Geschichte der Villa
Die historische Villa La Collina wurde 1899 vom Mailänder Hotelier Suardi gebaut und bis in die 1930er Jahre als private Sommerresidenz genutzt.
Nachdem das Anwesen in den Besitz der französischen Adelsfamilie Gallifet gelangt war, wurde die Villa im Sommer auch von ihnen bis in die frühen 1950er Jahre als private Urlaubsresidenz genutzt.
Als Konrad Adenauer auf Empfehlung seines Außenministers Heinrich von Brentano in das kleine, verträumte Dörfchen Cadenabbia kam, bewohnte er 1957 und 1958 zunächst zwei andere Villen, in der Nähe der Villa La Collina gelegen. Adenauer war trotz seiner 81 Jahre bei bester Gesundheit, und nachdem er sich bei einem seiner ersten Italien-Besuche von einem Carabinieri das Bocciaspielen hatte zeigen lassen, war er ein begeisterter und sehr ambitionierter Spieler. Adenauer spazierte immer gerne gemeinsam mit seinen Sekretärinnen und seinen Töchtern von seiner Sommerresidenz durch den Ort zum lokalen Bocciaplatz direkt hinter der Villa La Collina. Einer der Mitspieler – der damalige Bürgermeister Roda – kannte den Besitzer der Villa, und dank seiner Vermittlung gelang es dem Kanzleramt, das Anwesen ab 1959 fünfzehn Mal in Folge für Adenauer und seine Entourage zu mieten.
Die Villa war jedoch von der Familie Gallifet viele Jahre nicht mehr genutzt worden und wenige Wochen vor dem ersten Besuch des berühmten neuen Gastes in einem eher traurigen Zustand. Von „Residenz” konnte nicht die Rede sein, und der Zauber der Landschaft und des 27.000 qm großen Parks war damals deutlich größer als jener der Villa. Da sie zudem mehr oder weniger unmöbliert war, wurden aus den umliegenden Hotels einige Möbel zusammengetragen.
Darüber hinaus wurde das Haus mit den Kommunikationsmitteln der damaligen Zeit aufgerüstet, und Adenauer brachte neben einem größeren Stab von Mitarbeitern auch einen Safe mit Geheimunterlagen, Tischwäsche, Besteck und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs aus Deutschland mit. Der logistische Aufwand seiner Besuche war beträchtlich. Wenn Adenauer nach spätestens acht Wochen nach Rhöndorf zurückkehrte, schaffte man alle Möbel zurück in die Hotels Kam er sechs Monate später wieder nach Cadenabbia, hatte man aus den unbelegten Zimmern der Hotels erneut die Möbel in die Villa La Collina gebracht.
In der Villa La Collina machte der Bundeskanzler zwar offiziell Urlaub, tatsächlich aber gingen die Dienstgeschäfte munter weiter. Hochrangige Besucher aus Politik und Wirtschaft gaben sich in manchen Jahren die Türklinke in die Hand, es wurde telefoniert und korrespondiert. Das „Ersatzkanzleramt“ am Comer See funktionierte auch knapp achthundert Kilometer von Bonn entfernt reibungslos.
Für Adenauer war die Villa immer ein ganz besonderer Rückzugsort, wohin er viele Themen mitnahm, um diese in der Ruhe von Cadenabbia noch einmal mit verschiedenen Fachleuten zu besprechen, bevor er seine Entscheidung dazu bekannt gab. Die Idylle und der Geist von Cadenabbia bieten noch heute eine besondere Atmosphäre sowohl der Kreativität als auch der Muße.
Nach dem Tod Konrad Adenauers 1967 kaufte ein deutscher Straßenbau-Unternehmer und Adenauer-Fan die Villa La Collina und nutze das Anwesen ausschließlich für private Zwecke, bevor er es zehn Jahre später wieder zum Verkauf anbot.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung als Eigentümerin der Villa La Collina
Es lag auf der Hand, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung das Urlaubsdomizil ihres Namensgebers samt dem 2,7 Hektar großen Park 1977 erwarb. Damit verband sich ein Stück Denkmalpflege, aber nicht minder auch eine Chance, im Geiste Konrad Adenauers an einem Ort fortwirken zu können, der wie kaum ein anderer innere Einkehr und Intensität des gemeinsamen Gesprächs ermöglicht.
Das großzügige Anwesen sollte fortan vor allem der politischen Bildungsarbeit der Stiftung dienen. Allerdings zeigte sich, dass die Villa für größere Veranstaltungen zu klein war. Anfang der 1990er Jahre wurde daher ein zweites Gebäude unterhalb der Villa gebaut: die „Accademia Konrad Adenauer“, die sich behutsam in die gesamte Anlage einfügt. Durch diesen Erweiterungsbau können heute bis zu 61 Gäste aufgenommen werden.
In Zuge dieser räumlichen Erweiterung wurde auch das Nutzungskonzept erweitert. Stand inhaltlich bis dahin vor allem die deutsch-italienische Perspektive im Vordergrund, so wurde dieser Rahmen nun auf ganz Europa und darüber hinaus ausgedehnt. Und war die Villa La Collina zunächst ein Ort für die Treffen von politischer Prominenz, den man nur auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung besuchen konnte, so öffnete er sich nun: Seminare für Führungskräfte, Kongresse und Tagungen bis hin zu Urlaubern und Tagesbesuchern, die das Anwesen und die Villa als Ersatzkanzleramt kennenlernen wollten.
Die Kombination aus räumlicher Vergrößerung und konzeptioneller Erweiterung machte einen wirtschaftlicheren Betrieb der Anlage möglich. Die Villa La Collina ist heute von der Bundesrepublik als „Gedenkstätte von nationaler Bedeutung“ anerkannt. Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist Eigentümerin, für das laufende Geschäft ist eine eigene Betreibergesellschaft zuständig.
Politik, Kunst und mehr
Die Villa ist auch heute noch ein Ort der Abgeschiedenheit und der Arbeit, wie zu Adenauers Zeiten. Die Stiftung pflegt dieses Erbe und hält den Geist jener Jahre lebendig. Jährlich kommen etwa 2.000 Gäste, um in der besonderen Atmosphäre an Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung teilzunehmen und in deren Rahmen Analysen und Empfehlungen zu wichtigen politischen Themen zu erarbeiten.
Jährlich führt die Konrad-Adenauer-Stiftung in Cadenabbia etwa 70 bis 80 Konferenzen und Bildungsveranstaltungen durchgeführt. Nur beispielhaft seien hier einige Veranstaltungsreihen genannt:
Seit den 1980er Jahren finden in der Villa La Collina regelmäßig deutsch-britische Parlamentariertreffen mit britischen Konservativen und deutschen CDU-Politikern statt. Bei den Treffen geht es nicht um akademische Dispute, sondern um die tägliche Praxis der Politik. Dabei konnte die CDU, die damals unter Helmut Kohl erst seit kurzem die Regierung führte, durchaus von der schon längeren Regierungserfahrung der britischen Tories profitieren.
Seit Mitte der 1990er Jahre treffen sich einmal jährlich deutsche Bedienstete in internationalen Organisationen, aber auch wichtige Repräsentanten aus Wirtschaft und Politik in ungezwungener Atmosphäre, um Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Aktuelle Probleme werden dabei ebenso diskutiert wie Einblicke in den jeweils anderen Bereich gewährt.
Zusammen mit dem Think Tank „European Ideas Network“ (EIN) wird in Cadenabbia an gemeinsamen Strategien für alle europäischen Parteien aus dem Umfeld der Christlichen Demokratie gearbeitet. Für Themen wie den demografischen Wandel, Sicherheit und Außengrenzen der Europäischen Union werden Leitlinien entwickelt, die den Parteien als Hilfe für ihre eigene Politik dienen.
Regelmäßig finden in der Villa La Collina auch kleine und größere internationale Konferenzen statt. Schwerpunkte in den vergangenen Jahren waren u. a. das Baltikum, die Europäische Union, der Balkan und Afrika. Darüber hinaus geht es um so verschiedene Themenbereiche wie Entwicklungspolitik, „Good Governance“ und staatliche Reformen.
Seit 1995 ist Cadenabbia Ort der Autorenwerkstatt der Konrad-Adenauer-Stiftung. Jährlich, im Herbst, kommen in der Villa La Collina zwölf bis 15 Schriftsteller zusammen, um aus bis dahin unveröffentlichten Texten zu lesen und diese Arbeiten mit Kritikern, Germanisten und Politikern zu diskutieren. An den zwölf Werkstatt-Runden haben knapp 100 Autorinnen und Autoren mitgewirkt. Inspiriert durch das malerische Ambiente des Comer Sees sind eine Reihe von Gedichten, Prosastücken und Tagebuchaufzeichnungen entstanden, die in der vom Ehrenvorsitzenden der Adenauer-Stiftung, Ministerpräsident a. D. Bernhard Vogel, herausgegebenen Anthologie „Cadenabbia als literarischer Ort. Schriftsteller am Comer See“ (Münster: LIT Verlag, 2006, 185 S., 30 Abb., geb., 19,90 Euro) gesammelt vorliegen. Zu den Autoren gehören Elisabeth Borchers, Ulrike Draesner, Elke Erb, Thomas Hürlimann, Daniel Kehlmann, Hartmut Lange, Patrick Roth, Burkhard Spinnen, Arnold Stadler und viele andere.
Inzwischen ist Cadenabbia auch zum Treffpunkt von Bildenden Künstlern geworden, die durch den Else-Heiliger-Fonds (EHF) der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert wurden. Über die Grenzen der Kultursparten hinweg diskutieren sie gemeinsam mit Autoren, Komponisten, Galleristen, Museumsdirektoren, Journalisten, Festivalleitern über gesellschaftspolitisch relevante Fragestellungen – sei es die Frage nach Tabus in Kunst und Literatur oder das Verhältnis zwischen Kunst und Macht. Ob Autorenwerkstatt oder EHF-Werkstatt: Cadenabbia steht in vielfältiger und überzeugender Weise für den Begriff Gesprächskultur.
Darüber hinaus bietet die Stiftung in Cadenabbia auch staatsbürgerliche Seminare zur politischen Bildung an. Sie befassen sich mit der Nachkriegspolitik in Deutschland und Europa und richten ein besonderes Augenmerk auf das Wirken Konrad Adenauers.
Als europäische Begegnungsstätte, als Kreativwerkstatt für Literaten und Künstler und nicht zuletzt als Tagungsstätte ist die Villa La Collina längst ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Anders als man es vielleicht erwarten mag, werden wir die Villa nie in ein klassisches Luxushotel im Sinne der Zimmerausstattung umwandeln, da sie auch zu Zeiten Konrad Adenauers entsprechend seinen Vorstellungen sehr bescheiden ausgestattet war. Im Gegensatz zur klassischen Hotellerie versuchen wir heute in der Villa La Collina vielmehr die außergewöhnliche Geschichte und die großzügige Beschaffenheit des Anwesens mit dem Ambiente eines privaten Gästehauses zu verknüpfen und das italienische Dolce Vita mit der deutschen Organisation und Zuverlässigkeit zu einem besonderen Gesamterlebnis zu verschmelzen.
Die Villa La Collina ist für Gäste von März bis November eines jeden Jahres geöffnet.