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Veranstaltungsberichte

Das Streben nach Palästinensischer Staatlichkeit: rechtliche, politische und ökonomische Folgen

Am 25. Oktober 2011 richtete das Institute of Law (IoL) der Birzeit Universität gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) die internationale Fachkonferenz „Das Streben nach Palästinensischer Staatlichkeit“ in Hinblick auf rechtliche, politische und ökonomische Folgen aus. Eine Bandbreite renommierter Wissenschaftler aus verschiedenen Forschungsfeldern fand sich ein, um notwendige und praktikable Ansätze und Vorgänge für die Gründung und Proklamation des Staats Palästina zu diskutieren.

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Eröffnet wurde die Konferenz durch einleitende Worte des Direktors des IoLs, Ghassan Faramand, dem Direktor des Office of Grants and Contracts der Birzeit Universität, Munir Qazaz, dem palästinensischen Justizminister, Ali Khashand sowie des Vorsitzenden des KAS-Auslandbüros Ramallah, Felix Dane. Es herrschte allgemeine Übereinstimmung was Brisanz und Priorität der Inhalte der bevorstehenden Konferenz anbelangte, nicht nur in rechtlicher Hinsicht sondern gleichermaßen aus politischer und historischer Perspektive.

Die Konferenz wurde in drei Panels unterteilt.

Das erste Panel untersuchte palästinensische Souveränität und Staatlichkeit aus einem politischen und rechtswissenschaftlichen Blickwinkel. Die Vortragenden befassten sich mit internationalem Recht aus der Perspektive internationaler Organisationen sowie dem Wert und der Bedeutung diplomatischer Anerkennung für aufkommende Staaten. Darüber hinaus wurde die Unterstützung der Anerkennung Palästinensischer Staatlichkeit seitens der Vereinten Nationen beleuchtet sowie die Rolle der internationalen Gerichte als auch rechtswissenschaftlicher und politischer Stiftungen thematisiert. Unter den Referenten und Referentinnen befanden sich Reem Al-Butmeh, wissenschaftliche Mitarbeiterin und assistierende Herausgeberin des Palästinensischen Jahrbuchs für Internationales Recht des IoLs, Valentina Azarov, Rechtswissenschaftlerin der AL-HAQ, einer Palästinensischen Menschenrechtsorganisation, Joni Asi, Hochschulassistent am Institut für Politikwissenschaft der Birzeit University und nicht zu Letzt John Quigley, Rechtsprofessor der Ohio State University, USA, Experte auf dem Gebiet des Internationalen Rechts und Fachberater in rechtlichen Angelegenheiten der Palästinensisch-Israelischen Friedensverhandlungen seit 1992. Der historische Ansatz Quigleys im Hinblick auf das Streben nach Palästinensischer Staatlichkeit stellte einen zentralen Aspekt der Veranstaltung dar. Ihm zufolge belegen historische Tatsachen, dass Palästina als solches bereits seit geraumer Zeit ein Staat gewesen sei und ist, genauer gesagt seit dem Zerfall des Osmanischen Reichs und der Ratifizierung des Völkerbundmandats für Palästina. Es stelle sich demnach nicht die Frage, ob Palästina ein Staat sei oder nicht, sondern lediglich wie bestehende Resolutionen umgesetzt werden können um die Staatlichkeit erneut zu bekräftigen und die langersehnte internationale Anerkennung zu erlangen. Zum Abschluss des Panels folgte eine Stellungnahme von Yaser Amouri, Professor für Völkerrecht an der Birzeit Universität.

Das zweite Panel befasste sich mit staatsverwandten Aspekten des Verfassungsrechts, dem Wert einer Verfassung sowie deren rechtliche und ideologische Komponenten. Ebenso wurden theoretische Grundsätze des Konstitutionalismus und dessen Bedeutung für die Bildung einer konstitutionellen Demokratie in Palästina diskutiert. Zu den Vortragenden gehörten Asem Kahlil, Hochschulassistent der Rechtsfakultät der Birzeit Universität, Yara Jalajel, Doktorandin im Fachbereich Öffentliches Recht der Universität Paris-Sorbonne, Ahmad Abu Dayyeh, Generaldirektor des Parlamentsausschusses des Palästinensischen Legislativrats und Dozent am Institut für Politikwissenschaft der Birzeit Universität sowie Sha’wan Jabareen, Generaldirektor der Al-HAQ. Jabareen betonte, dass es nicht allein darauf ankomme, über eine Verfassung zu verfügen. Einige der meist despotischen Regime können die schönsten Verfassungen vorweisen, diese versagen jedoch in ihrer Anwendung. Daher sei es entscheidend die Verfassungsfrage mit den drei grundsätzlichen Werten der Menschenrechte zu verknüpfen: Würde, Freiheit und Gleichheit. Jedes Gesetz sei bedeutungslos sofern sich niemand daran beteilige, so Jabareen. Die Menschenechte können niemandem unter keinen Umständen abgesprochen werden. Dieses Bewusstsein gilt es zu vermitteln. Firas Milhem, Dozent für Verfassungsrecht an der Birzeit Universität, fasste die Beiträge zusammen. Er verwies auf das Palästinensische Grundgesetz, welches im regionalen Vergleich äußerst fortgeschritten, wenn nicht gar das Beste sei. Nichtsdestotrotz gelte es das Ende der Besatzung abzuwarten, ehe es zu einem ersten Palästinensischen Verfassungsentwurf kommen könne.

Das letzte Panel rückte ökonomische Erwägungen in den Vordergrund, die für die Realisierung der Palästinensischen Eigenstaatlichkeit von entscheidender Bedeutung sind und beleuchtete die Zukunft des Staates aus makroökonomischer Perspektive. Die erste Referentin Mehrene Larudee, die gegenwärtig den Studiengang für Wirtschaft und Finanzwesen am Al Quds/Bard Honors College leitet, befasste sich mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit kleiner Länder wie Palästina. Laut Larudee stelle die Länder- und Energieimportabhängigkeit die größte Gefahr für die Palästinensische Wirtschaft dar. Larudee schlug Importsubstitutionen und eine Erweiterung des Handels vor, um diese Gefahr einzudämmen. Naser Abdelkarim, der zweite Vortragende und lokaler Berater internationaler Organisationen, beschäftigte sich mit der Rolle der Auslandshilfe. Wenngleich die finanzielle Unterstützung groß sei, so Abdelkarim, sei deren Wirksamkeit erschreckend gering. Er führt das Ausbleiben nachhaltigen Wirtschaftswachstums auf den Israelischen Kolonialismus zurück. Wirtschaftliche Ressourcen können Abelkarim zufolge nicht nachhaltig eingesetzt werden, so lange die Besatzung anhält. Der dritte und letzte Sprecher Yaser Shaheen, Direktor des Fachbereichs für Verwaltungs- und Finanzwissenschaften und dem Zentrum für Personalentwicklung der Palästinensischen Ahliya Universität, befasste sich mit Steuer- und Zollregulierungen innerhalb eines, den Palästinensischen währungspolitischen Maßnahmen angepassten Rahmens. Dieses finale Panel wurde eher schroff durch einen Kommentar von Mohammad Nasr, Dekan der Fakultät für Handel und Finanzwesen der Birzeit Universität abgeschlossen. Nasr unterminierte zahlreiche Aspekte der Konferenzbeiträge. Er argumentierte, dass Palästinas gegenwärtige Situation sowie das Scheitern der Implementierung des Pariser Protokolls - welches mittlerweile jedoch in seiner ursprünglichen Form nicht mehr greife - den Großteil der diskutierten Lösungsansätze unmöglich mache. Es sei unabdingbar Palästina einen unabhängigen Staat sowie eine unabhängige Wirtschaft zu gewähren. Denn lediglich durch Eigenstaatlichkeit sei es möglich unabhängige Lösungen zu finden und diese präzise auf den unvergleichbar einzigartigen Fall Palästinas mit sämtlichen Problemen der Gegenwart und Zukunft zuzuschneiden.

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