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Veranstaltungsberichte

Politischer Katholizismus in Europa und Kroatien

Im Rahmen des Projekts „Politik und Menschenwürde“ organisierte die KAS-Außenstelle Zagreb die Fachtagung „Politischer Katholizismus in Europa und Kroatien“. Betont wurde dort die Notwendigkeit des Dialogs zwischen Politik und Kirche, ihr wechselseitiges und unverzichtbares Verhältnis sowie das Engagement von Menschen in christlichen Parteien und von Christen in der Politik, wie es Konrad Adenauer in seinem Appell an die Christen einst formulierte, dass Demokratie nur dann funktionieren könne, wenn Menschen sich in Parteien organisieren und Meinungen zur Geltung bringen.

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Politischer Katholizismus in Europa und Kroatien

13. Dezember 2005, Philosophische Fakultät der Gesellschaft Jesu, Zagreb

Nachdem die Zagreber Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung ihren Zyklus Politik und Menschenwürde im Februar 2005 mit einer Fachtagung an der Philosophischen Fakultät der Gesellschaft Jesu in Zagreb eröffnete, folgte am 13. Dezember 2005 an gleichem Ort die Veranstaltung Politischer Katholizismus in Europa und Kroatien. Die KAS Zagreb stellte im Rahmen ihres Dialogs Politik und Kirche auf dieser Konferenz den Terminus technicus «politischer Katholizismus» in den Mittelpunkt und regte unter den 80 Teilnehmern eine Diskussion an um den Stellenwert der Kirche und des Christlichen im allgemeinen in Staat und Gesellschaft. Unter den Gästen befanden sich zahlreiche Vertreter aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft.

Der Dekan der Philosophischen Fakultät der Gesellschaft Jesu in Zagreb, Prof. Dr. Anto Mišić, und Dr. Christian Schmitz, Außenstellenleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Kroatien und Slowenien, sprachen in ihrer Begrüßung beide von der Grundidee des Christentums, dem christlichen Menschenbild, welches als Ordnungsmuster gesellschaftliche sowie politische Strukturen durchdringen müsse. Während Prof. Dr. Mišić die Frage nach der Möglichkeit einer christlichen Politik stellte, äußerte Dr. Schmitz sein subjektives Bedenken hinsichtlich der in Kroatien nur unzureichend entwickelten Zusammenarbeit von Politik und Kirche. Der deutsche Botschafter in Kroatien, seine Exzellenz Herr Jürgen A.R. Staks, unterstrich in seinen einleitenden Worten die Bedeutung der Initiative und damit den von der Konrad-Adenuer-Stiftung angeregten Dialog, der christliche Werte nachhaltig betone und in die Sachverhalte einbringe. Der Deutschland und Kroatien gemeinsame Bezug zum christlich-kulturellen Abendland ließe keinen Zweifel an einem chritlichen Wertekanon, der in Einklang mit der weltlichen Macht stehen müsse und, wie die europäischen Werte in der Europäischen Verfassung, als Grundkatalog (Menschenrechte und Menschenwürde) in jeder Staatsverfassung festgeschrieben sein sollte.

Bevor im zweiten Konferenzteil über die Bedeutung der Politik für die Katholische Kirche sowie umgekehrt die Bedeutung der Kirche in der Politik Kroatiens diskutiert wurde, sprach Dr. Rolf Kuypers aus der Konrad-Adenauer-Stiftung über den Politischen Katholizismus in Europa und zeigte einige bedeutende historische Aspekte in der Beziehung von Kirche und Staat auf. Den Ansatzpunkt von Mensch und Politik verortete Dr. Kuypers gleich zu Beginn des Vortrags im Gottes Gebot der Nächstenliebe. Darüber hinaus zeigte er Eckpunkte der katholischen Gesellschafts- und Soziallehre auf, die in Form von Enzykliken und Lehrschreiben bis heute wesentlich seien für die Entwicklung von Demokratie und Sozialstaat in Europa. Prinzipien wie Subsidiarität oder Solidarität hätten gerade dort ihren Ursprung und fänden u.a. im Programm der im Nachkriegseuropa neugegründeten christlich-demokratischen Parteien ihren Ausdruck. Dr. Kuypers hob hier besonders die Enzyklika Rerum Novarum aus dem Jahre 1891 hervor.

Noch heute gilt die Staats- und Soziallehre Papst Leos XIII. als Magna Charta christdemokratischen Denkens. 100 später verleiht ihr Johannes Paul II. nochmals Anerkennung (Centesimus annus). Das christliche Menschenbild sowie die Würde und die unveräußerlichen Rechte jedes Einzelnen, die das Christentum erdachte, so Dr. Kuypers, werden geachtet, sei es vom deutschen Grundgesetz, der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen oder der Europäischen Verfassung. Dieser Schnittpunkt und damit der politische Katholizismus dürfe jedoch kein bloßes Phänomen der Geschichte bleiben und brauche daher das Engagement von Menschen in christlichen Parteien und von Christen in der Politik, wie es Konrad Adenauer in seinem Appell an die Christen formulierte, dass Demokratie nämlich nur dann funktionieren könne, wenn Menschen sich in Parteien organisieren und Meinungen zur Geltung bringen.

Ähnlich wie Dr. Kuypers stellte auch Prof. Dr. Ivan Koprek, Provinzial der Kroatischen Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu, in seinem historisch-philosophischen Vortrag Homo politicus und Religion den Menschen als Mittler zwischen Religion und Politik in den Mittelpunkt. Seine Untersuchung zum Verhältnis dieser beiden Pole warf gleichzeitig die Frage nach Wahrheit, Freiheit und Demokratie auf. Im Zuge der Liberalisierung zeigten Modernismus, Subjekivismus-Objektivismus, Relativismus und Skeptizismus ihren Einfluss auf gesellschafts- und staatspolitische Strukturen und verhinderten zunehmend den Blick auf das Allgemeinwohl wie es sich im religiösen Sinne präsentiert, d.h. werteorientiert und dem Wahrheitsgebot verpflichtet. Die Kirche als unabhängige Instanz habe nach Prof. Dr. Koprek die Aufgabe, dem Staat resp. der Politik die Grenzen aufzuzeigen und die Hoffnung, die der Religion mit dem Himmelsbild (Philipperbrief) immanent ist, für die Politik fruchtbar zu machen.

Die Titelthemen im zweiten Teil waren konkret fokussiert auf die Situation in Kroatien und das hiesige Wechselverhältnis von Kirche und Politik. Leider mussten sich beide Referenten entschuldigen, zum einen der Erzbischof von Rijeka, Msgr. Prof. Dr. Ivan Devčić, der aufgrund eines Todesfalls der Veranstaltung fernblieb, während sein Vortrag von Prof. Dr. Mišić vorgelesen wurde, und zum anderen Herr Ivan Jarnjak, Generalsekretär der Regierungspartei, der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), der kurzfristig verhindert war.

In Die Bedeutung der Politik für die Katholische Kirche in Kroatien unterzog Msgr. Devčić zunächst die Ansichten der Universalkirchenlehre zu Staat und Politik einer Analyse, besonders zitierte er hier aus dem Brief der Kongregation über die Glaubenslehre (Lehrmäßige Note zu einigen Fragen über den Einsatz und das Verhalten der Katholiken im politischen Leben) aus dem Jahre 2002, unterzeichnet vom heutigen Papst Bendikt XVI. Die Hauptideen aus diesem Dokument liegen wie u.a. von Dr. Kuypers formuliert im notwendigen politischen Wirken von Katholiken, welches sich orientieren sollte am Evangelium, dem katholischem Verständnis von Person, Familie und Gesellschaft und somit an ethischen und moralischen Grudsätzen.

Nicht anders sei auch die Sichtweise der Katholischen Kirche in Kroatien auf die hiesige Politik zu bewerten, mit einer allerdings noch stärkeren Akzentuierung auf folgende Gesellschaftsparameter: Einzelperson, Allgemeinwohl, Gerechtigkeit, Solidarität und Subsidiarität. Dabei waren die Ausführungen von Msgr. Devčić eine dezidiert politische Stellungnahme zu den Erwartungen der Kirche von der Politik in Kroatien, wie Dr. Schmitz im Anschluss bemerkte. Das Verhältnis von Kirche und Politik bewertete der Erzbischof in seinem Vortrag keineswegs als konfliktfrei und machte nicht nur die Politik für Versäumnisse im Arbeits-, Gesundheits- und Rentenwesen verantwortlich oder für die Fehler im Zuge der Privatisierung und Informationsdefizite in Bezug auf die EU-Beitrittsverhandlungen. Die gesamte Gesellschaft sei für Missstände in selbiger zur Verantwortung zu ziehen. Die Kirche fordere jedoch besonders von der Politik den Willen, die Koordinierung und damit Wahrung des Gemeinwohls. Ihre eigene Rolle sehe die Kirche als Ratgeber und von politischen Parteien unabhängige Instanz, die Denkanstöße gibt und Problemdiskussionen anregt. Des Weiteren spüre man die Anwesenheit der Katholischen Kirche in der kroatischen Politik auf zweierlei Weise, im Eingreifen der Katholiken in das politische Geschehen und in internationalen Rahmenvereinbarungen zwischen dem Staat Kroatien und dem Hl. Stuhl sowie, konkrete Fragen betreffend, zwischen der Kroatischen Biskupskonferenz und der kroatischen Regierung.

Dr. Schmitz äußerte vor der abschließenden Diskussion noch einige Gesichtspunkte, aus deutscher Perspektive, zum wechselseitigen und unverzichtbaren Verhältnis von Kirche und Politik. Hierbei seien auch die Volksparteien herausgefordert, die ihren Wählern in ihrer Programmatik langfristige Antworten und übergeordnete Werte anbieten müssen. Der Weg führe dabei immer über innerparteiliche Meinungsbildungsprozesse, die so Dr. Schmitz auf die Nachfrage, warum christlich-demokratische Parteien in Kroatien nicht überlebt hätten, in der kroatischen Pateienlandschaft allzu oft fehle.

Dr. Kuypers betonte in der Diskussion noch einmal die Unterscheidung zwischen der Kirche als poltischen Akteur und der Kirche, die Einfluss nimmt auf Politiker und ihr Wirken. Letzteres müsse an Bedeutung gewinnen und über die Menschen in die parlamentarische Gesetzgebung sowie über die „Institution“ Kirche in politische Entscheidungsvorgänge eingreifen.

Seitens einiger Teilnehmer fielen Begriffe wie Säkularisierung, Spaßgesellschaft und Ersatzreligionen, die Dr. Kuypers auf die alles bestimmende Frage nach dem Sinn des Lebens zurückführte. So sehr hier auch die Rückkehr zum Religiösen vorherbestimmt scheint, so sehr könne man von einer Krise der Kirche und genauso einer Krise christlicher Parteien sprechen. Italien war nur eines der an diese Stelle angeführten Beispiele. Entscheidend für Gegenwart und Zukunft bleibe der unverzichtbare Dialog zwischen Politik und Kirche, jenes Bewusstsein, dass das heutige Gemeinwesen basierend auf Toleranz und grundlegenden Freiheiten erst in Auseinandersetzung mit dem Christentum entstanden ist und das Christliche, dass auch weiterhin durch den Einsatz und das Verhalten von Christen in der Politik wirksam ist.

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