Globalisierung und digitale Herausforderung - Auslandsbüro Marokko
Expertengespräch
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Im Anschluss an ein gemeinsames Fastenbrechen präsentierten zunächst vier Experten aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft ihre zentralen Thesen, um danach in einen engagierten Austausch mit den fast 250 teilnehmenden Vertretern aus den Personalabteilungen von Industrie und Wirtschaft zu treten. Dabei wurde sehr rasch deutlich, dass die Fragen und Probleme, vor die sich die marokkanische Wirtschaft gestellt sieht, die gleichen sind, wie in der EU und andernorts. Auch in Marokko ist die Digitalisierung ein bedeutender Wirtschaftssektor und wichtiger Technologiebereich. Dies betrifft in besonderer Weise auch die Arbeitswelt. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen sind digitale Kompetenzen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. In diesem Kontext besteht, wie in der anschließenden Diskussion sehr deutlich wurde, ein besonderer Förder- und Beratungsbedarf. Auch in der Industrie kann Digitalisierung durch intelligente Produktionsverfahren höhere Produktivität und Effizienz erzielen. Es gilt, auf individuelle Kundenwünsche schneller reagieren zu können und immer wieder neue industrielle Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Der digitale Wandel sorgt auch in Marokko nicht nur für neue Produkte und Dienste, sondern auch für einen Umbruch tradierter Marktlogiken. Die beschleunigte digitale Vernetzung verändert den Alltag und das Zusammenleben, also auch wie und wo wir arbeiten oder wie wir uns gesellschaftlich engagieren. Sie prägt immer stärker die Art, wie wir leben, arbeiten, wirtschaften und kommunizieren. Dieser Wandel kann aber auch gestaltet werden, zum Beispiel durch einen Ordnungsrahmen und Strategien für die Zukunft. Dies erfordert einen Transformationsprozess, der nicht rein wirtschaftlich-technologischer, sondern gesamtgesellschaftlicher Art sein muss: Wie begegnen wir Machtkonzentrationen durch digitale Plattformen? Werden wir durch die Arbeit künftig mehr oder weniger Arbeit haben? Welche Kontrollinstanzen brauchen wir? Wie entwickeln wir eine Art digitale Ordnungspolitik, - auch über Grenzen hinweg?
Digitalisierung betrifft nicht nur die Wirtschaft, sondern alle Bereiche der Bildung, des Wissens und der Weiterbildung. Vor allem, und das war der Kern der Diskussion, stellt sie neue Anforderungen an die Arbeit. Digitale Integration und Bildung sind die Leitplanken der beruflichen Entwicklung geworden. Insbesondere mittelständische Unternehmen haben bei der Digitalisierung ihrer Arbeits- und Geschäftsprozesse im Vergleich zu Großunternehmen Nachholbedarf. Die meisten Fragen seitens der Teilnehmer richteten sich auf die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Produkte und Dienstleistungen sowie auf Produktions- und Kommunikationsprozesse. Insbesondere die Vertreter der mittelständischen Industrie verlangten dringend nach Modellen und Best-Practice-Beispielen. Sie befürchten den Verlust von Kontrollmöglichkeiten auf der einen und sozialer Beziehungen auf der anderen Seite. Einige Teilnehmer sahen Marokko noch immer als ein Land von Analphabeten, für die eine digitale Alphabetisierung keine Chance, sondern das berufliche Ende bedeutet. Für andere standen jedoch die Chancen der Jugend im Vordergrund, die fähig ist, sich auf diese Herausforderungen einzustellen und diese Chancen für ihre eigene Zukunft zu nutzen.