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Christdemokraten in der Politik respektieren die Würde jedes einzelnen Menschen

Zeitungsinterview mit dem KAS-Außenstellenleiter für Kroatien und Slowenien, Büro Zagreb, Dr. Christian Schmitz.

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Originalartikel in der Glas Koncila (Kroatisch)

Christdemokraten in der Politik respektieren die Würde jedes einzelnen Menschen

Dr. Christian Schmitz wurde Ende des Jahres 1959 geboren. Wie er selbst oft scherzhaft bemerkt, sei dies ein gutes Jahr für Spitzenweine. Seit 1980 ist er mit Gabriele Schmitz verheiratet. Von der Ausbildung her ist Dr. Schmitz, der in Köln und Paris studiert hat, eigentlich Historiker und Romanist und hat bereits neben dem Studium journalistisch gearbeitet. Nach seiner Arbeit für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Bonn kam er 1990 zur Konrad-Adenauer-Stiftung. Zunächst leitete er das saarländische Bildungswerk, wozu er seine Heimatstadt Köln verlassen musste um in Saarbrücken zu leben. Bevor Dr. Schmitz 2003 nach Kroatien kam, war er seit 1993 Abteilungsleiter in der Zentrale mit Zuständigkeit für die politische Bildungsarbeit. Von Zagreb aus lenkt er nun die Arbeit in Kroatien, Slowenien und ein Medienprojekt, welches ganz Südosteuropa erfasst.

  1. Stellen Sie uns die KAS-Idee kurz vor? Wie kam man zu der Idee eine "politische Stiftung" zu gründen? Was ist das Hauptanliegen der KAS und ihre Ziele in Deutschland?

    Die politischen Stiftungen in Deutschland – das sind mit öffentlichen Mitteln finanzierte Einrichtungen der politischen Erwachsenenbildung mit expliziter Parteiennähe – haben ihre Existenz letztlich der deutschen Erfahrung mit Nationalsozialismus und Diktatur zu verdanken. Die Aufgabe der politischen Stiftungen besteht in Deutschland unter anderem darin, die gesellschaftlichen Eliten auf der Grundlage pluralistischer politischer Bildungsangebote an die rechtsstaatliche Demokratie zu binden. Weitere Aufgaben sind die Förderung begabter junger Menschen, die politische Beratung, sowie historisch-politische Forschung. Unser historisches Archiv ist z. B. die größte Sammlung von Nachlässen christlich-demokratischer Politiker weltweit.

  2. Was ist das Hauptanliegen Ihrer Stiftung in Kroatien? Wieso und warum ist die Stiftung überhaupt nach Kroatien gekommen? Was will die KAS der kroatischen Gesellschaft anbieten? Wie wollen Sie der kroatischen Demokratie helfen?

    Unser Hauptanliegen in Kroatien besteht darin, die weitere demokratische Entwicklung der jungen Demokratie, sowie ihren Weg in europäische und transatlantische Strukturen zu fördern. Diese Arbeit ist auch Bestandteil unser Bemühungen, zu einer politischen Stabilisierung der gesamten Region beizutragen. Konkret fokussiert sich unsere Arbeit auf fünf Themen, die ich hier nur kurz nennen möchte:

    • Unterstützung von politische Parteien der bürgerlichen Mitte bei ihrer institutionellen und programmatischen Entwicklung;
    • Förderung von positiven Entwicklungen in der Medienlandschaft (ethisch fundierte Berichterstattung, Professionalität, Gründung eines nationalen Presse-/ Medienrates, journalistische Aus- und Fortbildung, Medienrecht, etc.;
    • Europa in der Gesellschaft verankern (Konferenzen, Seminare und Publikationen richten sich an die unmittelbare Betroffenheit der Bürger von Europathema und sollen dabei helfen, Informationen über die EU zu verdichten und das Thema von der abstrakten politischen Ebene in die unmittelbare Erfahrungswelt der Menschen zu holen);
    • Kommunen und Europa. Hierbei geht es vor allem darum, kommunalen Funktions- und Entscheidungsträgern die Konsequenzen Brüsseler Normen- und Richtliniensetzungen für die kommunale Ebene aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen, sich europäisch auszurichten, um schließlich auch in den Genuß von Fördermitteln der EU zu kommen.
    • Das letzte Thema lautet „Europa und Wirtschaft“. Damit ist in erster Linie die Auseinandersetzung mit ordnungspolitischen Angeboten der christlichen Demokratie für die Wirtschafts- und Sozialpolitik gemeint. Letztlich geht es um die Realisierung der sozialen Marktwirtschaft nach kroatischen Bedürfnissen.

  1. Was heisst für Sie "christdemokratisch" im gesellschaftlichen und politischen Leben zu wirken?

    Christdemokratisch in Gesellschaft und Politik zu wirken, das heißt für mich in erster Linie, dass jeder einzelne Mensch aus dem Glauben an Gott heraus, bewusst seine Verantwortung für sich selbst übernimmt und Solidarität mit seinen Nächsten übt. Dem zugrunde liegt die feste Überzeugung von der unantastbaren Würde eines jeden einzelnen Menschen. Auf Gesellschaft und Politik übertragen bedeutet dies, dass dem Subsidiaritätsprinzip bei kurzfristigen und strategischen Planungen und Entscheidungen stets oberste Priorität eingeräumt werden muss.

  2. Am Ende des Jahres 2005 hat die KAS eine Konferenz über den "politischen Katholizismus" - nicht nur in Deutschland sondern auch in Kroatien - organisiert. Warum eine solche Konferenz, und was versteht man unter der Idee "politischer Katholizismus"?

    Der Terminus „Politischer Katholizismus“ ist für kroatische Ohren vielleicht etwas unklar, weil wir ihn einfach so aus dem Deutschen übersetzt haben. Tatsächlich ist damit die Frage gemeint, welche Möglichkeiten und Grenzen sich für das Zusammenwirken von katholischer Kirche und Politik, von politisch interessierten Christen und christlich geprägten Politikern zum Wohle von Staat und Gesellschaft ergeben. Vor diesem Hintergrund sollte die jüngst organisierte Konferenz einen ersten Mosaikstein für den Beginn einer entsprechenden Diskussion in Kroatien darstellen.

  3. Gibt es Ihrer Meinung nach im kroatischen politischen Leben überhaupt eine "christdemokratische" gesellschaftliche Wirkung?

    Ein klares Ja! Nach meiner Beobachtung sind die christlich- abendländischen, auch die spezifisch katholischen Traditionen in Kroatien stärker als vielfach anderswo in Europa entwickelt. Der Sozialismus hat diesen Traditionen in Kroatien weit weniger anhaben können als z.B. in Ostdeutschland. Es mag sein, dass in der Folge von Krieg und Wiederaufbau und dem Bedürfniss der Menschen nach Normalität und Konsum die christlich-demokratischen Tradionen in der Gesellschaft ein wenig in den Hintergrund getreten sind. Doch ich glaube sehr, dass das Bedürfnis der Menschen nach Wertorientierung, die Fragen nach dem «woher kommen wir, warum sind wir, wohin gehen wir?», über die Zeit wieder stärkter in den Vordergrund treten werden.

  4. Wie sehen Sie die Rolle der Katholische Kirche in modernen Gesellschaften? Wie sehen Sie die Trennung zwischen Staat und Kirche?

    Dass man dem Kaiser geben soll, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist, bedeutet nach meiner Auffassung nicht, dass Staat und Kirche in getrennten Welten leben. Sie sind aufeinander angewiesen und beeinflüssen sich gegenseitig. Die praktische und formelle Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche erfolgt gemäß den jeweiligen spezifischen historischen Traditionen. So haben wir in England ebenso eine besondere Situation wie in Frankreich, Deutschland oder Italien.

  5. Sie haben behauptet, dass die "kirchlichen Milieus (...) oftmals ein wenig verschlossen und passiv" erscheinen? Wie sind Ihre Erfahrungen in Kroatien: Zusammenarbeit mit verschiedenen zivilen und politischen Kräften...?

    Die Zusammenarbeit mit unseren kroatischen Partnern, sei es aus dem politischen, vorpolitischen oder kirchlichen Raum ist ausgezeichnet und von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Zum einen liegt dies an der Offenheit und Herzlichkeit unserer kroatischen Gastgeber, zun anderen hat es, glaube ich, auch damit zu tun, dass wir nicht versuchen, fertige Konzepte über hiesige Realitäten zu stülpen. Im Gegenteil: wir antworten auf spezifisch kroatische Bedürfnisse, indem wir Vorschläge auf der Basis unserer Erfahrungen und Orientierungshilfen unterbreiten.

    Im Zusammenhang mit dem interreligiösen Dialog in der Region und darüber hinaus bieten wir seit vielen Jahren Diskussionsplattformen in Form von Konferenzen und Fachtagungen, etwa in Cadenabbia am Comer See, an. Trotz umfangreicher Werbung und persönlicher Ansprache will es uns einfach – von einzelnen, wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht gelingen, Repräsentaten aus dem Bereich der kroatischen katholischen Kirche für diese Projekte zu interessieren, was allgemein bedauert wird, zumal von den Kolleginnen und Kollegen in BiH. Aber vielleicht hat das Ganze auch damit zu tun, dass unsere Angebote nicht attraktiv genug sind. Die in Ihrer Frage zitierte Bemerkung beruht jedenfalls auf einem sehr subjetiven Eindruck meinerseits.

  6. Gibt es in der EU überhaupt Platz für das Christentum oder "das Christliche", für das "Christ-sein" im politischen Leben und Wirken?

    Nach meiner Überzeugung haben das Christentum und das Christ-sein überall dort Platz, wo sie bewusst und aktiv gelebt werden. Dafür ist zunächst einmal jeder einzelne selbst verantwortlich und dann die nationale Gesellschaft, in der er lebt, indem sie ihre besonderen christlich-abendländischen Traditionen hochhält und verteidigt.

  7. Wie sehen Sie die Rolle Kroatiens in der EU? Was wird die EU Kroatien "geben" und was kann Kroatien, Ihrer Meinung nach der EU "anbieten"?

    Kroatien wird die EU, die sich ja ihrem Wesen nach durch Einheit in Vielfalt auszeichnet, durch seinen Beitritt sehr bereichern: mit seinen eigenen Traditionen und Gebräuchen, die es, stets als Mitglied der christlich-abendländischen Wertegemeinschaft über die Jahrhunderte entwickelt hat, durch die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen, durch seinen kulturellen Reichtum. Darüber hinaus wird Kroatien als EU-Mitglied in noch stärkerem Maße seiner Brückenfunktion in der Region gerecht werden und als Stabilitätsanker dienen.

    Kroatien selbst wird in vielfältiger Weise von der EU profitieren, denn einen besseren Garanten von Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa kann man sich nicht vorstellen, auch wenn wir alle wissen, dass auch die EU nicht perfekt ist. Natürlich ist die EU auch kein goldenes Füllhorn, das plötzlichen Wohlstand über ein neues Mitgliedsland ausschüttet, und der Weg in die Vollmitgliedschaft wird möglicherweise für Kroatien noch schmerzhafte Anpassungsprozesse mit sich bringen. Aber wie das Beispiel Irland zeigt, können eine kluge Strukturpolitik, die Bereitschaft, von den Erfahrungen anderer Länder zu lernen und ein intelligentes Ausnutzen der Unterstützungsfonds in relativ kurzer Zeit immens viel bewirken und der Bevölkerung spürbare Verbesserungen der Lebensqualität bescheren.

    Wenn ich auf das bemerkenswerte Entwicklungspotential schaue, das Kroatien in den letzten zehn Jahren entfaltet hat, habe ich keinen Zweifel, dass das Land innerhalb kurzer Zeit seinen Weg in die EU erfolgreich zurückgelegt haben wird – einen Weg, zu dem es keine vernünftige Alternative gibt.

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