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Hans-Joachim von Merkatz, Portrait. (Quelle: Peter Bouserath/KAS-ACDP) Hans-Joachim von Merkatz, Portrait. (Quelle: Peter Bouserath/KAS-ACDP) © (Quelle: Peter Bouserath/KAS-ACDP)

Hans-Joachim von Merkatz

Jurist, Bundesminister, Honorarprofessor Dr. jur. 7. Juli 1905 Stargard/Pommern 25. Februar 1982 Bonn
von Thilo Ernst Pries

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Herkunft und Kindheit

Hans-Joachim Benno Hermann Gustav Oskar von Merkatz, so sein vollständiger Geburtsname, kommt am 7. Juli 1905 als ältestes Kind des preußischen Hauptmanns Benno Rudolf Paul von Merkatz und seiner Ehefrau Amely, geborene Schneider, in Stargard/Pommern auf die Welt. Der Adelstitel, den seine Familie trägt, wurde seinem Urgroßvater, dem preußischen Generalmajor Karl Wilhelm Rudolf Pfendner von Merkatz, am 25. Dezember 1797 zugesprochen.

Merkatz hat zwei Geschwister, seine jüngere Schwester Leoni Irma verstirbt jedoch bereits ein Jahr nach ihrer Geburt im Oktober 1908. Sein Bruder Herbert wird am 19. Juli 1909 geboren.

Nach dem frühen Tod der Schwester muss die Familie 1915 einen weiteren schweren Verlust verkraften, als der Vater während des Ersten Weltkriegs an der Ostfront fällt. Die Mutter ist fortan alleinerziehend, Hans-Joachim muss deshalb schon früh in der Familie Verantwortung übernehmen.

 

Schule und Studium

Seine Schulzeit verbringt Merkatz an Gymnasien in Wiesbaden und Jena sowie an der Staatlichen Bildungsanstalt in Naumburg an der Saale. Es folgen eine landwirtschaftliche Ausbildung sowie ein Studium der Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Jena und München, das er 1931 mit dem Referendarexamen abschließt. Von 1931 bis 1935 absolviert Merkatz den juristischen Vorbereitungsdienst. 1934 wird er mit einer Arbeit zum Thema „Politische Entwicklung und rechtliche Gestaltung der Ministerverantwortlichkeit“ zum Dr. jur. promoviert.

 

Familie und Berufsleben

1937 heiratet Merkatz Margarete Müller, die fünf Jahre jüngere Tochter eines Gutsbesitzers. 1939 und 1943 kommen die beiden Kinder Monika und Angelika zur Welt. Seine erste berufliche Anstellung findet er 1935 als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches Recht und Völkerrecht in Berlin. 1938 wechselt er zum Ibero-Amerikanischen Institut, dessen Generalsekretariat er bis 1945 leitet.

 

Krieg und Flucht

Kurz nach seinem Amtsantritt als Generalsekretär des Ibero-Amerikanischen Instituts wird Merkatz 1939 zum Kriegsdienst eingezogen, 1941 jedoch aufgrund einer schweren Erkrankung als dienstuntauglich entlassen. Als das Ende des Zweiten Weltkriegs naht, flieht er mit seiner Familie über Schleswig-Holstein nach Hämelschenburg in Niedersachsen. Seine Schwiegereltern werden von sowjetischen Soldaten in Wusterwitz (Brandenburg) ermordet. 1946 findet der Flüchtling eine Anstellung als Sachbearbeiter an der Akademie für Raumforschung und Landesplanung in Hannover.

 

Parteipolitisches Engagement nach 1945

Zunächst ohne Aussicht auf eine Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Karriere tritt Merkatz 1946 in die Dienste der Niedersächsischen Landespartei (NLP) ein. Für die NLP ist er als Rechtsberater tätig. Mit dem Einzug der NLP in den Niedersächsischen Landtag 1947 wird Merkatz Fraktionssekretär und ein Jahr danach wissenschaftlicher Mitarbeiter der Parteivertreter im Parlamentarischen Rat.

Nachdem das Land Niedersachsen 1946 von der britischen Militärregierung gegründet wird, ist das zentrale Ziel der NLP erfüllt. Mit der Neugründung der Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hessen erfolgt eine Umbenennung in Deutsche Partei (DP).

Merkatz gehört bis 1961 zu den prägenden Politikern der nationalkonservativ ausgerichteten DP. Das Programm der Partei umfasst das Bekenntnis zum Föderalismus und einen strikten Antisozialismus. Die Entnazifizierungsmaßnahmen der Besatzungsmächte lehnen die Vertreter der DP ab, Merkatz selbst bezeichnet den Prozess der Entnazifizierung als „Hexentreiben“. Wichtig sind ihm der Erhalt traditioneller Werte wie Familie, Heimat und Nationalgefühl und das Engagement für die Wiedervereinigung. Da nach seiner Überzeugung jedoch nur ein starkes Europa einen dauerhaften Frieden garantiert, unterstützt er die Politik der europäischen Einigung Konrad Adenauers.

Merkatz ist von 1952 bis 1960 Mitglied des Direktoriums der DP, von 1953 bis 1955 Vorsitzender der DP-Fraktion im Deutschen Bundestag und seit 1955 stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei.

 

Deutscher Bundestag

Schon bei der ersten Bundestagswahl 1949 zieht Merkatz als direkt gewählter Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein. Die DP bildet nach der Wahl eine Koalition mit der CDU/CSU und der FDP. Das Bündnis verfügt über eine knappe absolute Mehrheit und wählt Konrad Adenauer zum ersten Bundeskanzler. Merkatz wird auch in beiden darauffolgenden Wahlen erneut direkt gewählt. Er wird zunächst Staatssekretär im Bundesministerium für Bundesratsangelegenheiten (1949–1952). Mit der Übernahme des Ministeramtes für Angelegenheiten des Bundesrates, das er von 1955 bis 1962 bekleidet, erreicht seine politische Karriere ihren Höhepunkt. Er übernimmt in der Folgezeit vertretungsweise das Amt des Bundesjustizministers (1956–1957) sowie das Amt des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (1960–1961).

Nach dem Ausscheiden aus dem Kabinett im Jahr 1961 behält er zwar sein Bundestagsmandat, spielt jedoch in Bonn keine gestaltende Rolle mehr.

 

Übertritt zur CDU

Bei den Bundestagswahlen 1953 und 1957 verzichtet die CDU in einigen Wahlkreisen auf Direktkandidaten, um der DP Wahlhilfe zu geben und Direktmandate zu überlassen. Aufgrund der Fünf-Prozent-Klausel können nur auf diese Weise Abgeordnete der DP in den Bundestag einziehen und eine Fraktion bilden. Diese unterstützt im Gegenzug die Politik Konrad Adenauers, der die DP damit wiederum an die CDU bindet.

Das Verhältnis zwischen beiden Parteien kühlt sich jedoch im Laufe der Jahre merklich ab. Gespräche über eine Angliederung an die CDU verlaufen ergebnislos. Führende Kreise der DP fordern, die politische Unabhängigkeit von der Union zu erhalten. Der Vorsitzende Heinrich Hellwege will eher Ministerämter als die Selbstständigkeit der DP aufgeben. Merkatz hingegen sieht die Deutsche Partei als nicht stark genug an, um ohne die Wahlhilfe der CDU auf Bundesebene bestehen zu können. Die Ergebnisse der Bundestagswahlen 1953 und 1957, bei denen der Zweitstimmenanteil der DP jeweils weniger als fünf Prozent beträgt, bestätigt seine Ansicht. Zudem wird die Partei durch anhaltende innere Machtkämpfe geschwächt.

Auf dem Zenit seiner politischen Laufbahn, aber unzufrieden mit seiner Partei, verlässt Hans-Joachim von Merkatz die DP am 1. Juli 1960 zusammen mit acht weiteren Abgeordneten. Im Bundestag verliert die DP damit ihren Fraktionsstatus. Merkatz begründet seinen Schritt in der Schrift „Unser Weg in die Union“ von 1961 damit, dass nicht er sich verändert habe, sondern die Deutsche Partei. Am 24. August 1960 tritt er in die CDU ein. Sein Ministeramt kann er zwar nicht behalten, zieht jedoch 1965 für die CDU und erneut als direkt gewählter Abgeordneter seines Wahlkreises in den Bundestag ein.

 

Wissenschaft, Gesellschaft und Europa

Noch während seiner politischen Laufbahn übernimmt Merkatz 1966 eine Honorarprofessur für staats- und völkerrechtliche Probleme der Europäischen Integration an der Universität Bonn, die er bis 1972 bekleidet. Darüber hinaus nimmt er zahlreiche Ehrenämter wahr, die wichtigsten hierunter sind die Präsidentschaft des Ostdeutschen Kulturrats (1958-1979), der Vorstandsvorsitz des Welthungerhilfe e.V. (1965-1968), sowie der Vorsitz der Paneuropa-Union (1967-1979).

Das Engagement für die europäische Einigung ist für Merkatz von besonderer Bedeutung, da er es als zentrale Aufgabe konservativer Politik ansieht, das gesamteuropäische Kulturerbe zu pflegen und zu stärken. Weil er sich dafür einsetzt, Frieden und Stabilität in Europa auf Grundlage christlicher Werte zu sichern, unterstützt er auch die Politik der europäischen Einigung Konrad Adenauers. An seinen politischen Ämtern in den 1950er Jahren wird dies deutlich: Von 1951 bis 1958 ist Merkatz Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats, von 1952 bis 1958 Mitglied der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Seine frühe aktive Mitarbeit in europäischen Fragen lässt sich auch an seiner Mitgliedschaft in der Verfassungskommission und der ad-hoc Versammlung zur Ausarbeitung der Statuten einer Europäischen Politischen Gemeinschaft in den Jahren 1952 bis 1953 ablesen.

Merkatz stirbt am 25. Februar 1982 an Herzversagen.

Lebenslauf

  • 1928–1931 Studium Jura und Nationalökonomie in Jena und München
  • 1934 Promotion in Jena
  • 1935–1938 Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches Recht und Völkerrecht Berlin
  • 1938–1945 Generalsekretär des Ibero-Amerikanischen Instituts Berlin
  • 1939–1941 Kriegsdienst (wegen Krankheit entlassen)
  • 1946–1949 Mitarbeiter der Niedersächsischen Landespartei/Dt. Partei (DP)
  • 1949–1969 MdB
  • 1953–1955 DP-Fraktionsvorsitzender
  • 1955–1962 Bundesratsminister
  • 1956/57 auch Bundesjustizminister
  • 1960-61 auch Bundesvertriebenenminister
  • 1960 Übertritt zur CDU
  • ab 1966 Honorarprofessor in Bonn
  • 1967–1979 Präsident der Paneuropa-Union.

 

Veröffentlichungen

  • Politische Entwicklung und rechtliche Gestaltung der Ministerverantwortlichkeit (Dissertation). Quakenbrück 1935.
  • Politik im Widerstreit. München 1957.
  • Die konservative Funktion. München 1957.
  • Unser Weg in die Union. Hannover 1961.
  • Die politischen Pflichten und Rechte des deutschen Beamten. Baden-Baden 1962.
  • In der Mitte des Jahrhunderts. Politische Lebensfragen unserer Zeit, München 1963.
  • Aus den Trümmern wurden Fundamente. Vertriebene, Flüchtlinge Aussiedler. Drei Jahrzehnte Integration, Düsseldorf 1979.

 

Literatur

  • Nahm, Peter Paul: Im Dienst für Politik und Kultur, in: Kultur und Politik. Im Spannungsfeld der Geschichte, hrsg. von Peter Paul Nahm, Bielefeld 1975.
  • Nathusius, Ingo: Am rechten Rand der Union. der Weg der Deutschen Partei bis 1953. Mainz 1992.
  • Strelow, Heinz-Siegfried: Konservative Politik in der frühen Bundesrepublik. Hans-Joachim von Merkatz (1905-1982), in: Konservative Politiker in Deutschland. Eine Auswahl biographischer Porträts aus zwei Jahrhunderten, hrsg. von Hans-Christof Kraus, Berlin 1995

 

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