Der Blick auf die so genannten Entwicklungsländer ist häufig geprägt von den Ereignissen, die von den Medien aufbereitet werden. Ob diese Wahrnehmung bestimmten Mustern folge und was sie für die Entwicklungspolitik bedeute, untersuchten Bärbel Röben und Angelika Mendes am vierten Abend der Vortragsreihe „Globale Welt – Globale Aufgaben“.
Bärbel Röben ist Journalistin und Medienwissenschaftlerin. Ihrer Meinung nach nähme das Interesse der deutschen Bevölkerung an einem Land und damit auch die Klarheit des vermittelten Bildes ab, je weiter das Land entfernt wäre. Diese Entfernung müsse nicht nur geographisch bedingt sein, sondern liege vor allem in kulturellen Unterschieden oder nur schwachen Wirtschaftsbeziehungen begründet. Dieser Effekt würde verstärkt durch die „Nord-Süd-Einbahnstraße des Informationsflusses“: Die Knotenpunkte der medialen Welt lägen größtenteils auf der Nordhalbkugel, die sich damit für die wesentliche Informationsproduktion verantwortlich zeichneten.
Wer in den Fokus der Medienlandschaft gerate und was eine Nachricht wert sei, bestimme sich nach einer Fülle an „Nachrichtenfaktoren“. Dazu zählte Röben neben der politischen Nähe auch regionale Bezüge, strategische Interessen und ökonomische Aspekte. Die Globalisierung lasse ökonomische Kriterien bei der Auswahl der Nachrichten in den Vordergrund treten. Eigene Weltbilder, Werte, Interessen und Perspektiven spiegelten sich in den Nachrichten aus den Entwicklungsländern wider. „Klischeehafte und sensationslüsterne Bilder“ von Entwicklungsländern würden auch teilweise durch Entwicklungsorganisationen und den Trend zur Personalisierung von Nachrichtenmeldungen geschürt.
Angelika Mendes, seit Jahren im Ausland und in der Medienarbeit tätig, startete eine kurze Umfrage unter dem anwesenden Publikum: Die Abstimmung per Handzeichen ergab, dass zum einen das eigene Bild von Afrika hauptsächlich durch die mediale Aufbereitung vermittelt wird und zum anderen, dass negative Nachrichten über Afrika die Wahrnehmung dominierten. Der Kontinent Afrika, so Mendes, würde von den meisten noch immer als Stereotyp einer Entwicklungsregion aufgefasst. Die Berichterstattung über Afrika erfolge mit einem „monolithischen und monotypisierenden Blick“.
Ein grobmaschiges Korrespondentennetzwerk, ein „symbiotisches Verhältnis“ von Entwicklungsorganisationen und Medien sowie die starke Abhängigkeit der Berichterstattung von westlichen Ländern bestimmten die Nachrichtenauswahl. Diese Selektion verstelle den Blick auf die tatsächlichen Probleme. So sei zum Beispiel Hunger keine Naturkatastrophe, sondern in erster Linie politisches Versagen, dass angesprochen werden müsste.
Afrika sei ein dynamischer und heterogener Kontinent. Viele Länder wiesen seit Jahren kontinuierlich hohe Wirtschaftswachstumszahlen nach. Die Armut gehe weiter zurück. Daher empfänden es viele afrikanische Journalisten, die Mendes befragte, inzwischen als Zumutung, dass die Situation auf den afrikanischen Kontinent vereinfacht und verzerrt dargestellt würde. Nicht nur dies dränge Afrika in die Rolle eines „Fürsorgeobjekts“, sondern führe auch dazu, dass Afrika dieses Fremdbild nach und nach selbst übernähme.
Große Hoffnung setzte Mendes in neue Formen des Journalismus. Bürgerjournalisten, Blogger und Onlinemedien könnten eine detailgetreueres Bild zeichnen. Für die westliche Medienlandschaft wünschte sich Mendes höhere Qualität, mehr Ausgewogenheit, Sachlichkeit und Unabhängigkeit. Sowohl die Medien als auch die Medienkonsumenten müssten sich ihrer Verantwortung deutlicher bewusst werden.
Tagungsleiter: Friedemann Brause
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