Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

1. Deutsch-Chinesisches Forum

Die deutsch-chinesischen Beziehungen unter den neuen Regierungen

Mit dem neuen "deutsch-chinesischen Forum" will die KAS Shanghai in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandsforschungszentrum der Tongji-Universität Shanghai und dem Zentrum for Global Studies der Universität Bonn eine neue Plattform schaffen: für aktuelle Fragen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen Deutschland und China.

Asset-Herausgeber

Die Bundestageswahlen 2013 und der Führungswechsel an der Partei- und Staatsspitze in der VR China bieten Gelegenheit, die bilateralen Beziehung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf den Prüfstand zu stellen.

Wie wirkt sich die neue Regierungsbildung auf die Beziehung zwischen beiden Ländern aus? Welche regionale und globale Verantwortung tragen die beiden führenden Exportmächte? Wie verändert sich die gegenseitige Wahrnehmung?

Dr. Wolfgang Röhr, Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Shanghai hob in seiner Eröffnungsrede die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Chinas hervor. Gleichwohl bleiben aus seiner Sicht auch Stolpersteine, etwa die Achtung der Menschenrechten oder aktuelle Territorialkonflikte mit den Nachbarststaaten. Als "Länder der Mitte" könnte China hier vom Umgang Deutschlands mit seiner Vergangenheit und der Aussöhnung mit den Nachbarn lernen. Bedenken äußert Wolfgang Röhr zu der Beziehung zwischen China und Japan, denn die Konstellation eines starkes China und Japan ist eine neue Erfahrung für Asien und die Welt.

Das 1. Panel beschäftigte sich mit Deutschlands Rolle und Verantwortung für die Zukunft Europas: Auswirkungen auf das Sino-Europäische Verhältnis und die globalen Herausforderungen für China und Deutschland.

Wie sich der neue Koalitionsvertrag auf eine zukünftige die deutsche Außenpolitik auswirken könnte, beleuchtete Professor Xuewu GU, Direktor des Center für Global Studies und Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Beziehungen an der Universität Bonn. Er erläuterte die zwei Säulen der deutschen Außenpolitik, die transatlantische Partnerschaft mit der USA und die europäische Integration. Zudem zeigte er die vier neuen Akzente des Koalitionsvertrages: 1)Ein vorsichtiges Abgrenzen von und Wiedererlangen des Vertrauens mit der USA; 2) Stabile und belastbare Beziehungungen mit Russland; 3) Europäische Integration mit deutscher Prägung und vorsichtige Erweiterung der EU; 4) Strategische Partnerschaft mit Japan und dann erst China, wobei Erwartungen hinsichlich einer Verbesserung der Menschenrechte, dem Schutz vor geistigem Eigentum und einem stärkerem Engagement bei der Bewältigng internationaler Konflikten gestellt werden.

Professor Hongjian CUI, Direktor vom Department of European Studies of China Institute of International Studies in Peking, stellte Deutschland und China als Wirtschaftsmächte vor, die eher zurückhaltend, wenn nich sogar unwillig seien, internationale Konflikte zu lösen. Für China ist der Weg eines aktiven Beitrages zur Lösung von internationalen Konflikten nicht einfach: denn wenn sich China international einmische, würde es als Bedrohung gesehen; täte es nichts, dann werfe man ihm vor, nichts unternommen zu haben. So bevorzuge China einen 'mittleren' Weg, sich zu involvieren, jedoch nicht aktiv zu intervenieren.

Die integrativen, erweiterungsorientierten und geoökonomischen Aufgaben für Deutschland analysierte Professor Tilman Mayer, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Bonn. Im Vordergrund stand die Debatte über die EU, da die Fragen über die Zentralisierung, den Euro und die Ausweitung der EU die bestimmenden außenpolitischen Themen in Deutschland seien. So sprach er sich gegen die Schuldenübernahme durch Eurobonds aus, aber für eine verbesserte Beziehung mit Großbritannien und eine Integration von Ländern, die um die EU liegen, wie auch eine Erweiterung des Wirtschaftraums z.B. nach Asien. Zu häufig würde sich die EU noch um ihre internen Probleme kümmern und sei international nicht hinreichend vertreten. Eine einstimmige Meinung innerhalb der EU zur VR China gäbe es nicht. Gleichwohl besäßen gerade die Handelsbeziehungen noch ein hohes Entwicklungspotential.

Dr. Lirong LIU, Institute of International Studies an der Fudan Universität in Shanghai, analysierte insbesondere die deutsche und EU-Chinapolitik an und stellte fest, dass viele verschiedene Ebenen in der europäischen Außenpolitik eine einheitliche Chinapolitik erschweren. Deutschland und auch die EU seien gegenwärtige zu sehr mit internen Problemen beschäftigt. Grundsätzlich sei China gleichermaßen Chance und Herausforderung für die EU.

Die Kommentare von Lai WEI, Journalist bei der Global Times in Peking, und Professor Sebastian Bersick, Fudan Universität Shanghai, fassten die Ergebnisse des 1. Panels zusammen. Die Enttäuschung über die passive Haltung Deutschlands, die geringe Zahl von Parlamentariern in Deutschland und in der EU, die sich für China (und Asien) interessieren und die Vorbildfunktion Deutschlands wurden hervorgehoben.

Der zweite Teil des Forums untersuchte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China.

Prof. Dr. CHEN Xin von der China Academy of Social Sciences analysierte den Handelsmehrwert zwischen Deutschland und China. Dabei machte er deutlich, dass China noch sehr abhängig von deutschen Technologieimporten sei, sich die Handelsstruktur insgesamt aber zunehmend komplementär gestalte. Außerdem werde die Strukturoptimierung der chinesischen Wirtschaft - ein Kernprojekt der neuen Führung in Beijing - den Anteil des in China selbst erzielten Mehrwerts wieder steigern.

Frau Dr. Schüler-Zhouvom German Institute for Global Affairs zeichnete die Tendenz einer Zunahme des intra-industriellen Handels zwischen China und Deutschland auf mit der Konsequenz, dass der Wettbewerb zwischen China und Deutschland auch zunehmen werde. Sie machte auf das deutliche Gefälle der Direktinvestitionen aufmerksam, bei dem chinesische Investitionen in Deutschland deutlich hinterherhinken würden. Eine neue Grundlage werde derzeit bei Gesprächen über ein Investitionsabkommen debattiert.

Prof. DING Chun, Fudan Universität, gab einen Überblick über die Transformation Chinas mit den einschneidenden Änderungsprozessen in der marktwirtschaftlichen Entwicklung, der Eingliederung Chinas in die Welt, dem Urbanisierungsprozess sowie dem Wandel von einer Agrargesellschaft zur Industrienation. Er wies auch auf die Herausforderungen durch einen steigenden Gini-Koeffizienten, den demographischen Wandel und ein unnachhaltiges Wirtschaftssystem hin.

In seinem Kommentar, wies Prof. XU Mingqi von der Shanghai Academy of Social Sciences (SASS) darauf hin, dass viele Unternehmen ihre Produktionskette in China bereits erweitert haben und auch mehr Zugang im technologischen Bereich bestehen würde. Ausländische Unternehmen müssten sich keine Sorgen um urheberrechtliche Fragen machen. Obwohl der Mehrwert in China an der Produktion steigen würde, würden auch ausländischen Unternehmen davon profitieren.

CHEN Haiying, Struktur Management Partner GmbH, ging in seinem Kommentar vor allem auf die Marktbedingungen für Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMU), ein.

Er sieht diese vor allem Schwierigkeiten ausgesetzt, die sich durch eine falsche Marktposition in den sich rasch verändernden Marktstrukturen Chinas ergeben.

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage erörtert, ob gute politische Beziehungen als Notwendigkeit für die wirtschaftlichen Beziehungen anzusehen sind. Prof. Chen Xin verwies auf die Diskrepanz durch die unterschiedlichen Definitionsstandards, die eher die Interessen der Industrieländer widerspiegeln würden.

Im dritten Panel ging es um die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen China und Deutschland, bei denen die Themen auswärtige Kulturpolitik, die gegenseitige Wahrnehmung in den Medien und Formate des people-to people Austausches diskutiert wurden.

Prof. TIAN Dewen, Chinese Academy of Social Sciences, erläuterte Dimensionen der kulturellen Ausstrahlung nach außen und verwies auf traditionsbedingte Unterschiede in der gesellschaftlichen Ordnung zwischen China und Deutschland. Für den Dialog zwischen den Gesellschaften müsse ein Mechanismus gestaltet werden, um gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen.

Andreas Landwehr, dpa in Beijing, machte deutlich, dass die zunehmende internationale Bedeutung Chinas auch die Konsequenz habe, dass China in seinem inländischen wie internationalen Handeln stärkere Aufmerksamkeit zukomme. Er entkräftete dabei den oft angebrachten Vorwurf, deutsche Medien würden ein negatives Image Chinas stimulieren. Er machte dabei auch deutlich, dass es in China an mehr Transparenz bedarf, um die mit angestrebten Reformen der Öffentlichkeit darstellen zu können.

Dr. HU ChunChun, vom Deutschland Forschungszentrum der Tongji Universität und ehemaliger Leiter des Konfuzius-Instituts Hannover, referierte über die Konfuziusinstitute unter Berücksichtigung der deutschen Perspektive auswärtiger Kulturpolitik. Er stelle eine Zurückhaltung in Deutschland gegenüber den Konfuziusinstituten fest, wofür Probleme auf beiden Seiten hierzu beitragen würden.

In Ihrem Kommentar verwies die Deutschlandsexpertin, Frau Prof WU Huiping, Tongji-Universität, auf das Spannungsverhältnis hin, das im Bereich Kulturvermittlung und medialer Wahrnehmung bestehen würde. Dies beruhe unter anderem darauf, dass die Wahrnehmung überwiege, die internationale Rolle Chinas beruhe allein auf Interessen. So bestehe die Schwierigkeit, wie auf Ebene der “Public Diplomacy“ chinesische Werte mit universalem Anspruch vermittelt werden könnte.

Katja Hellkötter Constellations Shanghai, brachte einige Ideen zu einem vertiefenden kulturellen Austausch an. Der Austausch auf people-to people-Ebene würde die Chance bieten, Kulturaustausch mit sozialen Themen zu verknüpfen, was allein die Größe ausländischer Communities mit sich bringen würde und auch eine wachsende Anzahl Werte bwusster Unternehmer sich als „social/ cultural entrepreneurs“ betätige würden.

Das Deutsch-Chinesische Forum bot eine Plattform für eine offene Diskussion, in der die drei Ebenen Politik, Wirtschaft sowie Gesellschaft in ihren Wechselbeziehungen betrachtet werden konnten. Die unterschiedlichen Hintergründe der Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit beider Länder trugen zu einem spannenden Diskurs bei.

Das Forum soll Auftakt einer regelmäßigen Veranstaltungsreihe zwischen Tongji-Universität Shanghai, dem Center for Global Studies der Universität Bonn und der Konrad-Adenauer-Stiftung Shanghai sein.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Tim Wenniges

comment-portlet

Asset-Herausgeber