Veranstaltungsberichte
Der Vortrag, der in Kooperation mit der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik stattfand, verlief im Gegensatz zum Vortag relativ ruhig. Olaf Theiler, Politikwissenschaftler und Historiker im Dienste der Bundeswehr und zur Zeit „Nationaler Experte“ im Internationalen Stab des NATO-Hauptquartiers in Brüssel widmete sich der Frage, ob es wieder zu einem Kalten Krieg zwischen der NATO und Russland kommen könnte. Er kam zu dem Ergebnis, dass „es keine Basis für einen neuen Kalten Krieg gibt, denn man braucht sich.“ „Für Frieden braucht man immer zwei, für Krieg leider nur einen“, sagte Theiler im Hinblick auf den Georgien-Konflikt, der aber in diesem Zusammenhang seiner Meinung nach keine Gefahr für das Verhältnis zwischen der NATO und Russland darstellt.
Theiler zeigte, dass jeder Staat, der dem Erfolg des Bündnisses hilfreich ist, beitreten kann. Deswegen ist selbst ein kleiner Staat wie Albanien für die NATO wichtig als Stabilisator auf dem Balkan.
Als Problem sah er die mangelnde Bereitschaft, Truppen für den Frieden auszusenden, denn „es drängt sich keiner darum, Truppen irgendwo hinschicken zu müssen.“ Theiler bemängelte, dass die NATO-Mitgliedstaaten eher an ihrer eigenen Innenpolitik interessiert sind, anstatt über die Landesgrenzen hinaus zu denken.
Zudem widmete er sich der Frage, warum man die NATO heutzutage noch braucht. Er zeigte auf, dass ein NATO-Treffen etwa 300 bilaterale Treffen ersetzt. Eine weitere Aufgabe der NATO ist der Stabilitätstransfer, so dass „Stabilität exportiert wird, bevor Instabilität importiert wird.“ Theiler scheute auch das schwierige Thema Afghanistan nicht. Er räumte anfängliche Fehler im Krisenmanagement ein, die jetzt aber in einem „Umfassenden Ansatz“ behoben werden. Dabei nahm der „Nationale Experte“ die oft gerügten US-Truppen in Schutz, denn „eines muss man den Amis lassen“, so Theiler, „sie machen zwar jede Menge Fehler, aber sie lernen daraus.“
Der Moderator der Diskussion, Hans Bösenberg, Landesvorsitzender für Bremen und Niedersachsen der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, sah wie auch in der Vergangenheit die NATO vor vielen offenen Fragen und Herausforderungen stehen. Der Meinungsaustausch kreiste u.a. um die Frage, ob die NATO ihren 60. Geburtstag feiern darf oder ob es für sie keinen Grund zur Freude gibt. Die Zuhörer waren am Ende der Meinung, dass die NATO einen großen Lernprozess erfolgreich durchlaufen hat und ihre momentane Krise bewältigen kann.