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Veranstaltungsberichte

Dritte Verhandlungsrunde zum Assoziierungsabkommen EU - ZA

von Jana Rauch

Die zentralamerikanische Zivilgesellschaft erarbeitet Vorschläge zum Assoziierungsabkommen

Am 15. April 2008 wurde in Kooperation mit dem CC-SICA und IDDE in San Salvador die zweite Konferenz zum Thema „Assoziierungsabkommen zwischen Zentralamerika und der Europäischen Union“ durchgeführt. Die erste Veranstaltung fand im November 2007 in Costa Rica statt. Die nächste Konferenz ist für Oktober 2008 in Honduras geplant. Alle Veranstaltungen finden im Rahmen der Verhandlungsrunden zwischen den beiden Regionen statt, so dass für die Konferenzen mit der Zivilgesellschaft auch Vertreter der Regierungen und der EU gewonnen werden können. Damit soll der direkte Informationsaustausch zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft, die dem CC-SICA angehören oder auch außerhalb stehen, und den der zentralamerikanischen Regierungen sowie der EU unterstützt werden.

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Ziel der von der Stiftung finanzierten Konferenz in San Salvador war

1.die Information des Publikums über den Verhandlungsstand,

2.der Austausch von Interessen und Positionen verschiedener Sektoren der zentralamerikanischen Zivilgesellschaft mit dem Publikum und den anwesenden VerhandlungsführerInnnen sowie

3.die Erarbeitung bzw. Verabschiedung eines gemeinsamen Positionspapiers der Zivilgesellschaft.

Die wichtigsten Ergebnisse der Konferenz bestehen in der Verabschiedung und Konzipierung einer gemeinsamen Position der Zivilgesellschaft, einer beeindruckenden Teilnahme und somit auch der Fähigkeit des CC-SICA, die Vertreter der Zivilgesellschaft zu erreichen, sowie in einer spürbaren zunehmenden Akzeptanz des Komitees durch die VerhandlungsführerInnen – sowohl die EU-Botschafterin Francesca Mosca als auch der aktuelle zentralamerikanische Zuständige für Politischen Dialog und Kooperation Eduardo Calix sprachen sich für die Unterstützung des CC-SICA aus. Während der letzten KAS-finanzierten Konferenz im Oktober 2007 in San José standen beide Regionen dem CC-SICA eher misstrauisch bis ablehnend gegenüber.

3. Verhandlungsrunde und CC-SICA

Bei der dritten Verhandlungsrunde wurden inhaltlich alle drei Komponenten behandelt – 1. Politischer Dialog, 2. Entwicklungszusammenarbeit, 3. Handelskooperation. Konkrete Ergebnisse kamen nicht all zu viele zustande, da es sich vor allem um ein Kräftemessen zwischen den beiden Regionen handelte. Im Bereich Politischer Dialog ging es um einen internationalen Gerichtshof, die Richtlinien der ILO und Migration. Bezüglich Entwicklungszusammenarbeit stand die Forderung Zentralamerikas nach der Revision der EU-Zentralamerika-Strategie 2007-2013 und nach der Einrichtung eines Kooperationsfonds einem “Nein” gegenüber. In der Komponente Handel möchte Zentralamerika das SGP+, welches das allgemeine Präferenzsystem für den Import zentralamerikanischer Produkte nach Europa regelt, die EU hingegen die Regelungen der WTO als Verhandlungsgrundlage verwenden.

Das Konsultativkomittee des Zentralamerikanischen Integrationssystems (CC-SICA) ist seit 1991 als Teil des SICA für die Beteiligung der Zivilgesellschaft am regionalen Integrationsprozess zuständig.

Das Komitee besteht aus 26 Netzwerkorganisationen der Zivilgesellschaft – der Bereiche marginalisierte Bevölkerungsgruppen, Universitäten, Produktion und Dienstleistungen, Arbeitsmarkt, Handelskammern -, einer Direktion und je einem nationalen Kapitel.

Die Funktion des CC-SICA bezüglich der Verhandlungen zwischen EU und Zentralamerika ist die Position des Vermittlers zwischen den verhandelnden Regierungen Zentralamerikas und der Zivilgesellschaft, um so letzterer ausreichend Information über Verhandlungsinhalte und -stand zu bieten, Treffen mit den VerhandlungsführerInnen während der regionalen Vorbereitungsrunden wahrzunehmen, sowie die institutionalisierte Kommunikation mit der jeweils aktuellen zentralamerikanischen Verhandlungsleitung durchzuführen.

Konferenz CC-SICA-IDDE-KAS

Es referierten RepräsentantInnen von Gewerkschaften, Fischern, zweier zentralamerikanischer und eines europäischen NGO Netzwerkes, Frauenorganisationen, Industrie-/Handelskammern, Indigenen, Kooperativen, Umweltorganisationen, sowie mehrere VerhandlungsführerInnen und Regierungsangehörige.

Das Publikum bestand zu ca. 70% aus VertreterInnen der bereits genannten Sektoren und zu ca. 30% aus interessierten BürgernInnen. Da in der Stadt zeitgleich drei Demonstrationen gegen das Assoziierungsabkommen stattfanden, kamen manche TeilnehmerInnen direkt von der Demonstration zur Konferenz – eine erfreuliche Tatsache, die zeigt, dass das CC-SICA und seine Aktivitäten auch in den zivilgesellschaftlichen Kreisen, die nicht direkt Teil des CC-SICA sind, anerkannt sind.

Die Konferenz war ursprünglich für 80 TeilnehmerInnen geplant, insgesamt erschienen jedoch 210 plus Journalisten acht unterschiedlicher Medien.

Zusammenfassend sind die unterschiedlichen Sektoren der Zivilgesellschaft in folgenden Punkten einer Meinung:

  • Man möchte keinen zweiten CAFTA, die Handelskomponente soll Mittel zum Zweck jedoch nicht Ziel sein, die EU konzentriere sich jedoch zu stark auf die Handelskomponente
  • Das Assoziierungsabkommen soll die nachhaltige Entwicklung zum Ziel haben und mit Politiken zur Armutsreduzierung verknüpft werden
  • Die 3 Bereiche Politischer Dialog, Entwicklungszusammenarbeit und Handel sollen integrierend diskutiert werden um Widersprüche unter ihnen zu vermeiden
  • Das Abkommen soll sich zur Förderung von bzw. Verpflichtungserklärungen zu “guten” Arbeitsplätzen/ sozialen Garantien/ Sozialversicherungssystemen, nachhaltiger Ressourcennutzung, Einhaltung der Menschenrechte, permanentem Dialog mit der Zivilgesellschaft, Gleichbehandlungspolitiken, Einhaltung indigener Rechte und Gesetze, Ratifizierung und Umsetzung internationaler Abkommen und Umweltverträglichkeitsprüfungen aussprechen
  • Man ist besorgt über die Verhandlungsgeschwindigkeit und über das Fehlen einer gemeinsamen zentralamerikanischen Verhandlungsstrategie
  • Die Asymmetrien zwischen den Regionen sollen anerkannt und ein Kooperationsfond eingerichtet werden
  • Manche Sektoren fordern eine direktere Beteiligung an den Verhandlungen und bieten konkrete technische Vorschläge an
  • In sämtlichen Bereichen soll mehr Entwicklungszusammenarbeit stattfinden, mit dem Ziel mehr Kapazitäten in Zentralamerika aufzubauen
Die anwesenden RegierungsvertreterInnen legten den Schwerpunkt auf nachhaltige Entwicklung als oberstes Ziel. Die honduranische Vizekanzlerin betonte, das Assoziierungsabkommen sei eben eines von vielen Instrumenten zur Erreichung dieses Oberzieles, der costaricanische Zuständige stellte fest, der Grossteil der Bevölkerung nähme das Abkommen zu ernst, indem es als Lösung oder Ursache allen Übels interpretiere. Die salvadorianische Vizewirtschaftsministerin drückte in ihrer Funktion als aktuelle Verhandlungsführerin der Komponente Handel ihr Interesse an den Vorschlägen der Zivilgesellschaft aus, habe bereits die Positionspapiere von FischerInnen und GewerkschafterInnen und sei an allen weiteren sehr interessiert.

Weiteres Vorgehen und Instrumente des CC-SICA

Als einer der institutionalisierten Beteiligungsmechanismen bitten die Sektoren der zentralamerikanischen Zivilgesellschaft die Verhandlungszuständigen um Audienzen während der offiziellen regionalen Vorbereitungsrunden vor den jeweiligen Verhandlungsrunden und unterbreiten dort ihre Vorschläge.

Danach schicken die VerhandlungsführerInnen ihre offizielle Stellungnahme darüber, was aus welchen Gründen mit den Vorschlägen geschieht. Auf diese Weise wird auch das Positionspapier der Konferenz Eingang in die Verhandlungen finden.

Weitere Instrumente des CC-SICA sind die folgenden:

Von Juni bis Oktober 2008 werden mittels vierer regionaler Foren Interessen, Position und Vorschläge der Sektoren in den Bereichen nachhaltige Ressourcennutzung, Demokratie/ zivilgesellschaftliche Partizipation, Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit erarbeitet und dann den Regierungen vorgestellt. Dieses Vorhaben finanziert die europäische Union.

Für Mai ist gemeinsam mit der IUCN ein Klimagipfel in San Pedro Sula/ Honduras vorgesehen, auf welchem technische Vorschläge an Regierungen erarbeitet werden. Zusätzlich finden Austauschstreffen zwischen dem CC-SICA und seinem europäischen Pendant, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialkomitee statt.

In dieses Panorama fügt sich die Kooperation mit der KAS ein, die aktuelle Konferenz in San Salvador folgt der ersten im Oktober 2007 in San José/ Costa Rica. Für Oktober 2008 ist eine weitere zeitgleich zur fünften Verhandlungsrunde des Assoziierungsabkommens voraussichtlich in Tegucigalpa/ Honduras geplant.

Einzelbeiträge der Konferenz:

Fischereisektor – CONFEPESCA

An den beiden Küsten Zentralamerikas leben knapp 100.000 Menschen als SubsistenzfischerInnen. Hinzu kommt eine große Zahl an in der Fischverarbeitung und -handel sowie in der Aquakultur arbeitenden Menschen. Für viele bedeutet der Fischfang Überlebenssicherung oder Nahrungsdiversifizierung. Hauptprobleme des Sektors sind u.a. die fortschreitende Ressourcenzerstörung, Infomalität und die subventionierende Fischereipolitik der EU. Die Tatsache, dass die zentralamerikanischen FischerInnen die gleichen Probleme teilen, Fische keine Grenzen kennen und es immer wieder zu Konflikten zwischen FischerInnen in den Grenzregionen kommt, macht die Vernetzung der verschiedenen Organisationen unabdingbar.

Hauptmotiv des zentralamerikanischen Fischereisektors vertreten durch INFOPESCA ist die Einklagung der nachhaltigen Nutzung mariner Ressourcen.

Bezüglich der Komponente Handel bitten die FischerInnen um 1.den Ausschluss des Fischereisektors solange zentralamerikaweit kein geeigneter rechtlicher Rahmen zur nachhaltigen Nutzung der marinen Ressourcen besteht, 2. Die Aufnahme eines Zertifizierungssystems für nachhaltige Fischereiprodukte in den CAFTA, sowie 3. eine Preiskontrolle und -regulierung für Meeresprodukte.

Im Bereich Politischer Dialog fordern sie eine Garantie der Verhandelnden INFOPESCA zu informieren und zu konsultieren, was laut ihnen in der zweiten Verhandlungsrunde versäumt wurde. Was die Kooperation und Entwicklungszusammenarbeit betrifft, so schlägt INFOPESCA 1. die Einhaltung des “Abkommens über politischen Dialog und Kooperation” von 2003 und 2. Kooperationsprojekte und evt. einen Spezialfond für den Fischereisektor vor. Solche Projekte sollten u.a. die soziale Absicherung von FischerInnen fördern, denn ihre Mehrheit arbeitet informell und ist dabei einem sehr hohen Arbeitsrisiko ausgesetzt.

Thema Umwelt – IUCN

Die IUCN sieht einen engen Zusammenhang zwischen Handel und Ökosystemen und kann der geplanten Assoziierung durchaus Potentiale abgewinnen- so könne und solle das Abkommen den Transfer sauberer Technologie, die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft, den gerechten Handel sowie Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen fördern und fordern. Zurzeit arbeitet die IUCN an einer Studie über den potentiellen Markt für ökologische Produkte, saubere Produktion und Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen sowie an weiteren vergleichenden Studie der Umweltgesetzgebung Zentralamerikas.

Zudem unterstützt das weltweit größte Netzwerk von Umweltorganisationen gemeinsam mit der niederländischen Kooperation die Umweltkommission CCAD des zentralamerikanischen Integrationssystems bei der Anwendung der so genannten „Evaluación Ambiental Estratégica“ – Strategischen Umweltanalyse, die auch eine sinnvolle Entscheidungshilfe für die Verhandlungen darstellt.

EU-NGO Netzwerk – APRODEV

Laut dem Netzwerk der europäischen Nichtregierungsorganisationen APRODEV (Association of World Council of Churches related Development Organisations in Europe) muss nachhaltige Entwicklung das Oberziel des Abkommens sein und soll zu Armutsreduzierung, Konsolidierung der Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte beitragen. Zudem müssten die Asymmetrien zwischen den Regionen anerkannt werden. Diese habe man der EU vorgeschlagen, welche daraufhin APRODEV eingeladen, angehört und mehrmals bestätigt hätte, die Europäische Union verfolge keine kommerziellen Interessen, sondern die nachhaltige Entwicklung Zentralamerikas. Dennoch verhandle die EU nun unnachgiebig, zu schnell, die Assymetrien ignorierend und als ob es um Freihandel ginge.

Am 23.04.07 habe die EU die Realisierung einer Studie über die soziale und ökologische Nachhaltigkeit des Assoziierungsabkommens beschlossen, bis dato jedoch immer noch nicht damit begonnen. Unklar sei warum.

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