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In Straßburg wird das von Frankreich, Deutschland und Belgien gebildete Eurokorps feierlich in Dienst gestellt

von Michael Hansmann
Die Gründung und der Ausbau des Eurokorps stellen einen grundlegenden Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik dar.

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Eurokorps, feierlicher Appell in Straßburg am 31. Januar 2013 © Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons CC-BY-SA 3.0.
Eurokorps, feierlicher Appell in Straßburg am 31. Januar 2013

Das aus einer deutsch-französischen Initiative hervorgegangene Eurokorps ist ein integrierter multinationaler europäischer Einsatzverband. Sein Hauptquartier befindet sich in Straßburg. Das Korps steht sowohl für militärische Einsätze unter Führung der EU als auch der NATO zur Verfügung. Mit Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Spanien beteiligten sich im Jahr 2013 fünf Staaten als Vollmitglieder am Eurokorps. Polen plant seinen Beitritt bis 2016. Weitere Staaten entsenden als assoziierte Länder Stabs- und Verbindungsoffiziere in das Hauptquartier: dies sind u.a. Griechenland, Italien, Österreich, Rumänien und die Türkei.

Die Gründung und der Ausbau des Eurokorps stellt einen grundlegenden Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik dar. Am 5. November 1993 wird das Eurokorps in Straßburg feierlich in Dienst gestellt.

 

Grundlagen

Während des deutsch-französischen Gipfeltreffens in Lille regen der französische Staatspräsident François Mitterrand und Bundeskanzler Helmut Kohl am 14. Oktober 1991 in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Europäischen Rates, den Niederländer Ruud Lubbers, die Aufstellung eines Europäischen Korps an.

Der Beschluss zur Gründung eines europäischen Truppenverbands in einer Stärke von etwa 60.000 Soldaten ergeht während des deutsch-französischen Gipfeltreffens am 22. Mai 1992 in La Rochelle. François Mitterrand und Helmut Kohl setzen damit ein Zeichen für die europäische Integration im Bereich der Sicherheitspolitik. Alle Mitglieder der Westeuropäischen Union (WEU), dem 1948 gegründeten und 2011 aufgelösten militärischen Beistandspakt west- und südeuropäischer Länder, erhalten das Angebot, sich an dem Verband zu beteiligen.

Wenige Wochen später wird im Rahmen des WEU-Gipfels in Bonn am 19. Juni 1992 die Petersberger Erklärung veröffentlicht. Die WEU wird darin als Verteidigungsarm der EU zur Stärkung der europäischen Pfeiler der NATO definiert. Auf dem Treffen des Ministerrates der WEU am 19. Mai 1993 bekräftigen die am Eurokorps beteiligten Staaten, dass sie das Eurokorps als „der WEU zugeordnete militärische Einheit“ ansehen.

Als Einsatzmöglichkeiten werden humanitäre Einsätze nach Naturkatastrophen oder Großschadensereignissen, friedenserhaltende oder friedenswiederherstellende Maßnahmen im Rahmen der UNO oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa benannt. Festgelegt wird auch, dass sich das Korps im Verteidigungsfall an einem Einsatz im Rahmen der NATO oder der WEU beteiligen kann.

Mit dem Ziel der Vertiefung der transatlantischen Bindungen werden am 21. Januar 1993 in einem Abkommen zwischen dem Obersten Alliierten Befehlshaber in Europa (SACEUR), dem deutschen Generalinspekteur der Bundeswehr und dem französischen militärischen Stabschef die Bedingungen für Einsätze des Europakorps innerhalb der NATO geregelt. Durch die Vereinbarung wird sichergestellt, dass der multinationale Einsatzverband, bei Wahrung seiner Besonderheiten, im Ernstfall problemlos in die Strukturen der NATO integriert werden kann.

2002 wird das Eurokorps in ein „schnelles Reaktionskorps“ umorganisiert, das sowohl der EU als auch der NATO zur Verfügung steht. Eine Bedingung für die Zertifizierung als Reaktionskorps der NATO ist, dass der Beitritt zum Eurokorps allen NATO- und EU-Staaten offensteht.

 

Aufstellung und Organisation

Noch während des politischen Prozesses zur Standortbestimmung des Eurokorps wird der Aufbau vorangetrieben. Bereits am 1. Juli 1992 nimmt in Straßburg der Aufstellungsstab seine Arbeit auf. Zum ersten Kommandeur des Eurokorps wird am 1. Oktober 1993 der deutsche Generalleutnant Helmut Willmann berufen. Nachdem Belgien am 25. Juni 1993 dem Eurokorps beitritt, erfolgt die offizielle Indienststellung des Verbands am 5. November 1993 durch die Verteidigungsminister Belgiens, Frankreichs und Deutschlands. Nach Abschluss einer ersten Übung in Laon am 29. November 1995 erklärt Helmut Willmann die Einsatzbereitschaft des Korps.

Das Eurokorps besteht permanent aus dem multinationalen Korpsstab in Straßburg sowie einer multinationalen Führungsunterstützungsbrigade. Als Truppenkern ist dem Verband die bereits 1989 gegründete Deutsch-Französische Brigade zugeordnet. Bei Bedarf werden dem Eurokorps Einheiten der Mitgliedsstaaten zugeteilt. Diese umfassen eine französische Division, eine deutsche Division, eine spanische Division, eine belgische Brigade sowie eine luxemburgische Aufklärungskompanie. Die genaue Zusammensetzung variiert jedoch. Somit ist das Eurokorps kein ständig vollpräsenter Verband.

Mit dem Straßburger Vertrag vom 26. Februar 2009 erhält das Eurokorps den Status einer eigenen Rechtspersönlichkeit, die diesen Verband einzigartig auf europäischer Ebene macht. Das Eurokorps kann eigenständig Verträge abschließen und sich vor Gericht selbst vertreten. Der Kommandeur ist quasi ein Unternehmer nach französischem Recht.

 

Einsätze

Seit seiner Gründung ist das Eurokorps an einer Vielzahl von Einsätzen beteiligt. 1998 unterstützt es das SFOR-Hauptquartier in Bosnien-Herzegowina, im Jahr 2000 wird es mit der Führung der sogenannten KFOR III-Mission im Kosovo betraut. Von 2004 bis 2005 ist das Eurokorps-Hauptquartier für die Führung der „ISAF VI“ Stabilisierungsmission in Afghanistan zuständig. 2012 erfolgt ein erneuter Einsatz in Afghanistan.

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