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Südafrikanischer Gesetzentwurf zur Bestrafung von Hassbotschaften im Internet umstritten

„Wie kann man Hassbotschaften im Internet einschränken, ohne die Meinungsfreiheit zu verletzen?“ – mit dieser Frage befassten sich rund 35 Vertreter aus Wirtschaft und Politik Mitte Januar im Rahmen eines gemeinsamen Workshops von Media Monitoring Africa (MMA) und KAS Media Africa. Bei dem eintägigen Event an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg verglichen die Teilnehmer südafrikanische und deutsche Debatten und Lösungsansätze.

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In Südafrika wird gerade ein Gesetz entworfen, das Hassbotschaften in sozialen Netzwerken strafbar machen soll. Nicht alle befürworten das Vorhaben, denn der bisherige Gesetzentwurf lässt viel Raum für Interpretation: Aktivisten befürchten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Noch bis zum 31. Januar können Einwände gegen den Gesetzentwurf beim Justizministerium eingereicht werden.

 

 

Media Monitoring Africa organisiert regelmäßige gemeinsame Diskussionsrunden mit KAS Media Africa zu aktuellen und regional relevanten Medienthemen. Der Umgang mit Hassbotschaften wurde bereits bei einem Workshop im November in ähnlicher Zusammensetzung diskutiert, sodass die Teilnehmer auf eine gemeinsame Wissensgrundlage aufbauen konnten. Der Austausch bot verschiedenen Interessensgruppen Raum für Dialog und die Möglichkeit für Nachfragen bei Experten. Gleichzeitig fand im Nachbargebäude ein Workshop für Kinder im Alter von 12 Jahren zum selben Thema statt. In spielerischen Übungen erarbeiteten die Kinder Vorstellungen von Hassbotschaften, Meinungsfreiheit und Gleichstellung. Diese flossen anschließend in die Diskussion der Erwachsenen mit ein.

 

 

Zu Beginn des Workshops stellte Medienrechtsexpertin Justine Limpitlaw den aktuellen Entwurf der „Prevention and Combating of Hate Crimes and Hate Speech Bill“ vor und erläuterte ihre Zweifel an der aktuellen Fassung des Gesetzes. Limpitlaw hat im Auftrag von KAS Media Africa bereits mehrere Handbücher für Medienrecht im südlichen und östlichen Afrika veröffentlicht. Ihrer Einschätzung nach schränkt der Gesetzentwurf die Verbreitung von Kritik an der Regierung beispielsweise in Form von Satire ein. „Was ist mit Leuten, die Hassbotschaften im Internet teilen, um sie aufzudecken und zu kritisieren? Der Gesetzentwurf geht auf diesen Fall nicht ein“, so Limpitlaw.

 

 

Christian Echle, Leiter des Medienprogramms, stellte Deutschlands Bemühungen im Kampf gegen Hassbotschaften auf Facebook vor. „Südafrika ist uns in juristischer Hinsicht einen Schritt voraus, denn derzeit gibt es noch überhaupt keinen Gesetzesentwurf in Deutschland“, so Echle. Allerdings geht die deutsche Regierung bereits konkret gegen illegale Posts auf Facebook vor. Justizminister Heiko Maas setzt das Unternehmen in der aktuellen Flüchtlingsdebatte unter Druck. Beschimpfungen von Asylbewerbern haben sich in den letzten Jahren vervielfacht und im europäischen Vergleich gibt es in Deutschland derzeit die meisten Fälle von Hetze im Internet. Seit Oktober 2015 müssen diese innerhalb von 24 Stunden entfernt werden, sonst wird Facebook dafür verantwortlich gemacht. Aus diesem Grund beauftragt das Unternehmen 600 sogenannte Content-Moderatoren der Firma Arvato in Berlin, die Tag und Nacht illegale Posts aus dem Netzwerk löschen. Facebooks Richtlinien zur Entfernung von Inhalten sind allerdings intransparent und kontrovers.

 

 

In Johannesburg wurde erst kürzlich die erste Facebook Repräsentanz auf dem afrikanischen Kontinent eröffnet. Die Herausforderung, unzählige Online-Posts auf Hassbotschaften zu kontrollieren, gilt auch für Südafrika. Viele Posts werden gar nicht als unangemessen gemeldet, weshalb Facebook sie erst spät entfernt. Südafrikas multikultureller Hintergrund verkompliziert außerdem die Frage, welche Inhalte als unangebracht empfunden werden. Die nackte Brust einer Frau darf in manchen Kulturkreisen in der Öffentlichkeit gezeigt werden, in anderen nicht. Darüber hinaus unterscheiden sich afrikanische Vorstellungen oft von den amerikanischen Richtlinien.

 

 

In der Diskussionsrunde wurden auch Stimmen laut, die den neuen Gesetzentwurf komplett ablehnten. Ein Schutz vor Diskriminierung und Hassbotschaften sei schon im Pepuda (Promotion of Equality and Prevention of Unfair Discrimination) Act verankert. Theresa Ross, Landesgesetzberaterin im Justizministerium, dankte für vielseitigen Input und versprach, die Kritik weiterzugeben. Dennoch betonte sie die Wichtigkeit des Gesetzes: „Neben dem Schutz der Meinungsfreiheit geht es auch um den Schutz der Würde des Menschen. Wir können nicht die Augen vor dem verschließen, was gerade in unserem Land passiert.“

 

 

Zum Abschluss des Workshops erinnerte Echle nochmals daran, Einwände bis Ende des Monats beim Justizministerium einzureichen. „Noch ist die Debatte um den Gesetzesentwurf ein Kampf, den wir beeinflussen können“, so Echle. Das südafrikanische Gesetz gegen hassmotivierte Verbrechen und Hassbotschaften in sozialen Netzwerken ist eines der ersten seiner Art und wird deshalb international eine bedeutende Rolle spielen. Es könnte als Vorbild ähnlicher Gesetze für andere afrikanische Länder dienen.

 

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Kontakt

Christoph Plate

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Leiter des Medienprogramms Südosteuropa

christoph.plate@kas.de +359 2 942-4971 +359 2 94249-79

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