Veranstaltungsberichte
Model United Nations-Konferenzen (MUN) gibt es weltweit. Auch in der VR China erfreut sich dieses Simulationsspiel zur globalen Politik bei Schülerinnen und Studierenden zunehmender Beliebtheit. Der Vorteil eines solchen Formates ist es, dass die Delegierten sich mit den Verfahrensweisen von Konferenzen der UN vertraut machen können. Neben der Fähigkeit im Debattieren und Verhandeln werden umfassende inhaltliche Kenntnisse zu wichtigen globalen Themen erarbeitet.
Deshalb hat die KAS Shanghai dieses Jahr erstmalig zu einer KAS MUN Konferenz 2013 in Xiamen eingeladen. Die "Länder" wurden dabei durch je einen internationalen und einen chinesischen Studierenden vertreten.
Zur Vorbereitung auf die Konferenz hatten sich die Delegationen bereits intensiv mit dem Konferenzthema auseinandergesetzt und sogenannte Position Papers eingereicht. Diese stellen die Verhandlungsposition des jeweiligen Landes sowie Handlungsvorschläge und Lösungsansätze dar.
Hier zeigte sich schon, dass die Ausgangspunkte der einzelnen Länder höchst unterschiedlich waren, unter anderem auf Grund der unterschiedlichen Energie-Ressourcen. So besteht in Frankreich eine Abhängigkeit von nuklearer Energie, während Kanada seine Energie vorwiegend durch Wasserkraft erzeugt und in der Volksrepublik China über 77 Prozent der Gesamtenergie in Kohlekraftwerken produziert wird – damit waren die Voraussetzungen für hitzige Debatten auf der Konferenz gegeben.
In seiner Eröffnung betonte Dr. Peter Hefele, Leiter der KAS Shanghai, die Bedeutung des Themas "Nachhaltigkeit" in der globalen Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung. Da der Mehrzahl der Teilnehmer das Konzept der Model-United-Nations (MUN) Konferenz völlig neu war, wurden sie am ersten Abend ausführlich in die Verfahrens- und Verhaltensweisen eingeführt.
Am zweiten Tag hatten die Delegierten dann die Möglichkeit, das Thema Energienutzung und Klimawandel in der großen Länderrunde zu diskutieren. Sie waren mit großem Eifer dabei, sodass sich mittags bereits verschiedene Länder zu Gruppen zusammenfanden und gemeinsame Vorschläge und Ansichten in sogenannten Working Papers niederschrieben. So setzten sich beispielsweise Russland, Australien und Deutschland in ihrem Paper dafür ein, neue Kanäle für den Austausch und Transfer von Technologien und Erfahrungen mit erneuerbaren Energien zu schaffen. China, Brasilien und Indien sowie weitere Entwicklungsländer hingegen forderten in ihrem Working Paper, dass die industrialisierten Länder die Emission von Treibhausgasen weiter reduzieren sollten, da sie historisch die Hauptverantwortung für den Klimawandel trügen.
Im Laufe des Tages wurden die verschiedenen Positionen und Forderungen heiß diskutiert und die Teilnehmer stellten fest, dass es äußerst schwer werden würde, einen Konsens zu finden, um eine gemeinsame Resolution zu verabschieden. Unter der Anleitung des souverän agierenden Moderators (Chair) Sören Gurock aus London wurden die Working Paper systematisch durchgearbeitet und die Länder hatten die Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge einzubringen. Spätabends trafen sich viele Teilnehmer nochmals zu einer inoffiziellen Sitzung im Konferenzraum und fanden den kleinsten gemeinsamen Nenner, indem sie alle Klauseln, denen die Mehrzahl der anwesenden Länder zustimmte, zu einem Resolutionsentwurf (Draft Resolution) zusammenfassten. Eine kleine Gruppe mit Delegierten von Australien, Deutschland und Russland, arbeitete bis tief in die Nacht an einem Gegenentwurf, welcher konkretere Maßnahmen beinhalteten und auch die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer berücksichtigten sollte.
Am Sonntagvormittag lagen dann zwei Resolutionsentwürfe vor. Nun konnten die Delegierten ihre diplomatischen Fähigkeiten auf die Probe stellen, da eine Resolution für eine erfolgreiche Verabschiedung eine 2/3-Mehrheit benötigt. Nach Hinzufügen einiger Ergänzungen (amendmends) konnte die zweite Draft Resolution, die anfangs nur wenige Unterstützer hatte, mit ihrem professionellen Format und konkreten Handlungsvorschlägen nach und nach immer mehr Delegierte überzeugen, sodass die Konferenz schließlich mittags in zwei Lager gespalten war.
Um das Scheitern der Konferenz zu vermeiden, schlug Chair Sören Gurock schließlich vor, nicht über das gesamte Dokument, sondern Klausel für Klausel abzustimmen und solche Klauseln, die keine 2/3 Mehrheit erlangen, herauszunehmen. Durch diese Vorgehensweise konnte schließlich eine Resolution verabschiedet werden.
Die Resolution für einen neuen Klima- und Entwicklungspakt nach 2015 bestand aus fünf Punkten:
- Beschäftigung mit Hauptthemen: Es soll eine Arbeitsgruppe gegründet werden, die die Aufgabe übernimmt, das “principle of common but differenciated responsibility“, eine der Hauptstreitfragen des UNFCCC, genauer auszulegen;
- Schlüsselrollen und wichtige Interessengruppen: Die Resolution ruft NGOs auf, sich am Kampf gegen den Klimawandel aktiv zu beteiligen und fordert die Anlegung einer Datenbank zur Übersicht über Firmen, die mit modernen Energie-Technologien arbeiten;
- Energienutzung: Die Unterzeichner der Resolution erkennen Öko-Treibstoff als wichtige Form alternativer Energie an und setzen sich für Innovationen für den Stadtverkehr ein, beispielsweise durch weitere Forschung zu Hybrid-Autos;
- Technologienutzung: Mit der Resolution wird die Zahl der „Green Compact Conferences“ erhöht, um die Kooperation von Privatsektor, Zivilgesellschaft und Staat auszubauen;
- Finanzierung und wirtschaftliche Belange: Die Resolution hebt die Rolle des United Nations’ Green Climate Fund (GCF) hervor, in den die Industriestaaten jährlich einzahlen sollen, um die Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel zu gewährleisten.
Viele Teilnehmer äußerten den Wunsch, im nächsten Jahr wieder an einer KAS MUN Konferenz teilnehmen zu können.
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