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Symposium

Repräsentative Demokratie und Technokraten

Complémentarité ou concurrence?

Die KAS in Zusammenarbeit mit dem Observatoire National des Droits de l’Électeur (ONDE) und der Faculté de droit der Universität Mohammed V Rabat-Agdal organisierte am 23. Januar ein Symposium zu "Repräsentative Demokratie und Technokraten".

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Mit der neuen Regierungskoalition von 2013 hat sich die Anzahl an parteilosen Technokraten im Kabinett deutlich erhöht.

Das Symposium widmete sich diesem Thema und diskutierte die Fragen und Probleme, die sich aus dieser neuen Konstellation ergeben.

Das Symposium war eingeteilt in eine "politische Runde" mit hochrangigen Vertretern politischer Parteien und einer "akademischen Runde" mit nationalen Experten und Wissenschaftlern.

Khalid TRABELSI, Präsident des Observatoire National des Droits de l’Electeur, plädierte für eine Neuzusammensetzung der Regierung auf einer verfassungsrechtlichen Basis. Seiner Ansicht nach sei die hohe Präsenz an Technokraten in der Regierung von Benkirane verfassungswidrig und illegitim.

Dr. Helmut REIFELD, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rabat, erinnerte daran, dass repräsentative Demokratie nicht nur durch Wahlverfahren definiert werden könne, sondern auch durch Elemente und Formen der Partizipation geprägt sein müsse. Als Beispiele nannte er Parteienpluralismus, ein gewisses Maß an Säkularität sowie eine soziale Marktwirtschaft. Für die größte Gefahr der repräsentativen Demokratie halte er nicht die Technokraten, sondern den Populismus, an dem historisch schon viele repräsentative Demokratien zerbrochen seien.

Laut Abdellah EL BAKKALI, Mitglied des Exekutivkomitees der Parti de l’Istiqlal, dienten Technokraten unter der Regierung Hassan II. zur Sabotage der Wahllegitimität. Diese Zeiten seien seit der Verfassung von 2011, die vorschreibt, dass die Übernahme von Verantwortung an die Legitimierung durch eine repräsentative Mehrheit gebunden ist, vorbei. Was sich seither in der Politik abgespielt habe, sei seiner Meinung nach eine Beleidigung der Verfassung.

Younes MOUJAHID, Parteivorsitzender der Union Socialiste des Forces Populaires (USFP), sah die aktuelle marokkanische Politik in einer Krise, deren Ursprung in der angesichts des Arabischen Frühlings überstürzten Regierungsbildung zu finden ist. Man brauche eine legitime Regierung sowie eine neue Auslegung der Verfassung und ihre Umsetzung in die Praxis. Die starke Präsenz der Technokraten sowie die Tatsache, dass die Regierung über keinerlei politische Programme verfüge, sah er als Indikatoren dieser Krise an.

Eine andere Meinung vertrat Ilyas EL OMARI, der Vorsitzende der Parti Authenticité et Modernité (PAM): er sieht die Präsenz der Technokraten nicht als Rückschritt. Sie sei in zahlreichen Ländern, beispielsweise in Lateinamerika, anerkannt und akzeptiert.

Hassan ABYABA, Mitglied des politischen Vorstandes der Union Constitutionnelle (UC), erklärte die Zunahme an Technokraten zum einen durch mangelnde Führungskompetenz der Parteien, zum anderen durch die Furcht der Unternehmer vor der Politik und die daraus resultierende Vorliebe für die Technokraten. Zudem würde durch den populistischen Diskurs der Parteien ihre Glaubwürdigkeit geschwächt.

Laut Khalid NACIRI, Mitglied des politischen Vorstandes der Parti Progressiste et Socialiste (PPS), seien unter der Regentschaft von Hassan II. Technokraten zu jener Zeit als Parteiensubstitut eingesetzt worden. Heutzutage sei dies nicht mehr praktikabel, da unsere Zeit von demokratischer Öffnung und einer wohl durchdachten Verfassung geprägt sei. Seiner Ansicht nach befindet sich Marokko weder in einer politischen Krise, noch in einer Regierungskrise. Die Präsenz der Technokraten sei nicht verfassungswidrig, sondern eine soziologische und politische Frage. Der Ursprung des Problems liege nicht nur in der Abwesenheit der Eliten, sondern in der Unfähigkeit der Parteien, Eliten hervorzubringen bzw. einen Rahmen zu schaffen, der es möglich macht, kompetente politische Entscheidungen zu treffen.

Abdelhay EL MOUDDEN, Professor für Politikwissenschaften an der Faculté de droit der Universität Mohammed V. Rabat-Agdal, stellte die Frage in den Raum, wie Technokraten, die per se keine Politiker sind, innerhalb einer Partei an die Macht kommen können. Er wies darauf hin, dass die innere Struktur mancher Parteien Technokraten ein hohes Maß an Einfluss gewähre. Zudem warnte er in Anlehnung an die Ereignisse in Ägypten unter dem früheren Präsidenten Mursi davor, dass es nicht immer die gewählten Institutionen seien, die die Entscheidungen treffen würden, sondern dass ihr Aktionsrahmen vielmehr vom sogenannten „Etat profond“ (Anm. d. R: dem informellen Machtzentrum des Makhzen) abhängig sei.

Nach Abdelilah BELKEZIZ, Professor für Philosophie an der Universität Hassan II. in Casablanca, sollte das Prinzip der politischen Repräsentation nicht auf politische Parteien reduziert werden. Da die Rolle der Technokraten innerhalb des Staates politischer Natur sei, sei es ihnen möglich, auch ohne Parteizugehörigkeit politische Führung zu übernehmen.

Insgesamt wurde bedauert, dass aufgrund einer kurzfristigen Absage kein Vertreter der Parti de la Justice et du Développement (PJD) an der Podiumsdiskussion teilnehmen konnte.

Das Programm und einen Pressespiegel finden Sie anbei als pdf-Dokument.

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Veranstaltungsort

Rabat

Kontakt

Dr. Helmut Reifeld

Kontakt

Dr. Ellinor Zeino

Ellinor Zeino

Leiterin des Regionalprogramms Südwestasien

ellinor.zeino@kas.de
ONDE_23-01-2014_Technokraten KAS Rabat
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