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Facebook: Politischer Akteur oder öffentlicher Raum?

von Hatem Gafsi
Die Rolle der sozialen Medien und insbesondere von Facebook während des Arabischen Frühlings wurde von journalistischer und wissenschaftlicher Seite ausgiebig diskutiert. Doch welchen Beitrag leistet Facebook in der politischen Debatte in der Zeit nach den Protesten in Tunesien? Schafft das soziale Medium Facebook einen öffentlichen, egalitären Raum und trägt darüber hinaus zur Entwicklung einer partizipativen Demokratie bei?

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Einer Umfrage der Agence Medianet zufolge nutzen 48% der Tunesier Facebook. Damit liegt Tunesien im afrikanischen Vergleich der Facebook-Nutzung auf dem ersten Platz. Die Bedeutung Facebook in Politik und Gesellschaft zu hinterfragen, war Thema eines Kolloquiums, zu dem die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und die Vereinigung tunesischer Politikwissenschaftler (ATEP) Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen im Mai 2017 einluden.

 

Saddok Hammami schilderte in seinem Beitrag, dass soziale Medien den demokratischen Transformationsprozess in Tunesien durch eine Ausweitung, Fragmentierung und Polarisierung der politischen Debatte komplexer und vielschichtiger gestalten.

 

Khaled Mejiri nutzte das normative Konzept Habermas‘ zum öffentlichen Raum, um die Entstehung und die Entwicklung eines öffentlichen Raumes auf Facebook in Tunesien zu analysieren. Dabei präsentierte er die Facebook-Seiten verschiedener politischer Akteure und stellte die Frage, ob und inwiefern ein öffentlicher und demokratischer Diskurs zu politischen Themen durch und auf Facebook möglich ist.

 

Eingehend auf Mejiris Vortrag und die Raum-Theorie von Habermas präsentierte Mariam Ben Salem ihre Analyse zur Facebook-Aktivität des tunesischen Gewerkschaftsverbandes UGTT und der LBGT Organisation Shams. Sie stellte fest, dass die auf diesen Seiten stattfinden Diskussionen nicht mit dem öffentlichen Raum Habermas‘ übereinstimmen, da vor allem isolierte Kommentare und Beleidigungen dominierten. Zudem führe Facebook nicht zu einer gleichberechtigen Teilhabe an der öffentlichen Debatte.

Klibi Salsabil fügte hinzu, dass soziale Medien und ihre heutige Nutzung nicht zur Schaffung eines gemeintschaftlich - öffentlichen Raumes beitragen.

 

Chawki Gaddes wies auf die Gefahren von Facebook und anderer sozialer Medien hin, da der Schutz persönlicher Daten nicht garantiert sei. Er stellte verschiedene Strategien vor, wie Bürger Facebook sicher und ohne Angst vor einer möglichen Weitergabe vertraulicher Daten nutzen könnten.

 

Slim Amamou präsentierte in seinem Vortrag, wie die Piratenpartei in Tunesien soziale Medien für ihre politische Arbeit nutzte. Die Erfahrungen der tunesischen Piratenpartei zeigen, wie Politik im digitalen Zeitalter aussehen könne.

 

Die letzten zwei Kolloquiumsbeiträge beschäftigten sich mit der Facebook-Präsenz politischer Parteien in Tunesien und Italien.

Mohamed Slim Ben Youssef begann mit der Analyse der Facebook-Seiten fünf tunesischer Parteien und der Interaktion von Politikern und Parteianhängern auf den jeweiligen Seiten. Er stellte fest, dass das politische Leben virtuell personalisierter sei.

 

Pietro Marzo erläuterte zum Einfluss von sozialen Medien, dass Facebook die Beziehung zwischen Bürger und Politik in Italien verändert habe. Er stellte hierzu die italienische Bewegung und Partei „Fünf Sterne“ vor, die sich online gründete, ihre Parteispitze wählte und ihre Unterstützung vor allem über und in den sozialen Medien generierte. Darüber hinaus ging Marzo auf den Einfluss von Facebook in der politischen Debatte ein, und wies darauf hin, dass auf lokaler Ebene politische Diskussionen zwischen Bürgern und Parteien stark hierarchisch gestaltet seien.

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Leiter des Regionalprogramms Politischer Dialog Subsahara-Afrika, Interimsleiter des Auslandsbüros Südafrika

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