Eine Woche vor dem Start in das neue Schuljahr in Niedersachsen diskutierten wir zum Thema „Schulalltag in Zeiten von Corona“ mit Christel Bartelemi, Bildungspolitische Sprecherin des CDU Landesverbandes Oldenburg und Linda Hüllmann, Lehrerin am Adolphinium Gymnasium Vechta.
Wie sah der Schulalltag vor den Ferien aus? Wie ging es in den „Lockdown“? Wie verlief Homeschooling? Und wie geht es nun nach den Ferien weiter? Frau Hüllmann berichtete im Rahmen unserer Online-Veranstaltung, die via Zoom gestreamt wurde und später als geschnittenes Video auf der Facebook-Seite der KAS-Weser-Ems zu sehen ist, welche Erfahrungen Sie als Lehrerin in den letzten Monaten gemacht hat. Ihre Schule sei, im Vergleich zu vielen anderen Schulen im Land Niedersachsen, technisch sehr gut ausgestattet gewesen, sodass ein Übergang vom Präsenzunterricht in den „Lockdown“ vergleichsweise gut funktionierte. Ihre Schülerinnen und Schüler hatten bereits eine eigene E-Mail-Adresse, es gab eine E-Learning-Plattform und es gab eine Bereitschaft zum Lernen. Natürlich gab es auch einige Probleme, wie die Bereitstellung von mehreren Endgeräten in größeren Familien mit mehr Kindern. Frau Bartelmei berichtete darauf von Ihrer Erfahrung als Kreisvorsitzende der CDU in Friesland. Als Politikerin auf der kommunalen Ebene sei man sehr dicht dran an den Schulen, da entweder die Gemeinden oder die Kreise die Trägerschaft für die Grundschulen bzw. die weiterführenden Schulen übernehmen. So gab es engeren Kontakt zu den Schulen im Kreis, die je nach Technikstand sich mehr oder weniger gut an den Corona-Schulmodus anpassen konnten. Viel hinge natürlich auch vom einzelnen Lehrkörper der Schule ab, ob die Lehrer technikaffin sind oder nicht, ob die Schule genügend Hardware habe und ob man als Lehrer oder Lehrerin die Schülerschaft erreiche. Als Politikerin stand sie in der Krisenzeit im engen Austausch mit den Schulen und den Kollegen auf Landesebene, aber auch, soweit es der Abstand zuließ, mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort.
Der Kultusminister des Landes Niedersachsen gibt als Leitmotiv für das neue Schuljahr 2020/2021 heraus, dass die aktuelle Planung auf der Basis von Normalität durchgeführt werde. Dieser Aussage widersprachen beide Referentinnen, da der Schulalltag auch nach den Ferien zwar ein Stück normaler wird, jedoch noch sehr weit entfernt vom Vor-Corona-Status sei. Frau Hüllmann berichtete zudem, dass es noch große Unklarheiten bei den Lehrerinnen und Lehrern geben würde, wie das neue Schuljahr durchgeführt wird. Vieles werde sich erst im Betrieb zeigen, ob die Schutzmaßnahmen wirksam sind und ob die Hygienekonzepte ausreichend seien. Basis der aktuellen Planungen seien die drei Szenarien:
A = Eingeschränkter Regelbetrieb: maximaler Präsenzunterricht an Schulen, Verzicht auf Mindestabstand, möglichst fest Lerngruppen, Jahrgänge als Kohorte, Erteilung des Pflichtunterrichts hat höchste Priorität. Bei Lehrermangel dürfen die Jahrgänge 7-13 einen Tag zu Hause Lernen, bei den Jahrgängen 1-6 soll das Lernen zu Hause vermieden werden. Lehrer müssen, da sie Kohorten-übergreifend arbeiten, Abstand zu den SuS halten
B = Schule im Wechselmodell: Kombination aus Präsenzunterricht und Lernen zu Hause, max. 16 Personen im Präsenzunterricht mit 1,5 Meter Abstand, schulischer Schichtbetrieb, Notbetreuung in Schulen reaktivieren
C = Quarantäne / Shutdown: Quarantäne für ganze Schulen/ Jahrgänge/ Klassen, Lernen ausschließlich von zu Hause
Hier werde momentan optimistisch mit dem Szenario A geplant, so Frau Bartelmei. Jedoch kann es lokal zu Abweichungen kommen, wenn es neue Corona-Infizierte an Schulen geben sollte. Im Falle von neuen Verdachtsfällen an Schulen gebe es eine enge Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsämtern, so die Kommunalpolitikerin.
Während der Diskussion gab es mehrere Fragen aus dem Online-Publikum. Hier wurden die Themen Exkursionen, der Schulweg und das Verhalten von Schülerinnen und Schülern außerhalb der Schule angesprochen. Exkursionen dürfen nach aktuellem Stand im begrenzten Rahmen wieder durchgeführt werden, so Linda Hüllmann, jedoch sollte hier behutsam geplant werden. Zudem seien Lehrerinnen und Lehrer dazu angehalten worden, die aktuellen Pandemie mit den Schülerinnen und Schülern ausführlich zu besprechen und auf die gängigen Verhaltensweisen auch außerhalb des Schulraumes hinzuweisen, sodass diese nachvollziehen können, dass „Corona-Partys“ nicht nur sie in Gefahr brächten, sondern auch ihr gesamtes Umfeld. Da Niedersachsen ein Flächenland sei, müssten viele Schüler mit dem Bus zur Schule fahren. Dies sei ein sehr komplexes Fahrplansystems, welches nur schwer auszubauen sei, sodass für den Weg zur Schule die gleichen Richtlinien wie in anderen öffentlichen Verkehrsmitteln gelten, so Christel Bartelmei.
Eine weitere Problematik an vielen Schulen sei, dass einige Lehrerinnen und Lehrer zu Risikogruppen gehören. Diese können mit ärztlichen Attest vom Präsenzunterricht befreit werden. Frau Hüllmann berichtet aus ihrer eigene Praxiserfahrung, dass diese Lehrerinnen und Lehrer für die Konzeption von Unterricht für ihre eigenen Klassen, die Korrektur von Arbeiten und der Gestaltung von Rahmenplänen etc. herangezogen werden.
Zum Abschluss blicken beide Referentinnen positiv in das neue Schuljahr und hoffen darauf, dass das Schuljahr relativ „normal“ durchgeführt werden kann. Jedoch sind es momentan noch große Einschränkungen, die einen Regelbetrieb, der mit dem Status Quo ante, kaum vergleichbar sei. Gleichwohl biete die aktuellen Pandemie aber auch die Möglichkeit neue Formen des Lernens und die Digitalisierung im Bildungssektor voranzutreiben.
Themen
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