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Enrichment, Beschleunigung, Inklusion

Hochbegabte Kinder richtig fördern

Es ist nicht bekannt, über welchen IQ der frisch gekürte Chemie-Nobelpreisträger Stefan Hell verfügt. Fakt ist aber, dass seine offenkundige Hochbegabung schon früh von der Konrad-Adenauer-Stiftung erkannt worden ist, und sie ihn daher mit einem Stipendium förderte. Nach streng wissenschaftlichen Kriterien beginnt eine Hochbegabung bei einem IQ von mindestens 130. In Deutschland ist das bei zwei Prozent der Bevölkerung der Fall, also bei etwa zwei Millionen Menschen. Oder anders ausgedrückt: Von 1.000 Kindern sind statistisch 20 hochbegabt.

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Das ist ein Schatz, den es zu heben gilt, wenn Deutschland auch zukünftig Nobelpreisträger hervorbringen will. Denn Intelligenz ist zwar ein guter Prädiktor aber noch lange kein Garant für geniale Leistungen, wie Prof. Dr. Miriam Vock jetzt bei einer Neuauflage der Reihe „ZukunftsBlicke“ erklärte. Hierfür, so hat die Forschung herausgefunden, sind andere Faktoren maßgeblich, wie zum Beispiel die Entwicklung der Persönlichkeit des Hochbegabten oder sein soziales Umfeld.

In St. Afra, der berühmten Fürstenschule, sind die Hochbegabten daher unter sich. In der Gemeinschaft und im täglichen Miteinander lernen insgesamt 300 Schüler Dinge, die weit über den Unterricht hinausgehen und ihnen in ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung gut tun. Die Motivation wird ständig hochgehalten, auf individuelle Interessen wird eingegangen, neue Reizpunkte werden gesetzt, erläuterte Leiterin Dr. Ulrike Ostermaier das Konzept. Mit Erfolg: Viele ihrer Schüler erzielen einen Notenschnitt von 1,0 und besser.

Unter sich, in sogenannten Schnellläuferklassen, sind auch die 60 Hochbegabten eines jeden Jahrgangs des Otto-Nagel-Gymnasiums in Berlin-Biesdorf, das aber auch „normalen“ Schülern offensteht. Die Schnellläufer haben ihr Regel-Pensum so zügig durch, dass sie die achte Klasse überspringen und zudem noch Zeit für zusätzliche Kurse und Projekte bleibt. In kleineren Lerngruppen, außerhalb des Klassenverbands, vertiefen die Schüler Themen nach individuellen Interessen. Mehr als die Hälfte verlässt die Schule mit einem Einser-Abi in der Tasche, wie Schulleiter Lutz Seele stolz berichtete.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt die Idee der Inklusion. Hierbei werden ganz gezielt Schüler mit unterschiedlich hohen IQs zusammen unterrichtet. Damit die Schlauen dabei nicht dümmer werden, ist ein differenziertes Lernangebot notwendig sowie Lehrer, die auf die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Schüler eingehen können. Andernfalls, so Prof. Dr. Miriam Vock, stelle „die Inklusion ein Risiko für Hochbegabte“ dar.

Egal welcher der drei beschriebenen Wege auch eingeschlagen wird, wichtig ist, dass hochbegabte Kinder als normal in ihrer Besonderheit anerkannt werden. Die „Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind“ mit ihrem Präsidenten Hans-Ulrich Greiner hat sich daher zur Aufgabe gemacht, solche Kinder zusammenzubringen. Sie sollen erfahren, dass sie mit ihrer Einzigartigkeit nicht alleine sind. „Das motiviert sie zu neuen Leistungen“, so Greiner.

Unter den insgesamt etwa 800 Nobelpreisträgern sind übrigens nur 40 Frauen. Daraus zu folgern, unter Männern gebe es mehr Hochbegabung ist aber falsch. Vielmehr kämpfen gerade junge Mädchen, die schon früh überdurchschnittliche Leistungen zeigen, mit dem weit verbreiteten Vorurteil, dies sei allein auf ihren Fleiß zurückzuführen. Dank der unterschiedlichen guten Fördermöglichkeiten wird es wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Deutschland sich auch mal wieder über eine NobelpreisträgerIN freuen kann.

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