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Veranstaltungsberichte

World Press Freedom Day 2015

MEDIENVERTRETER TANSANIAS PROTESTIEREN GEGEN NEUE MEDIENGESETZE

Vom 2. bis 3. Mai haben rund 250 Journalisten und Medienvertreter in Morogoro den Internationalen Tag der Pressefreiheit zum Anlass genommen, gegen die zunehmende Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit in Tansania Stellung zu beziehen. Das in diesem Jahr von der Konrad-Adenauer-Stiftung mitorganisierte Event stand unter dem Thema „Media Safety in the Digital Age: Better Reporting, Gender Equality & Privacy“. Vor dem Hintergrund der kürzlich von der Nationalversammlung verabschiedeten restriktiven Medien-Gesetze, gewann die Veranstaltung an enormer Aktualität und Relevanz.

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Der „World Press Freedom Day“ diente 2015 bereits zum dritten Mal als Forum für Verbände, Institutionen und Spitzenvertreter aus dem Medienbereich in Tansania, um die Entwicklung der Meinungs- und Pressefreiheit im Land kritisch zu reflektieren. Die Initiative wurde 1994 von der UN ins Leben gerufen und findet seitdem jährlich am 3. Mai in über 100 Ländern der Welt unter einer gemeinsamen Thematik statt. Ziel der Veranstaltung ist es, auf die Rolle von freier Berichterstattung für Demokratie und Entwicklung aufmerksam zu machen sowie Journalisten zu ehren, die ihre Freiheit oder gar ihr Leben für die Ausführung ihres Berufes opferten.

Die zweitägige Veranstaltung begann mit Präsentationen und Diskussionen zu den drei Hauptthemen des diesjährigen World Press Freedom Days. Dabei wurde zunächst die Frage der Vertretung und Chancen von Frauen im Mediensektor thematisiert. Entsprechend der Präsentation von Valerie Msoka, der Vorsitzenden der Tanzania Media Women‘s Association (TAMWA), sind Tansanierinnen bis heute im Mediensektor deutlich unterrepräsentiert. Dies trifft insbesondere für Führungspositionen, z.B. Chefredakteure und Medieninhaber, zu. Daher appellierte sie an die Anwesenden, junge Journalistinnen stärker in ihrem Karriereaufstieg zu unterstützen.

Mit dem zweiten Hauptthema „Better Reporting in the Digital Age“ beschäftigte sich der Journalist Kabendera in seiner Präsentation. Er verwies zum einen auf die neuen Chancen, die das Internet durch den großen Fundus an Informationsquellen sowie durch innovative Veröffentlichungsmöglichkeiten mittels Internetforen und Blogs zu bieten hat. Zum anderen machte er mit Blick auf die Qualität von journalistischen Texten auch auf Herausforderungen aufmerksam, die mit dem Internet einhergehen. Es verleite einerseits dazu, unzureichend geprüfte Daten zu verwenden, und andererseits zur überhasteten Veröffentlichung von Artikeln im Netz. Verschiedene Diskussionsteilnehmer, die eine qualitativ bessere und verantwortungsbewusstere Berichterstattung im Internet forderten, teilten diese Auffassung.

Das letzte Leitthema umfasste die Frage nach der Sicherheit privater, digitaler Daten von Journalisten. Die Thematik wurde von dem jungen Gründer und Betreiber des Jamii Forums, einer in Tansania äußerst populären Online-Plattform, Maxence Melo, eindrucksvoll erörtert. Er machte deutlich, wie wichtig es besonders für Journalisten sei, die eigenen Daten ausreichend zu sichern. Er erntete weitreichende Zustimmung vom Publikum in seiner Aussage, dass die meisten Tansanier noch nicht ausreichend über Internetsicherheit informiert seien und Aufklärungsseminare dementsprechend dringend notwendig seien. Eine Bedrohung für die Sicherheit von privaten, digitalen Daten der Tansanier sah Melo jedoch nicht nur in der unzureichenden Aufklärung der Nutzer. Er äußerte scharfe Kritik an den neuen Cyber Crime Gesetzen, die der Regierung weitreichende Zugriffe auf die digitalen Daten ihrer Bürger erlauben. Melo betonte, es sei zwar Aufgabe und Pflicht der Regierung, die Internetnutzer im Land vor Cyber-Kriminalität zu schützen. Doch die neuen Gesetze würden nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern im Gegenteil die Unsicherheit erhöhen, dadurch dass sie es de facto ermöglichen, die gesamte elektronische Kommunikation der Bürger ohne wesentliche Einschränkung zu überwachen. So könne man sogar für die Verbreitung von “irreführender oder falscher” (im Original des englischen Gesetzestextes „deceptive, misleading or inaccurate“) Informationen mit Gefängnishaft bestraft werden, und zwar unabhängig davon, ob man die Informationen selbst versendet, oder nur – eventuell sogar ungewollt - erhalten habe. Melo merkte an, dass diese Formulierung breiten Raum für staatliche Willkürmaßnahmen gegen Regierungskritiker, Oppositionelle und unabhängige Journalisten ließe, und forderte dazu auf, vehement gegen das Gesetz zu protestieren. Melo berichtete auch, dass er selbst bereits mehrfach von den Sicherheitsbehörden vorgeladen worden sei, um die Identität von Usern des Jamii Forums preiszugeben, die auf der populären Onlineplattform regierungskritische Informationen veröffentlicht und diskutiert hätten.

Die kritische Auseinandersetzung mit den neuen, den Mediensektor betreffenden Gesetzen (Statistics Act, Cyber Crimes Act, Access to Information Act & Media Service Act) wurde am nächsten Tag fortgesetzt. Kritisiert wurde, dass durch die mit diesen Gesetzen einhergehenden Beschränkungen bei der Recherche und Veröffentlichung von Daten das Praktizieren eines investigativen Journalismus fast unmöglich gemacht werde. Insbesondere die extrem hohen Geld- und Freiheitsstrafen, die bei der Veröffentlichung tatsächlich oder angeblich „falscher“ Informationen drohen, stellten einen schweren Eingriff in die Pressefreiheit dar, so die einhellige Auffassung der Teilnehmer.

Da zum Zeitpunkt der Veranstaltung sowohl der Cyber Crime Act als auch der Statistics Act zum Inkrafttreten noch die Unterschrift des Präsidenten benötigten, beschlossen die Anwesenden, alles ihnen Mögliche zu tun, um Präsident Kikwete von seiner Unterschrift abzuhalten. Neben der Nutzung ihrer Nachrichtenplattformen, um die Gefahren der neuen Gesetze für die Meinungs- und Pressefreiheit auf die öffentliche Agenda zu bringen, planten sie eine Delegation von Interessenvertretern zu Präsident Kikwete persönlich zu schicken.

Der Vorsitzende des Tanzania Editors Forum (TEF), Absalom Kibanda, forderte zusätzlich auch die Vertreter der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, die als Ehrengäste an der Veranstaltung teilnahmen, dazu auf, ihren Einfluss geltend zu machen, um die Gesetze in der jetzigen Form zu verhindern.

In ihren Reden plädierten sowohl der EU-Botschafter Filiberto Sebregondi als auch der Leiter der UN in Tansania, Alvaro Rodriguez, für die Einhaltung und Stärkung der Meinungs- und Pressefreiheit. Sebregondi wies auf die vielfältigen Programme der EU zur Unterstützung einer freien Medienlandschaft in Tansania hin, darunter auch Unterstützungsangebote für bedrohte Journalisten. Als EU setze man sich öffentlich aber auch im internen Dialog mit der tansanischen Regierung für freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit ein. Tansania habe in diesen Fragen über die letzten Jahren große Fortschritte erzielt, die jetzt zum Teil wieder in Frage stünden. Doch auch in Europa bleibe die Wahrung und Stärkung der Pressefreiheit nach wie vor eine kontinuierliche Aufgabe, machte der EU-Diplomat deutlich.

Die neuen Gesetze wurden im weiteren Verlauf der Diskussion jedoch nicht als einzige Gefahr für die Pressefreiheit in Tansania identifiziert. Es wurden diverse Beispiele dafür genannt, dass Drohungen, Anfeindungen und physische Gewalt durch die Polizei zum Arbeitsalltag eines Journalisten in Tansania gehörten. Die Anzahl solcher Vorfälle nehme dabei ständig zu, so die Teilnehmer. Dennoch forderten Sprecher die Journalistengemeinschaft dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen und ihrer Verantwortung für eine ehrliche Berichterstattung und Aufklärung auch in diesem schwierigen Kontext weiter nachzukommen.

Als weitere Bedrohung für eine qualitative Berichterstattung in Tansania wurde die weit verbreitete Korruption genannt, die eine politisch einseitige Berichterstattung hervorgebracht habe. Diese Kritik richtete sich jedoch nicht nur an die Journalisten selbst, die oftmals für ein entsprechendes Honorar Artikel auf Bestellung publizieren. Auch die Medienbesitzer und Chefredakteure wurden in die Verantwortung gezogen, da sie verantwortlich für die schlechten Arbeitsbedingungen seien, welche die Journalisten für korrupte Praktiken anfällig machten, die jeglichen Prinzipen eines unabhängigen Journalismus widersprächen. Nach Aussage von Jane Mihanji, Mitglied der Union of Tanzania Press Clubs (UTPC), verfügen 80 Prozent der Journalisten Tansanias über keinen Arbeitsvertrag und erhalten nur unregelmäßig einen meist geringen Lohn.

Insgesamt bot der World Press Freedom Day 2015 eine zentrale Plattform, um die Herausforderungen, denen die Medien in Tansania gegenüber stehen, zu adressieren. Das durch die Veranstaltung veranlasste Zusammenkommen zahlreicher Medienvertreter, konnte konstruktiv genutzt werden, um ihre Situation gemeinsam zu diskutieren und ein wichtiges Zeichen des Protests gegen die drohende Beschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit im Lande zu setzen. Es ist davon auszugehen, dass eine ausgewogene und verantwortungsvolle Berichterstattung angesichts der aktuellen Entwicklungen und den sich abzeichnenden Folgen in Tansania weiter erschwert wird.

Durch die Beteiligung an Veranstaltungen wie dieser bringt die KAS ihre Solidarität mit und Unterstützung der Journalisten zum Ausdruck, nehmen doch die Medien eine Schlüsselposition in einer Demokratie ein und fördert eine freie Berichterstattung das Entstehen einer aufgeklärten und unabhängigen Zivilgesellschaft.

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