Veranstaltungsberichte
Im Rahmen der Veranstaltung referierte Prof. Dr. Dr. Di Fabio, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn und ehemaliger Bundesverfassungsrichter, über die Verankerung einer „Schuldenbremse“ im Deutschen Grundgesetz. Anschließend berichtete Prof. Tian Fang, Institut für Rechtswissenschaften der Universität Nanjing, über die Entwicklung des Steuersystems sowie der Staatseinnahmen und –ausgaben in China.
Vor dem Hintergrund der gegenwärtig enormen Schuldenbelastung der meisten Industriestaaten, muss festgestellt werden, dass die heutige Schuldenlast nicht immer vorhanden war. Deutschland war bis in die 1960er Jahre schuldenfrei, die USA wiesen noch Ende der 90er Jahre einen relativ ausgeglichen Haushalt auf und auch Großbritannien gelang es in der Regierungszeit von Margaret Thatcher durch eine strikte Haushaltsdisziplin, den maroden Staatshaushalt Großbritanniens zu sanieren.
Mit Beginn der sog. "Globalsteuerung" und einer "antizyklischen Fiskalpolitik" unter Einfluss des Keynesianismus hat sich Deutschland seit Ende der 1960er Jahre auf einen seither beinahe ungebrochenen Schuldenpfad begeben. Nur während der 1980er Jahre unter dem damaligen Finanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) konnte die Entwicklung kurzfristig verlangsamt werden.
Im Jahr 2007 entschied das Bundesverfassungsgericht mit nur knapper Mehrheit, dass der Bundeshaushalt von 2004, welcher zu einer massiven Neuverschuldung führte, verfassungsgemäß sei. Um die weitere Verschuldung Deutschlands zu reduzieren, wurde 2009 eine verschärfte „Schuldenbremse“ beschlossen und in der Verfassung verankert. Damit haben der Bund bis 2016, sowie die Bundesländer bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Nur wenige Ausnahmen lassen eine Neuverschuldung zu. Im Rahmen des Europäischen Fiskalpaktes, der im März 2012 von 25 der 27 EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde, verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, ebenfalls einen ausgeglichenen Haushalt in der Verfassung festzulegen.
Prof. Di Fabio machte jedoch auch deutlich, dass selbst eine in der Verfassung verankerte „Schuldenbremse“ alleine nicht für eine disziplinierte Haushaltsführung sorgen kann. Vielmehr hängt dies stark von der "politischen Kultur" ab. Nur wenn Politiker die aus der Verfassung hervorgehenden Verpflichtungen ernst nehmen und sich der Kontrolle durch die Verfassungsorgane unterwerfen, könne die „Schuldenbremse“ funktionieren und ausgeglichene Staatshaushalte garantiert bzw. wieder erlangt werden.
Auch in der Volksrepublik China bestehen, so führte Frau Prof. Tian aus, trotz einer geringen offiziellen Verschuldung auf nationaler Ebene, große Herausforderungen für die Haushalte der kommunalen Körperschaften. Sie haben sich insbesondere seit 2009 im Zuge der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Durchführung Konjunktur belebender Maßnahmen, allen voran Infrastrukturprojekte, stark verschuldet. Bei den Einnahmen sind sie stark auf die Erhebung von Verwaltungsgebühren sowie den Verkauf von Landnutzungsrechten angewiesen. Dies führt immer wieder zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung und steht häufig einer nachhaltigen Landnutzung und Städteplanung im Wege.