und Verlässlichkeit zu stilisieren. Die Teilnehmer, denen voller Bedauern bewusst ist, dass die vertraute alte Handelswelt sehr wahrscheinlich nicht wiederkommen wird, werden es mit gemischten Gefühlen gehört haben.

Gleichwohl kann Südkorea einen großen Nutzen aus dem Gipfel ziehen. Der erst im Juni 2025 gewählte Präsident Lee Jae-myung hat nicht nur in den Augen der meisten seiner Landsleute seine Sache gutgemacht, auch wenn Oppositionsparteien pflichtschuldig und nicht besonders wahrnehmbar Kritik üben. Statt des Anspruchs seines Vorgängers Yoon, wertegeleitet zu handeln, hat Lee zuvorderst Realitätssinn bewiesen und einen pragmatischen Ansatz gewählt. Mit Investitionszusagen in den USA konnten schmerzhafte Zolltarife für Südkorea verhindert und bilaterale Vereinbarungen über Kooperationen sowohl mit den USA aber auch mit China unterzeichnet werden. Damit kehrt Korea zurück zum Spagat zwischen der gewohnten Sicherheitskooperation mit den USA und den Wirtschaftsbeziehungen mit China. Also konnte Korea viel für sich auf der Habenseite verbuchen.

Große Würfe mit vielseitigem Nutzen sind von Gipfeltreffen wie dem der APEC in Zeiten großer Verwerfungen und Unberechenbarkeiten nicht zu erwarten. Ob dies ausschließlich mit dem erratischen Verhalten des amerikanischen Präsidenten zu erklären ist, wird sich zeigen. Indes gibt es keinen Grund, sich nicht immer wieder am großen Wurf zu versuchen.

Europa spielt hier erkennbar keine Rolle. Korea orientiert sich zunächst regional, blickt dann in den mittleren Osten und schaut erst dann nach Europa. Vielleicht sollte sich Europa dazu aufgerufen fühlen, hieran etwas zu ändern und sichtbarer zu werden.

 


 

[i] The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2025/nov/01/xi-jinpings-moment-and-whirlwind-diplomatic-tours-key-takeaways-from-the-apec-summit-in-south-korea

[ii] APEC Website, https://www.apec.org/2025-korea-priorities

[iii] ABC News, https://www.abc.net.au/news/2025-11-02/donald-trump-xi-jinping-meeting-busan-trade-taiwan/105957454

[iv] Yonhap News, https://www.yna.co.kr/view/AKR20251104074700001?input=copy

[v] Korea Policy Briefings, https://www.korea.kr/news/policyNewsView.do?newsId=148953418

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Henrik Braun bild
Leiter des Auslandsbüros Korea
henrik.braun@kas.de +82 2 790 4774 +82 2 793 3979

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