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"Neu denken, um etwas Neues zu machen"

Prof. Dr. Michael Wolffsohn sprach in Freiburg über den Nahost-Konflikt

Impressionen von der gemeinsamen Veranstaltung der DIG und der KAS Freiburg am 23.4.2013 in Freiburg

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Seinen Ansatz zur Lösung des Nahost-Konfliktes präsentierte der Historiker, Publizist und emeritierte Professor der Universität der Bundeswehr München, Prof. Dr. Michael Wolffsohn, am 23. April in der Universität Freiburg. Den rund 130 Gästen gab er einen fundierten Einblick in die Lebensrealität vieler Ethnien im Nahen Osten, ehe er den Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt warf. Er beschrieb aktuelle Entwicklungen und rief beiden Seiten auf, sich an der „wirklichen Wirklichkeit“ zu orientieren. Eingeladen hatte das Bildungswerk Freiburg der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg.

Als nach dem zweiten Weltkrieg die globale Bewegung der Entkolonialisierung einsetzte, war die Prämisse, dass ein jedes Volk seinen eigenen Nationalstaat bekommen solle. Dass es dabei insbesondere im Nahen Osten zu massiven Fehlentwicklungen gekommen sei, zeigte Prof. Michael Wolffsohn in seinem Vortrag in der Universität Freiburg auf.

Anhand von Landkarten, die die ethnische Zusammensetzung in verschiedenen Staaten des Nahen Ostens darstellten, machte Prof. Wolffsohn einleitend deutlich, dass die geschaffenen „nationalen Kunstprodukte“ in der Zukunft keinen Bestand mehr haben würden. Durch die im Zuge der Entkolonialisierung errichteten zentralistischen Strukturen sei die Vorherrschaft eines Volkes in den jewiligen Nationalstaaten Gebieten zementiert worden. Staaten wie der Iran, Saudi-Arabien oder Syrien seien aber gespaltene Gesellschaften, in denen die verschiedenen kulturellen Akteure kein Interesse an einem gemeinsamen Staate hätten. Der einzig gangbaren Weg zur Beendigung von Unterdrückung und Konflikten in diesen und anderen Staaten des Nahen Osten sei daher die Auflösung der Zentralisierung durch die Institutionalisierung der Selbstbestimmung der unterschiedlichen Völkergruppen in föderativen Strukturen.

Anschließend lenkte Prof. Wolffsohn seinen Blick auf Israel und Palästina: Auch dort sei eine eindeutige territoriale Zuordnung der Ethnien in die Gebiete nicht immer möglich, und dies führe zu den Spannungen. So fühlten sich z.B. die Araber in Galiäa (die dort die Hälfte der Bevölkerung ausmachten) im Zuge der Radikalisierung des zwischenstaatlichen Konfliktes und des internationalen Terrorismus sowie der starken Fokussierung der israelischen Innenpolitik auf die religiösen Konflikte nicht mehr israelisch.

Die oftmals vorgebrachte Zwei-Staaten-Lösung sei zum Scheitern verdammt, so Wolffsohn, da sie letztendlich nur das Problem verschiebe und die Gefahr eines Bürgerkrieges intensiviere. Zudem könne keine Verbindung des Westjordanlandes und des Gazastreifens - mit welchen Mittel auch immer – geschaffen werden. Und so würden in Israel langsam die Rufe lauter, Alternativen zu den derzeitigen Grenzen und Strukturen zu schaffen.

Das "Rad der Geschichte" lasse sich nicht mehr zurückdrehen. Vertreibung und Gewalt seien keine Lösung. Stattdessen müsse ein neuer organisatorischer Überbau für die Selbstbestimmung der Volksgruppen geschaffen werden. Die Frage der territorialen Grenzen würden in einem solchen System unbedeutend.

Daher sei ein Weg einzuschlagen, der sich an der „wirklichen Wirklichkeit“ und nicht an der fiktionalen Realität der Nationalstaatlichkeit orientiere: Die Schaffung einer "Bundesrepublik Palästina-Jordanien". Dies sei deswegen naheliegend, da die Mehrheit der Bevölkerung in Jordanien palästinensisch sei. Da diese derzeit allerdings nicht die Gestaltungsmehrheit über das Königreich hat, sagte Prof. Wolffsohn eine „Palästinensierung“ Jordaniens voraus. Jedoch müssten im Zuge dessen nicht nur Palästinenser und Jordanier der Wahrheit in Auge schauen, sondern auch die Israelis: Das Westjordanland sei mehrheitlich palästinensisch, weswegen man es auch den Palästinensern zusprechen müsse. Der jüdische Staat befinde dann auf dem Gebiet der Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967.

Die große Mehrzahl der Israelis und der Palästinenser sei der ewigen Konflikte und Kriege müde. Die bisherigen Versuche, Frieden zu schaffen seien aus den genannten Gründen erfolglos geblieben. Seine "Friedensformel für Nahost", betonte Wolffsohn, sei kein "Wolkenkuckucksheim". Vor dem "Machen" müsse aber das "Denken" kommen.

In einem Schlusswort betonte Ursula Fiedler, Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg, dass Prof. Wolffsohn – der sich selbst als „deutsch-jüdischer Patriot“ bezeichnet – keine Feindschaft gegenüber den Palästinensern zum Ausdruck gebracht habe. Eine solche Umgangsform wünsche sie sich im gesamten Prozess hin zu der Lösung, die Prof. Wolffsohn vorgeschlagen habe.

Text und Bilder: Alex Schmidtke

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Thomas Wolf

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