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Veranstaltungsberichte

Minderheiten in Tunesien: Welche Rechte haben sie?

von Slim Jaoued
Fachtagung der KAS und FOAP

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Ständig in ihrem persönlichen wie beruflichen Leben diskriminiert zu werden, ist die Realität zahlreicher Minderheiten in Tunesien. Die tunesischen Berber, Juden, Schiiten, Homosexuelle oder dunkelhäutige Tunesier sind die bekanntesten Minderheiten in Tunesien, die nach der Revolution 2011 anfingen, ihre jahrzehntelang erfahrene Ausgrenzung offenzulegen und ihre Rechte einzufordern.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und das Forum de l’Académie Politique (FOAP) veranstalteten am 25.März 2017 eine Fachtagung zur rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Situation von Minderheiten in Tunesien.

In die Veranstaltung führte die Wissenschaftlerin zu internationalem Recht, Bir El Mekki, ein, indem sie zunächst die sprachliche Herkunft des Wortes „Minderheiten“ und seine Verwendung im politischen Diskurs in Tunesien erläuterte. Sie argumentierte, dass die diskriminierende Praxis und der Mangel an juristischen Instrumenten zum Schutz von Minderheiten aus den unterschiedlichen politischen Definitionen des Wortes „Minderheit“ resultieren.

Fethi Ben Maamer, Experte zur Kultur und Geschichte der Berber, wies auf die sprachliche Vielfalt unter der einheimischen Bevölkerung der Berber hin. Vor der Revolution wurde dieses sprachliche Erbe unterdrückt und auch heute wird das nicht-arabische Erbe Tunesiens nicht ausreichend gepflegt.

Dabei, so Gilles Jacob Lellouche, Präsident der Organisation für den Schutz und die Promotion des jüdisch-tunesischen Erbes, blickt Tunesien auf eine Geschichte mit römischer, byzantinischer, christlicher und jüdischer Präsenz zurück. Tunesien versäumte es jedoch, diese kulturelle Vielfalt in seiner Gänze und Tiefe zu bewahren, und präsentiert es heute lediglich in einer vereinfachten und folkloristischen Form. Grund hierfür sieht er unter anderem im Geschichtsunterricht in den Schulen, in dem Schüler über die verschiedenen Zivilisationen, die in der Vergangenheit in Tunesien lebten, wenig lernen würden.

Die Präsidentin der Organisation M’NEMTI (Organisation für den Kampf gegen Diskrimierung), Saadia Mosbah, stimmte mit dieser Aussage Lellouches in Bezug auf die Situation der farbigen dunkelhäutigen Tunesier überein.

Hassan Zargoumi, Präsident von Sigma Conseil, sprach in seinem Vortrag über die regionale Diskriminierung, die nicht nur in Tunesien stattfindet. Im weiteren Verlauf seiner Rede wies er zudem auf die Lage der Homosexuellen in Tunesien hin. Tunesien ist, laut der Soziologin Fethi Saidi, das einzige arabische Land, welches die Gründung einer LBGT Organisation (Shams) erlaubte. Doch auch trotz des Aktivismus‘ dieser wie zahlreicher anderer Organisationen für den Schutz der Rechte von Homosexuellen, wird diese Minderheit von der tunesischen Bevölkerung nicht anerkannt.

Welche Art von Diskriminierung Homosexuelle in ihrem täglichen Leben in Tunesien aushalten müssen, veranschaulichte der Präsident der Organisation Shams, Mounir Bouattour, anhand einiger persönlicher Beispiele. Eines der Ziele der LBGT-Gemeinschaft ist die Abschaffung des Artikels 230, das homosexuelle Praktiken bestraft.

Die Tagung schloss Ghayda Thabet, Kommunikationsbeauftragte des Vereins zur Unterstützung von Minderheiten A.T.S.M, ab, indem sie auf die Intoleranz vieler Tunesier gegenüber religiösen Minderheiten wie Christen und Juden in Tunesien aufmerksam machte. Intoleranz und Diskriminierung hinterlasse immer Spuren bei den Betroffenen, und so plädierte Thabet dafür, dass die tunesische Gesellschaft lernen muss, die menschliche Identität des Einzelnen in seiner Vielfalt zu akzeptieren und zu respektieren.

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