Veranstaltungsberichte
Während eines Forums mit dem Titel „Eine rechtsstaatliche Ordnung als Voraussetzung für Demokratie und Entwicklung im Nahen Osten“ stellte Pöttering den 150 geladenen Gästen im Hilton Hotel, darunter zahlreiche Parlamentarier, Botschafter und hochrangige Justizvertreter, das neue Regionalprogramm vor. Professor Dr. Ibrahim Najjar, früherer libanesischer Justizminister, hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für die Unabhängigkeit der Gerichte und die dazu notwendigen Reformen im Libanon.
Pöttering ermunterte die Juristen und Politiker des Libanon, aber auch diejenigen der Region Naher Osten / Nordafrika, anstehende Reformen beherzt anzugehen und bot die tatkräftige Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung an. Er betonte dabei die Bedeutung des Schutzes der Minderheitenrechte und blickte mit Sorge auf die Verfolgung von Christen in der Region. Für eine selbstbestimmte persönliche Entwicklung des Einzelnen sei die Gewährung von Freiheitsrechten unerlässlich. „Ein Rechtsstaat gewährt diese Freiheitsrechte“, hob Pöttering hervor.
Während seines Aufenthaltes im Libanon führte Pöttering auch politische Gespräche mit dem Präsidenten des Libanon, General Michel Sleiman, dem Sprecher des Parlamentes Nabir Berri sowie zahlreichen Regierungs- und Oppositionspolitikern. Darüber hinaus traf Pöttering mit dem Patriarchen der maronitischen Kirche, Kardinal Bechara Rai, zusammen. Im Zentrum der Gespräche standen dabei die Überwindung der politischen Krise im Libanon sowie die schwierige Situation des kleinen Landes, verschärft auch durch die Aufnahme mehrer hunderttausend syrischer Flüchtlinge.
Mit der Eröffnung des Rechtsstaatsprogramms Naher Osten / Nordafrika mit Sitz in Beirut kommt die Konrad-Adenauer-Stiftung dem großen Bedarf an Rechtsstaatsberatung in der Region nach, der sich durch die Ereignisse des „Arabischen Frühlings“ noch verstärkt hat. Das Programm umfasst dabei drei Subregionen. Alle Programmländer befinden sich in einem Transformationsprozess, weisen dabei Gemeinsamkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede auf. Der Maghreb ist von einer französischen Rechtstradition geprägt und nach wie vor sprachlich und politisch französischem Einfluss ausgesetzt. Die Levante bzw. der arabische Osten (arab. "Mashrek") umfasst die palästinensischen Autonomiegebiete, Jordanien und Libanon (sowie Syrien und Irak). Auch diese Staaten teilen spezifische historische, politische und rechtliche Gemeinsamkeiten. Ägypten wird zum Mashrek gezählt. Die Golfstaaten schließlich haben (abgesehen vom Jemen) in der Region den höchsten Grad an regionaler Kooperation erreicht und teilen eine Reihe gemeinsamer rechtspolitischer Strukturen und Erfahrungen. Israel und die Türkei sowie der Iran sind zumindest vorläufig nicht Einsatzländer des Rechtsstaatsprogramms.
Einige Themen, die für das Rechtsstaatsprogramm eine Rolle spielen werden, umfassen auf regionaler Ebene die Fragen nach säkularen bzw. islamischen Rechtsordnungen, nach der Rechtskultur sowie nach Defiziten beim Grundrechtsschutz und bei der Verfassungsgerichtsbarkeit.
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