Asset-Herausgeber

Einzeltitel

Justizreform vor der Entscheidung

Justizminister gerät unter Druck

Das Kernstück der Reformvorhaben, die Justizreform, wird in wenigen Tagen im Parlament zur Abstimmung gestellt. Es gibt viel Widerstand.

Asset-Herausgeber

Die Reform wurde in mehreren CVM-Berichten der EU-Kommission angemahnt, weil es für die EU offenkundig scheint, dass weite Teile des Justizsystems nicht dem Recht, sondern anderen Interessen dienen. Die Reform gilt daher als ein zentrales Element für eine bessere Entwicklung Bulgariens, weil eine funktionierende, unabhängig handelnde Justiz Voraussetzung ist für das Vertrauen der Bürger in den Staat und für das Vertrauen von Investoren sowie zur Verminderung von Korruption und Nepotismus.

Justizminister Hristo Ivanov (Reformblock) stellte Ende Mai die Eckpunkte der Reform vor, um die „jahrzehntelangen, dubiosen Praktiken im Justizsystem“ zu beseitigen, welche das Image der Justiz herabwürdigten und ihre Arbeit behinderten.

Im Wesentlichen betreffen sie Änderungen in der Organisation des Obersten Justizrats (OJR). Dieses Gremium regelt beinahe alle Belange im Justizsystem inklusive der Personalentscheidungen.

Die Nachwendeverfassung gibt dem OJR gegenüber der Politik eine unabhängige Stellung, was auf die Diktaturerfahrung in kommunistischer Zeit zurückzuführen ist, in der die Justiz ein politisches Instrument war.

Die Reform sieht vor, dass der OJR in zwei Kammern, die der Richter und die der Staatsanwälte aufgeteilt wird; jede der Kammern soll die Belange der jeweiligen Berufsgruppe regeln. Das „Plenum“ des OJR soll aus allen Mitgliedern bestehen. Es soll Entwürfe zum Budget dem Parlament einreichen und den Immobilienbesitz des OJR verwalten. Ferner soll das Gremium die Ernennung oder Entlassung der bedeutenden Posten des Generalstaatsanwalts, des Vorsitzenden des Obersten Kassations-Gerichtshofes und des Obersten Verwaltungsgerichts vorschlagen dürfen, wobei das Abstimmungsverhalten nicht geheim bleiben soll. Der Direktor der Nationalen Ermittlungsbehörde, einer Einheit ermittelnder Polizeibeamter, soll vom Plenum abhängig sein.

Fünf Richter sollen vom Parlament, sechs von der Vollversammlung der Richter ernannt werden dürfen; die beiden Vorsitzenden der o.a. hohen Gerichte sind qua Amt Mitglieder.

Die Kammer der Staatsanwälte soll aus elf Mitgliedern bestehen, sechs sollen vom Parlament und vier von der Vollversammlung der Staatsanwälte gewählt werden. Der Generalstaatsanwalt ist qua Amtes Mitglied.

Zur Umsetzung der Reform bedarf es einer Verfassungsänderung, für die 160 der 240 Mitglieder des Parlaments stimmen müssten. Die Regierung verfügt lediglich über maximal 138 Stimmen.

Die Sozialisten (40) und die Partei der ethnischen Türken DPS (35) haben angekündigt, ihre Zustimmung zu verweigern. Die Opposition sieht in den Vorschlägen lediglich ein Instrument, das der Regierung mehr Einfluss und Kontrolle auf den OJR und damit die Justiz geben soll.

Erstaunlich ist, dass die Verfassungsänderungen im Rechtsausschuss des Parlaments am 7. Juli nicht einmal die einfache Mehrheit bekamen (5 ja, 6 nein) . Am 15. Juli soll über die Verfassungsänderung im Parlament abgestimmt werden.

Unterdessen gerät Minister Ivanov unter massiven Druck des OJR. Er hatte behauptet, Richter würden den OJR dazu benutzen, mit Gerichtsverfahren zu handeln. Der OJR forderte gestern (9. Juli) den Rücktritt des Ministers, der eine Art „sozialistische Revolution“ versuche. Premierminister Borissov stellte sich gestern hinter seinen Minister und die Reform.

Generalstaatsanwalt Zazarov, der dem Minister gegenüber kritisch eingestellt ist und die Reform anscheinend ablehnt, äußerte sich bei BTV (privater landesweiter TV-Sender) unter Berufung auf Äußerungen von Richtern, dass die Regierung eine „politische Säuberung“ vorhabe und die Justiz „unterjochen“ wolle.

Die Reform betrifft nicht die Stellung des Generalstaatsanwalts, aber es ist offensichtlich, dass sein informeller Einfluss auf den OJR durch die o. a. Aufteilung in Richter und Staatsanwälte deutlich geschmälert würde.

Alldieweil ordnete die Sofioter Staatsanwaltschaft eine polizeiliche Untersuchung im Justizministerium an, weil die öffentliche Ausschreibung von Klimaanlagen angeblich fehlerhaft gewesen sei.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber