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Veranstaltungsberichte

Migrationstrends unter palästinensischen Christen und Muslime

von Marc Frings

Fachkonferenz der KAS-Ramallah und DIYAR-Bethlehem

Am 21. Dezember 2017 haben DIYAR und die KAS Ramallah die Studie “Palestinian Christians: Emigration, Displacement and Diaspora” vorgestellt. Ein Teil der Publikation bezieht sich auf eine Umfrage unter Christen und Muslimen. In der ersten Umfrage dieser Art wurden Ursachen christlicher Migration genauer untersucht. Die Fachkonferenz wurde live im palästinensischen Fernsehen (MAAN TV) übertragen.

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Dr. Mitri Raheb, Präsident des Dar al-Kalima University College of Arts and Culture, beleuchtete in seinen Ausführungen fünf Migrationswellen, die in den vergangenen 100 Jahren dazu geführt haben, dass palästinensische Christen ihre Heimat verließen. Der Zensus der Palästinensischen Autonomiebehörde von 2007 legt nahe, dass heute noch circa 50.000 Christen im Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem leben. Während die absolute Zahl der Christen in Israel und Palästina zunimmt, verringert sich ihr prozentualer Anteil an den Gesellschaften. Neuere statistische Zahlen werden alsbald folgen, weil derzeit ein neuer palästinensischer Zensus durchgeführt wird.

Dr. Varsen Aghabekian stellten die Ergebnisse einer Studie vor, die im Laufe des Jahres in den Palästinensischen Gebieten durchgeführt wurde. Zu den zentralen Ergebnissen zählen folgende Erkenntnisse:

  • Auf einer Skala von 0 (keine Freiheit) bis 10 (volle Freiheit) stufen palästinensische Christen das Niveau der Religionsfreiheit bei 7.5 ein; unter Muslimen liegt der Wert bei 7.9;
  • 50% der Christen und 54% der Muslime blicken optimistisch in die Zukunft;
  • 17% der Christen und 11% der Muslime fühlen sich unsicher;
  • 23% der Christen und 12% der Muslime haben einen Familienangehörigen, der im vergangenen Jahr emigriert ist;
  • 72% der Christen, die ihre Heimat verlassen haben, taten dies aufgrund der wirtschaftlichen Lage, 13% wegen der politischen Situation und 9% aus sozialen und religiösen Beweggründen;
  • 28% der Christen und 24% der Muslime erwägen laut der Umfrage, ihre Heimat zu verlassen;
  • Für 27% der Christen und 20% der Muslime befördert die regionale politische Lage im Nahen Osten den Wunsch, Palästina zu verlassen. So geben 41% der Christen und 47% der Muslime an, dass die Politik der arabischen Regime dazu beiträgt, dass Christen die Region verlassen;
  • Wer nicht gehen will, begründet dies mit der Verbundenheit mit dem Land (41% der Christen, 49% der Muslime) oder mit familiären Bindungen (34% der Christen, 36% der Muslime);
  • Eine Mehrheit der Christen und Muslime geben an, dass die Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern ein religiöser Konflikt ist.
Dr. Hadeel Fawadleh (Birzeit University) rückte in ihrem Forschungspapier die Migrationserfahrung palästinensischer Christen in den Vereinigten Staaten in den Mittelpunkt. Dr. Bernard Sabella, Mitglied des Palästinensischen Legislativrats und Christ aus Jerusalem, beleuchtete das Beziehungsgeflecht zwischen den lokalen Kirchen des Heiligen Landes und Europa. Insbesondere der normative Selbstanspruch europäischer Organisationen böten viele Anknüpfungspunkte für einen intensiveren Dialog. Dieser müsse auch den palästinensischen Kontext und die politischen Herausforderungen umfassen. Angesichts dieser empirischen Befunde stellte Marc Frings, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Palästinensischen Gebieten, fest, dass Christen in ihrer Minderheitenrolle zwangsläufig ein inkohärentes Leben führten. Dies drücke sich einerseits in Abwanderungstendenzen aus, andererseits in einen Rückzug aus dem öffentlichen Raum.

Die Studie ist ab sofort bei DIYAR verfügbar.

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