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Veranstaltungsberichte

Frauenrechte sind universell

Die vierte Dubai Debates “Women, Civil Society and Leadership in a New Arab World”

„Für uns Frauen bietet sich jetzt die Gelegenheit, die verkrusteten Strukturen in den arabischen Ländern aufzusprengen und unsere Rolle in der Gesellschaft neu zu definieren.“ Diese klare Botschaft der syrischen Bloggerin Sumaya Tayara eröffnete die vierte Ausgabe der Dubai Debates am vergangenen Sonntag.

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Gemeinsam mit der tunesischen Aktivistin Amira Yahyaoui, der bekannten emiratischen Politikwissenschaftlerin Dr. Ebtisam Al Kitbi, sowie dem „arabischen Feministen“ Mohamed Abu Obaid diskutierte Tayara über die bisherige und zukünftige Rolle der Frauen beim Transformationsprozess in der arabischen Welt. Moderiert von Mishaal Al Gergawi erlebten die zahlreichen Zuhörer eine leidenschaftliche Debatte, die so gar nicht zu dem Frauenbild passt, das oftmals mit der arabischen Kultur verbunden wird.

Sie sind ein Teil der Demonstrationen, machen sich in den Oppositionsgruppen stark und prangern über soziale Medien Unterdrückung, Zensur und Korruption an. Doch bislang wird die Bilanz des Arabischen Frühlings aus weiblicher Sicht dadurch getrübt, dass Frauen während der Proteste zwar ihr Leben riskiert haben, doch von der neuen Freiheit selbst nicht immer profitieren. Wurde die Rolle der Frauen im Arabischen Frühling vielleicht doch überbewertet? Diese Frage eröffnete die Debatte. Sowohl Panelisten als auch Zuhörer durften diesbezüglich ihr Votum abgeben und mit ja oder nein stimmen, ein Novum bei den Dubai Debates. Das Auditorium war sich in ihrer Beurteilung einig: Der Arabische Frühling habe die klare Botschaft gesendet, dass arabische Frauen nicht weiter am Rand stehen. Der Veränderungsprozess sei bei Weitem nicht abgeschlossen: Nun müssten Frauen sich durchsetzen, dass islamistische Gruppierungen die Entwicklungen nicht wieder zurückdrehen.

Die Hoffnungen, die die Frauen sich nach dem Arabischen Frühling machen, sind groß. Sie wollen mitreden in der neuen Gesellschaft. Doch Frauen sind in den politischen Institutionen der arabischen Länder unterrepräsentiert. Kein Land wird von einer Frau regiert und auch die Zahl der Ministerinnen ist gering. Angesichts der wenigen Frauen in der Politik drängt sich die Frage auf, inwieweit dieses Problem durch eine Quotenregelung gelöst werden könne. Amira Yahyaoui kandidierte bei den diesjährigen Wahlen in Tunesien und stand auf Platz eins der unabhängigen Liste von „Sawt Mostakel“, konnte jedoch keinen Sitz im Parlament erringen. Sie betonte, dass das Problem vielfach auch in dem mangelnden Selbstbewusstsein der Frauen liege: „Die Mentalität der Frauen muss sich ändern. In Tunesien mussten die Frauen regelrecht überzeugt werden, als Kandidatinnen anzutreten“. Doch ein Quotensystem allein werde wenig hilfreich sein, die Gefahr bestehe, dass Frauen lediglich als „Lückenfüller“ benutzt würden. In erster Linie müsse sich die Gesellschaft verändern, stimmten die Panelisten überein. Gesellschaftliche und traditionelle Hürden seien auch für die geringe Präsenz der Frauen in wirtschaftlichen Führungsrollen verantwortlich, so Dr. Al Kitbi. Sie erklärte, dass die Golfstaaten zwar eine positive Ausnahme unter den arabischen Ländern darstellten, doch auch hier sei eine vollständige Akzeptanz der Gesellschaft für „Karrierefrauen“ nicht gegeben.

Frauen wie die Friedensnobelpreisträgerin aus dem Jemen, Tawakkol Karman, oder die tunesische Netzaktivistin Lina ben Mhenni, die als „Stimme der Jasminrevolution“ gilt, wecken die Hoffnung, dass die Aufstände auch zu einem bedeutenden sozialen Wandel für Frauen führen werden. Vor diesem Hintergrund war ein zentrales und zugleich kontroverses Thema der Debatte, inwieweit ein westliches Modell von Gleichberechtigung in den traditionellen arabischen Gesellschaften Anknüpfungspunkte bieten kann.

Nach Meinung Mohamed Abu Obeids gebe es auch in westlichen Staaten durchaus Diskrepanzen und man könne keineswegs Modelle einfach übertragen, sondern müsse diese an regionale Gegebenheiten anpassen. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sei als Menschenrecht garantiert und universell gültig, entgegnete Amira Yahyaoui, daher sei es auch kein westliches Modell, sondern ein universelles Prinzip. Rechte für Frauen seien in der UN-Menschenrechtscharta niedergeschrieben und nicht auf den Westen beschränkt. Sie müssten nur von der arabischen Gesellschaft angewandt werden: Frauen müssten selbst für ihre Rechte kämpfen, pflichtete Sumaya Tayara bei.

Dagegen wies Dr. Al Kitbi erneut auf die Gefahr der islamistischen Gruppierungen hin. Diese würden zweifelsohne Bestimmungen erlassen, die Frauen in der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe behindern würden. Nach der salafitischen Lehre sollten alle Frauen das Haus nicht verlassen und von den Männern beschützt werden, führte sie weiter aus. Und die Religion spiele in der Beziehung zwischen Mann und Frau immer noch eine wesentliche Rolle. Doch sie ist sich sicher, dass die Gesellschaft folgen wird, wenn die Regierungen entsprechende Gesetze einführen würden.

Auch über Twitter wurde die Frage nach westlichen Referenzen heftig diskutiert. Tweets und Zuhörer waren sich jedoch einig, dass Gleichberechtigung ein allgemeines Menschenrecht ist und nicht regional oder kulturell beschränkt.

Müssen Frauenrechte also verfassungsmäßig abgesichert werden? Diese Frage stand am Ende der Debatte. Das Panel stimmte überein, dass Gleichberechtigung nur auf verfassungsrechtlicher Grundlage beruhen kann.

Das Problem liege aber in den Köpfen der Männer. Man brauche praktische Gleichberechtigung, so Amira Yahyaoui, Gesetze und Mentalitäten müssten sich ändern.

Hier stimmte Mohamed Abu Obeid zu. Er war der Meinung, dass die arabische Gesellschaft zu stark an ihren Traditionen festhielt und damit die Moderne verpasse. Welche immense Bedeutung dabei der Bildung und Erziehung zukommt, betonte Dr. Ebtisam Al Kitbi: „Wir müssen unser Bildungssystem und unsere Stereotypen bezüglich traditioneller Rollen ändern.“

Die Dubai Debates sind eine Serie von Debatten, in deren Rahmen wichtige regional- und weltpolitische Fragen regelmäßig in Dubai

mit führenden Experten, Journalisten, Internet-Meinungsführern, Politikern und Aktivisten diskutiert werden. Dabei erhalten alle Interessierten die Möglichkeit, sich am Diskurs zu beteiligen, indem sie bereits vor den Debatten mit Hilfe von digitalen Medien wie Facebook und Twitter oder durch YouTube-Videos Beiträge zum jeweiligen Thema einsenden, die zum Teil während der Debatten wiedergegeben werden. Durch den starken Gebrauch von neuen Online-Medien sprechen die Dubai Debates insbesondere auch eine jüngere Generation von Arabern in abgelegenen Regionen an, denen somit eine Teilnahme an den Diskursen ermöglicht wird.

Die verschiedenen Segmente der Diskussion werden sukzessive in den nächsten Tagen veröffentlicht und sind ebenfalls online auf www.dubaidebates.com zu sehen.

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