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Veranstaltungsberichte

Diskussion zum Bildungssystem in Belarus

von Dr. Wolfgang Sender

Ehrenamtliche weißrussische Betreibergruppe der Internetseite adukacyja.info beraten zu Bildungsfragen

Am 18. und 19. April 2015 hatte das Auslandsbüro Belarus der Konrad-Adenauer-Stiftung die Betreibergruppe der Internetseite adukacyja.info zu einem Gespräch über das Bildungssystem in Belarus nach Vilnius eingeladen. Nach einer Vorstellung der Aufgaben und Arbeitsweise der Konrad-Adenauer-Stiftung durch den Leiter des Auslandsbüros Belarus, Dr. Wolfgang Sender, schloss sich eine Diskussion zu den Perspektiven der Teilnahme von Belarus am Bologna-Prozess sowie eine Redaktionssitzung mit Workshop an.

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Die Hürden für die Teilnahme an freier europäischer Bildung sind für junge Weißrussen hoch: Belarus ist das einzige Land in Europa, das noch nicht am Bologna-Prozess teilnimmt, für das EU-Ausland benötigen weißrussische Bürgerinnen und Bürger ein Visum und nicht selten bestehen Herausforderungen in den Sprachkenntnissen. Im Inland hingegen kann noch nicht von einem freien Bildungssystem gesprochen werden. Umso wichtiger ist es für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Belarus, im Informationsdschungel des Internets diejenigen Bildungsangebote zu finden, die ihnen bereits unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen eine Fort- und Weiterbildung ermöglichen. Mit diesem Ziel haben sich bereits im Jahr 2008 junge Weißrussen um die KAS-Altstipendiatin Ludmila Asipienka zusammengeschlossen und betreiben seitdem die ehrenamtliche Internetseite adukacyja.info, deren Inhalte auch in sozialen Netzwerken verbreitet werden. Die rund 30 ehrenamtlichen Helfer treffen sich mehrmals jährlich, um Inhalte und Strategien zu besprechen und die Internetseite in bürgerschaftlichem Engagement weiterzuentwickeln.

Bologna-Teilnahme von Belarus

Am 18. und 19. April 2015 war die Gruppe erstmals im Büro Belarus der KAS zu Besuch. In einer Diskussion zur aktuellen politischen Lage in Belarus und zu den Möglichkeiten der europäisch-belarussischen Bildungszusammenarbeit erläuterte der Leiter des Auslandsbüros Belarus, Dr. Wolfgang Sender, auf welchem Wege sich die Diskussionen der Bologna-Teilnahme von Belarus befinden und welche unterschiedlichen politischen Strategien verfolgt werden können. In der Diskussion zeigten sich deutlich verschiedene Auffassungen der jungen Bildungsexperten aus Belarus, inwiefern eine Teilnahme von Belarus am Bologna-Prozess wünschenswert sei. Einerseits seien die Reformen beispielsweise im Hochschulsystem noch nicht weit genug voran geschritten und eine zügige Aufnahme könne die weitere Reformbereitschaft der Regierung mindern. Andererseits gehe ein Ausschluss von Belarus zulasten der Lebensperspektiven der jungen Generationen und sei daher abzulehnen. Generelle Einigkeit hingegen bestand unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dahingehend, dass es neben Strukturänderungen vor allem Reformen hinsichtlich einer größeren Freiheit und Eigenverantwortung an den Bildungseinrichtungen in Belarus kommen müsse.

Systemweite Herausforderungen

Die Möglichkeiten konkreter Reformen betrachtete die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kritisch – immerhin muss auch das Bildungssystem als Teil der Machtvertikale des Präsidenten gesehen werden. Seien Änderungen daher nicht möglich, könnte eine Auswegstrategie im Bereich der nichtformalen Bildung liegen, beispielsweise durch öffentliche Vorlesungen, die sich aktuell in Belarus großer Beliebtheit erfreuen und gegenwärtig unter anderem zur weißrussischen Sprache durchgeführt werden. Dieser Ansatz sei zwar vielversprechend, kann jedoch nicht die bildungspolitischen Herausforderungen kompensieren, die sich insbesondere dysfunktional im belarussischen Arbeitsmarkt niederschlagen, gab Wolfgang Sender zu bedenken. Anlass zu grundlegender Sorge sei auch der Umstand, dass einerseits eine angesehene Berufsausbildung in Belarus nicht existiere und folglich der Nichtbeginn eines Studiums gesellschaftlich stigmatisiert sei und andererseits das Studium oft wenig kompetenz- und nicht arbeitsmarktorientiert sei. Dies betreffe nach Ansicht der Teilnehmer sowohl das Arbeiten mit IT, Sprachkenntnisse und soft skills. Zu oft, so die Vertreter von adukacyja.info, schlage sich dies gegenwärtig in schlechten Arbeitsmarktchancen auch guter Studienabsolventen in Belarus nieder.

Adukacyja.info wolle daher im Internet weiter über Bildungsangebote im In- und Ausland informieren und damit die belarussische Gesellschaft aktivieren und motivieren. Dies ist auch deshalb erforderlich, als es vergleichbare Angebote wie adukacyja.info bislang nicht gibt. Das Belarus-Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung beriet die Gruppe daher im Rahmen eines Workshops zur Steigerung der Auffindbarkeit ihres Internetauftritts in Suchmaschinen und zur generell höheren Sichtbarkeit im Internet sowie zu Sicherheitsfragen im Internet.


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Kontakt

Dr. Wolfgang Sender

Diskussion: adukacyja.info und Wolfgang Sender, Leiter KAS-Büro Belarus Foto: KAS-Büro Belarus
Im Gespräch: Wolfgang Sender, Leiter des KAS-Büros Belarus und adukacyja.info Foto: KAS-Büro Belarus

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