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Veranstaltungsberichte

Grenzen und die Idiotie der Ideologie

Ein musikalisch-literarischer Abend mit Matthias Gehler

Manchmal spöttisch, ab und zu sarkastisch, immer mit hoffnungsvollem, positivem Unterton und nie wütend oder grollend sind seine Musik und seine Texte: Der Liedermacher Matthias Gehler hat nach fast einem Vierteljahrhundert seine Gitarre wieder hervorgeholt und blickte jetzt auf die Vergangenheit und die Gegenwart. Um den „Gedanken Flügel zu verleihen“, las er aus seinen Erinnerungen, spielte auf der Gitarre und sang dazu.

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Der Blick in die Vergangenheit richtete sich hauptsächlich auf die ideologische Verblendung in der DDR. Melancholisch kritisierte Gehler die starren, realitätsfernen Haltungen von Parteigenossen, wenn er dichtete: „Wir gossen Fundamente und mauerten uns ein, und sind dann ganz am Ende doch ganz aus Stein.“ Auch Tiermetaphern über die Engstirnigkeit fanden sich in seinen Reimen wieder und ließen das Publikum schmunzeln: „Spatzenphilosohpie: Den Sinn der Vielfalt begreifen sie nie.“

In seinen Liedern und Texten berichtet Gehler über Menschen, Schicksale, Selbstreflektion und verborgene Perfektion – und wandte sich damit gegen den Schönheitswahn der Gegenwart. Manchmal muss man einfach die Perspektive wechseln, meint er, wenn er fragt: „Warum streicht man Falten mit Farbe glatt, wenn sie längst schon Gemälde sind?“

„Wenn er wählt, ist er frei“, sang Gehler über den Tod. Traurig transportierten seine Worte die Unnachgiebigkeit des Gevatters, der vor niemandem Halt macht, nicht vorhersagbar ist und sich am Ende nicht beeinflussen lässt. Doch zugleich wirkten seine Zeilen auch befreiend. Denn sie überzeugten, dass Widerstand keinen Sinn macht: Diese letzte Grenze muss jeder Mensch früher oder später überschreiten, ob er will oder nicht.

Auch andere Grenzen müssen Menschen überschreiten, wenn auch sehr weltliche: In einem seiner neuesten Lieder plädiert Gehler für mehr Menschlichkeit in der Flüchtlingskrise. Es ist ein Song mit starkem Bibelbezug. Ein Lied des Glaubens und ein Appell an die grenzenlose christliche Nächstenliebe.

Und genauso lässt sich die Atmosphäre des Abends zusammenfassen: Trotz der Themen, die eher die Schatten- denn die Lichtseiten des Lebens widerspiegelten, schaffte es Gehler mit einer bildhaften Sprache und einem weitsichtigen Blick auf nahegehende Schicksale, dass man als Zuhörer den Fokus auf die Hoffnung legte, statt aufzugeben. Witzige Wortspiele lockerten immer wieder auf, süffisante Kommentare sorgten für Lacher. Doch stets war die Kritik an den Grenzen in der Welt und in den Köpfen deutlich.

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