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Exposé
In Katastrophensituationen wird die Ressource Zeit zu
einem teuren Gut, denn sie scheint abhanden gekommen
zu sein. Es bedarf immer unmittelbarer und sofortiger
Handlungen, und es bleibt keine Zeit, Werte und Grundsatzfragen
zu diskutieren. Hier geht es um das Ganze.
Jeder Griff, jeder Einsatz muss sitzen. Katastrophen sind
deshalb besondere gesellschaftliche Situationen. In ihnen
wird sichtbar, wie reibungslos das unmittelbare Zusammenleben
funktioniert. Hier zeigt sich, wie belastbar die
gesellschaftlichen Strukturen sind, wer Führungsqualitäten
besitzt und wer Führung benötigt. Hier wird auch sichtbar,
ob der soziale Kitt hält, der die Gesellschaft zusammenhält,
ob Wertvorstellungen tragen und ob jeder Einzelne
seine Aufgabe in der Gemeinschaft erkennt und sich dem
Ganzen unterordnet.
In der Veranstaltungsreihe „Die Katastrophe - Schicksal
oder Herausforderung“ werden individuelle Handlungsspielräume
an verschiedenen realen Szenarien ausgelotet.
Es soll geprüft werden, wo persönliche Verantwortung
beginnt und was passiert, wenn man sich rein passiv
verhalten würde. Um handlungsfähig zu sein, müssen in
gesellschaftlichen Stresssituationen Ordnungsstrukturen
klar definiert sein und Zustimmung erfahren.
Wem kommt in Ausnahmezuständen die Autorität zu,
Entscheidungen zu treffen, und wer hat diese verliehen?
Dürfen jene, die Entscheidungen getroffen haben, nach
der Krisensituation zur Rechenschaft gezogen werden,
wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt
und trotzdem Fehler begangen haben? Wie werden
Katastrophen gesellschaftlich aufgearbeitet? Welche Rolle
spielen im gesamten Prozess die Medien? Und was heißt
„Leben mit dem Risiko“?
Gerhart R. Baum (Jg. 1932) wurde in Dresden geboren, flüchtete jedoch mit seiner Familie nach dem Bombenangriff vom 13. Februar 1945 nach Köln. Baum studierte Rechtswissenschaft. Bereits 1954 trat er in die FDP ein, wo er von 1966 bis 1998 als Mitglied im Bundesvorstand agierte und als stellvertretender FDP-Bundesvorsitzender die Partei mehr als ein Jahrzehnt maßgeblich mitprägte. Baum gehört innerhalb der FDP dem linksliberalen Freiburger Kreis an. Als Mitglied des Deutschen Bundestages von 1972 bis 1994 gestalte er die Bundespolitik dieser Jahre mit. In den Jahren 1978 bis 1982 übernahm er zudem das Amt des Bundesministers des Innern. Neben seinem politischen Engagement war Baum immer wieder als Rechtsanwalt tätig, so hat Baum die Opfer des Ramstein-Unglücks (1988), die Angehörigen des Concorde-Unglücks (2000) und die russischen Zwangsarbeiter gegen die Bundesregierung vertreten.
Gerhart Baum wurde 2008 „wegen seines unermüdlichen Engagements zur Stärkung und Sicherung der Bürger- und Freiheitsrechte“ mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet. Baum ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Köln.