Comptes-rendus d'événement
Nach der individuellen Anreise am 18. September begrüßte Tagungsleiter Stanislaus von Eichborn die Teilnehmer des Seminars im Hotel Graf von Mansfeld und stellte das Politische Bildungsforum Sachsen-Anhalt der Konrad-Adenauer-Stiftung kurz vor. Anschließend eröffnete Mathias Tullner mit seinem Vortrag „Das Ursprungsland der Reformation“ das Seminar. Dabei arbeitete er heraus, warum die Reformation gerade hier in Mitteldeutschland ihren Anfang genommen hat. Während die kirchlichen Missstände in anderen Regionen zwar genauso beklagt wurden, ergab sich aufgrund von speziellen machtpolitischen und universitären Konstellationen eine einmalige Situation, die den lutherischen Reformanstößen zu einem Einbruch in bestehende Ordnungen verhalf, der später nicht mehr unterdrückt werden konnte.
Am nächsten Tag ging es dann mit dem Bus zur Wartburg. Die Zeit nutzte von Eichborn für eine Einführung zum Leben und Wirken Martin Luthers. Anschließend wurde im Rahmen einer fachkundigen Führung die nationale Sonderausstellung: „Luther und die Deutschen“ auf der Wartburg besichtigt. Hier stand neben der Reformation an sich die Rezeptionsgeschichte in Deutschland durch die Jahrhunderte im Mittelpunkt. In Erfurt stand zunächst ein Gespräch mit der Ministerpräsidentin a.D. Christine Lieberknecht auf dem Programm. Sie stellte in ihrem Kurzreferat eine durchweg positive öffentliche Resonanz auf die „Lutherdekade“ fest. Andererseits hätten sich natürlich nicht alle Erwartungen der Kooperationspartner von Staat, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft erfüllt. Auch wenn sich durch das Jubiläum nicht alle Kirchen wieder mit Gläubigen füllten, bliebe doch festzuhalten, dass durch eine gewaltige Anstrengung aller Partner das Erbe der Reformation dauerhaft gesichert und für die Öffentlichkeit erschlossen werden konnte. Die anschließende sehr lebhafte Diskussion drehte sich dann auch insbesondere um die Frage „Erbe der Reformation versus Luthervermarktung“.
Den Abschluss bildete eine Führung durch das Augustinerkloster zu Erfurt. Im Zentrum standen hier die Geschichte der Augustiner-Eremiten und das klösterliche Leben, wie es zu Luthers Zeiten bestand und damit ihn geprägt hat. Auf der Rückfahrt schilderte der Tagungsleiter in seinem Vortrag „Geschichte am Wegesrand“ die historische Entwicklung Sachsen-Anhalts und Thüringens bis zur Reformation.
Der 20. September startete mit einem Stadtrundgang durch Eisleben und einer Führung durch Luthers Geburtshaus. Torsten Lange-Klemmstein erläuterte zunächst die historische Entwicklung der Stadt, die sich aus mehreren unterschiedlichen Stadtvierteln zusammensetzt. Darauf folgte eine detaillierte Beschreibung der Zustände zu Luthers Zeit, insbesondere hinsichtlich des Bergbaus. Die Führung endete mit einer Führung durch die Peter und Paul Kirche, in der Martin Luther getauft wurde.
Der Nachmittag begann mit einem Vortrag von Altbischof Prof. Axel Noack über „Die politischen Wirkungen der Reformation - Aspekte einer weltgeschichtlich bedeutenden Bewegung“. Dabei ging er sowohl auf die positiven (Gewissensfreiheit, Toleranz, Arbeitsethos), als auch auf die negativen (konfessionelle Zersplitterung zwischen Katholiken, Lutheranern, Reformierten etc., Religionskriege) Entwicklungen ein und hob hervor, dass insbesondere positive Wirkungen wie z.B. Toleranz erst in langen und leidvollen Kämpfen erreicht werden konnten.
Den Abschluss des Tages bildete eine Führung von Pfarrer Dr. Matthias Paul durch das Luthermuseum und die St. Georg-Kirche in Mansfeld. Schwerpunkte seiner Ausführungen bildeten zum einen die Geschichte der Grafen von Mansfeld und Ihrer Stadt insbesondere hinsichtlich des Bergbaus und der noch heute vorhandenen baulichen Hinterlassenschaften (Schloss Mansfeld, Kirche St. Georg mit repräsentativer Ausstattung). Zum anderen ging er auf die Lebensumstände der Familie Luther ein. Diese sind, dank äußerst ergiebiger archäologischer Grabungen, besonders anschaulich hinsichtlich Nahrung und Alltagsgegenständen im Museum dokumentiert.
Am 21. September gab Stanislaus von Eichborn auf der Fahrt nach Wittenberg unter dem Motto „Eine feste Burg ist unser Gott“ einen Einblick in das Schaffen Martin Luthers als Schöpfer des Gemeindegesangs. Nach einer Einleitung zur Rolle von Musik und Gemeindegesang vor der Reformation und Martin Luthers Neuerungen, widmete er sich dessen Schaffen. Dabei analysierte er zunächst anhand konkreter Beispiele die theologische Tiefe und sprachliche Kraft der lutherischen Texte und würdigte anschließend mit Hörbeispielen in der Fassung von Johann-Sebastian Bach Luther als Musiker.
In Wittenberg startete das Programm mit einer Führung durch die nationale Sonderausstellung zum Reformationsjubiläum „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“. Hier beeindruckte vor allem die Fülle an authentischen Zeugnissen aus der Zeit, die für diese Ausstellung weltweit zusammengestellt wurden. Das anschließende Gespräch mit Ministerpräsident a.D. Prof. Dr. Wolfgang Böhmer eröffnete dieser mit einem kurzen Rückblick auf sein Leben vor der Wende und sein Wirken als Parlamentarier, Minister und schließlich Ministerpräsident im Dienste des Landes Sachsen-Anhalt. Daran schloss sich eine lebhafte Diskussion an, die vor allem um die Themen Lutherdekade, Aufbau Ost und aktuelle politische Entwicklungen kreiste.
Am Nachmittag setzte sich das Besuchsprogramm mit einer fachkundigen Führung durch das Lutherhaus, das ehemalige Augustinerkloster und spätere Wohnhaus der Familie Luther fort. Anschließend wandelten die Gäste bei einem geführten Rundgang auf den Spuren Martin Luthers, Katharina von Boras, Melanchthons, Cranachs und vieler anderer Persönlichkeiten der Reformationsgeschichte durch Wittenberg. Eigene Schwerpunkte bildeten dabei der Besuch der Stadtkirche, dem Hauptpredigtort Luthers und die Schlosskirche, Ort des Thesenanschlags und Begräbnisstätte Luthersund Melanchthons. Auf der Rückfahrt ging Stanislaus von Eichborn in seinem Vortrag zu „Land und Leuten“ vor allem auf die Askanier, als ersten Markgrafen von Brandenburg und Kurfürsten von Sachsen-Wittenberg und die Ostkolonisation ein.
Zum Abschluss des umfangreichen Besichtigungsprogramms führte Torsten Lange-Klemmstein am 22. September zunächst durch die Kirche St. Andreas, dem Ort vor allem der letzten Predigten Luthers und einer bedeutenden Grablege der Grafen von Mansfeld. Anschließend erläuterte er in Luthers Sterbehaus die letzten Wochen und Tage Martin Luthers.
Das Seminar endete mit einem Vortrag von Prof. Dr. Héctor Wittwer zum Thema „Der Einfluss der Reformation auf die praktische Philosophie“. Dabei beleuchtete er, wie verschiedene Philosophen (Bodin, Hobbes, Kant, Locke und Rousseau) auf den durch die Reformation bedingten Verlust der religiösen Einheit bzw. den sich daraus ergebenden Konflikten reagierten und welche Auswege sie der Gesellschaft wiesen. Seine Ausführungen erhielten einen besonderen Reiz dadurch, dass er selbst bekennender Atheist ist und damit einen neuen Blickwinkel auf die Reformationsgeschichte eröffnete. Dies und sein interessantes Referat führten selbstverständlich zu einer sehr angeregten Diskussion.