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Machthaber missbrauchen Gesetze für ihre Zwecke

von Dr. Rudolf Teuwsen

Wöchentlich Neues aus Guatemala, Honduras und El Salvador

Liebe Interessierte an der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala und Honduras: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie in Mittelamerika aus? Welche anderen Ereignisse des politischen und wirtschaftlichen Lebens in diesen Ländern geschehen sonst noch? Und wie arbeitet die KAS eigentlich unter den derzeitigen Bedingungen? Wenn Sie die Antworten auf diese oder ähnliche Fragen interessieren, bieten wir Ihnen in diesem Blog Woche für Woche die wichtigsten Neuigkeiten und einen kleinen Einblick. Danke für Ihr Interesse und viel Vergnügen bei der Lektüre.

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Nie hat Guatemala seit Ausbruch der Corona-Pandemie mehr aktive Fälle verzeichnet als in dieser Woche, und mit über 27.000 ist das öffentliche Gesundheitssystem bereits stark überfordert. Mit 3.069 neu Infizierten wurde am Donnerstag ein trauriger Tagesrekord erreicht. Nach wie vor wird erst dann getestet, wenn klare Symptome einer Corona-Infektion erkennbar sind, und die Zahl der positiven Proben liegt regelmäßig zwischen 40 und 50 Prozent der durchgeführten Tests. Ebenfalls am Donnerstag gab es jedoch erstmals einen kleinen Lichtblick in der Pandemie-Entwicklung der letzten Monate. Endlich trafen die 1,5 Millionen von den USA gespendete Dosen des Impfstoffs der Firma Moderna ein. Die Amerikaner hatten jedem der drei Länder des Nördlichen Dreiecks (Guatemala, Honduras und El Salvador) je 1,5 Millionen Impfdosen gespendet. In den beiden anderen Ländern waren die Spenden schon vor rund zwei Wochen angekommen und sind bereits größten Teils verabreicht. Nur in Guatemala musste der Kongress erst ein Gesetz zur Annahme der Spende verabschieden, um die Herstellerfirma von der Haftung bei negativen Reaktionen freizustellen; aber weder die Abgeordneten noch die Regierung hatten es damit eilig. Man wird sehen müssen, ob letztere in der Lage ist, die Impfdosen so schnell zu verabreichen, dass sie nicht verderben.
Am Freitagabend hat Präsident Giammattei in einer Fernsehansprache versprochen, bis zum Ende des Jahres alle Guatemalteken geimpft zu haben, die es wünschen. Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemiewelle verkündete er jedoch nicht.

In Guatemala und El Salvador häufen sich wie in anderen lateinamerikanischen Ländern die Fälle von Lawfare, um die Arbeit der freien Medien einzuschränken. Dabei handelt es sich um den Missbrauch gesetzlicher Regelungen durch die Machthaber, die so verhindern wollen, dass ihre Machenschaften ans Tageslicht kommen. In dieser Woche nun haben mehrere Frauenorganisationen in Guatemala darauf aufmerksam gemacht, dass Familienangehörige von Politkern und Funktionären sowie ehemalige Politikerinnen und Staatsbedienstete sich des 2008 verabschiedeten Gesetzes zur Bekämpfung des Femizids und der Gewalt gegen Frauen bedienen, um sich unliebsamen journalistischen Nachforschungen zu entziehen. So wurden, um ein Beispiel zu nennen, zwei investigative Journalisten, die vor allem in den Sozialen Medien und im Radio berichten, von der Mutter und der Schwester des ehemaligen Leiters des inzwischen abgeschafften sog. Zentrums der Regierung der Nötigung und psychologischen Gewalt gegen Frauen bezichtigt, weil die beiden Medienschaffenden den finanziell schwer erklärbaren Kauf zweier teurer Wohnhäuser durch die Familie öffentlich gemacht hatten. Eine Richterin erließ daraufhin tatsächlich gegen die Journalisten ein Verbot, über die beiden Frauen zu berichten. In El Salvador geht Präsident Nayib Bukele mit derselben Methode gegen ihm unliebsame Medien vor, zum Beispiel gegen das digitale Medium El Faro, das bereits wegen angeblicher Geldwäsche von der Staatsanwaltschaft untersucht wird und dessen mexikanischem Chefredakteur in dieser Woche eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis verweigert wurde, so dass er binnen fünf Tagen das Land verlassen musste. Unterdessen wurde in Guatemala eine Statistik veröffentlicht, nach der die Aufklärungsquote bei Eigentumsdelikten in dem Land bei lediglich vier Prozent liegt. Beobachter des Justizsystems führen dies auch auf die Überlastung des Personals in den Staatsanwaltschaften aufgrund missbräuchlicher Anzeigen zurück.

Im Mai hatte der Kongress in Honduras das lang ersehnte neue Wahlgesetz verabschiedet. Darin ist auch vorgesehen, dass der Nationale Wahlrat (Consejo Nacional Electoral, CNE) die notwendigen technischen Hilfsmittel beschafft, um eine saubere und transparente Wahl zu gewährleisten. Die beiden von den großen Oppositionsparteien Partido Liberal de Honduras (Liberale Partei, PLH) und Libre (Linkspartei) benannten Richter des Gremiums hatten daher in einer ersten Initiative beschlossen, für jedes Wahllokal einen Tabletcomputer mit Fingerabdruckscannerr zu beschaffen, um so eine mehrfache Stimmabgabe zu verhindern. Hintergrund ist das Unvermögen des Nationalen Personenregisters, rechtzeitig an alle Wählerinnen und Wähler, die es benötigen, ein neues Personaldokument auszugeben. Die regierende Nationalpartei blockiert jedoch im Kongress die Freigabe der für die Beschaffung der Technologie benötigten Mittel, und zwar mit der Begründung, es bestünden dafür weder die nötigen Voraussetzungen noch sei ausreichend Zeit dafür vorhanden – eine sich mit jedem Tag immer mehr selbst erfüllende Prophezeiung. Auch eine zweite Technologieinitiative, die das Gesetz sogar vorschreibt, kommt nicht voran. Eigentlich muss spätestens vier Monate vor dem Wahltag, also bis zum 27. Juli, die Ausschreibung der Technik für die Übertragung der provisorischen Wahlergebnisse aus den Wahllokalen an die zentrale Wahlbehörde in Tegucigalpa entschieden sein. Aber der CNE beklagt, dass er auch das für diese Entscheidung notwendige Budget vom Kongress noch nicht erhalten habe. Daher schwindet in der Bevölkerung mit jedem Tag das Vertrauen in eine saubere und transparente Wahl am 27. November.

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5. Juli 2021
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