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Symposium

Die Stellung individueller Freiheitsrechte nach den arabischen Verfassungsreformprozessen

 

Am 15. und 16. November veranstaltete die KAS in Kooperation mit der Universtität Cadi Ayyad in Marrakesch ein internationales Fachkolloquium zum Thema "Die Stellung individueller Freiheitsrechte nach den arabischen Verfassungsreformprozessen".

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Am 15. und 16. November 2013 veranstaltete die KAS in Kooperation mit dem Laboratoire d'Études Constitutionnelles et Politiques (LECOP) der Universtität Cadi Ayad in Marrakesch ein internationales Fachkolloquium zum Thema "Die Stellung individueller Freiheitsrechte nach den arabischen Verfassungsreformprozessen.

In den politischen Transformationsprozessen der arabischen Welt nimmt die verfassungsrechtliche Frage eine übergeordnete Stellung ein und kann gar als Leitmotiv aller aktuellen soziopolitischen Debatten gesehen werden. Das Symposium hat über eine komparative Herangehensweise die verschiedenen verfassungsrechtlichen Debatten und Entwicklungen in der arabischen Welt analysiert und diskutiert.

Folgende Themen und Fragen wurden vordringlich behandelt:

-Das Verhältnis Staat und Religion in den neuen Verfassungen

-Grundrechte und individuelle Freiheitsrechte: Bewahrung, Ausweitung oder Einschränkung in den neuen Verfassungen?

-Die (neue) Stellung von Frauen, Minderheiten und sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten

-Verfassungsrecht und Unabhängigkeit der Justiz als neue Garantien zur Wahrung von individuellen Freiheitsrechten?

Mhammed Malki, Leiter des « Laboratoire d’études constitutionnelles et politiques (LECOP) in Marrakesch, wies zu Beginn der Veranstaltung darauf hin, dass die Auswirkungen des arabischen Frühlings sich vor allem in den teilweise neuen teilweise überarbeiteten Verfassungen der arabischen Länder widerspiegeln. Während Tunesien und Ägypten z.B. völlig neue Verfassungen verabschiedet haben, hat Marokko seine Verfassung nach internationalen Kriterien überarbeitet. Die neue marokkanische Verfassung sei, Prof. Malki zufolge, vorbildlich und erkennt die Universalität aller Menschenrechte an: « le Royaume du Maroc réaffirme son attachement aux droits de l’Homme tels qu’ils sont universellement reconnus » (Präambel). Dennoch stehe sie in Widerspruch zur alltäglichen Realität insbesondere in Zusammenhang mit dem Recht auf Religionsfreiheit.

Azzedine Allam, Politikwissenschaftler an der Universität Hassan II in Casablanca, machte in seinem Vortrag darauf aufmerksam, dass Rechtsstaat und Religion miteinander schwer, wenn nicht unmöglich zu kombinieren seien. Eine historische Entwicklung, wie sie in Europa stattfand, gab es in den arabischen Ländern nicht. Renaissance, Humanismus und vor allem die Religionskriege u.a. führten dazu, dass heutzutage in Europa eine klare Differenzierung zwischen Kirche bzw. Religion und Staat vorhanden ist. Die Verbindung zwischen Religion und Staat führt in den arabischen Ländern zwangsläufig zur Verletzung einiger Menschenrechte, allen voran die Religionsfreiheit.

Iyad Barghouti, Politologe an der Universität Birzeit in Palästina, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die internen Konflikte zwischen der Hamas und Fatah-Organisationen eine Trennung von Religion und Grundgesetz unmöglich machen. Während die Hamasbewegung einen islamisch-theokratischen Staat errichten will, zielt die Fatahpartei auf die Gründung eines unabhängigen demokratischen Staates hin.

Ali Karimi, Professor an der Universität Hassan II in Casablanca, sprach über die sprachlichen und kulturellen Rechte der Imazighen und wie diese im Laufe der Zeit entwickelt haben. Im Gegensatz zu den früheren Verfassungen Marokkos, die die Rechte der Imazighen vernachlässigt bzw. kaum berücksichtigt haben, erkennt die neue Verfassung von 2011 die amazighirische Sprache und die Imazighen als Bevölkerungsgruppe an: « l’amazighe constitue une langue officielle de l’État, en tant que patrimoine commun à tous les Marocains sans exception » (Art. 5), « Son unité, forgée par la convergence de ses composantes arabo-islamique, amazighe et saharo-hassanie » (Präambel).

Mohamed El Msaoui, Verfassungsrechtler von der Universität Ibnou Zohr in Agadir, wies in seiner Rede darauf hin, dass in der neuen marokkanischen Verfassung den Menschenrechten viel Platz eingeräumt wird. In der Präambel bekräftigt Marokko sein Festhalten an den universellen Menschenrechten: « il réaffirme son attachement aux droits de l’Homme tels qu’ils sont universellement reconnus » und im zweiten Absatz der Verfassung sind insgesamt 22 Artikel den Menschenrechten gewidmet, was in der Verfassung von 1996 nicht der Fall war. El Msaoui zufolge wird die Universalität der Menschenrechte von allen politischen Parteien akzeptiert, wobei hier zwischen 2 Gruppen unterschieden wird. Die erste Gruppe nimmt die Menschenrechte, sowie sie universal anerkannt sind, bedingungslos an. Die zweite Gruppe und hierzu gehört die PJD spricht sich ebenso für die Universalität der Menschrechten aus, allerdings mit 4 Bedingungen:

-Das Parlament muss hier zustimmen

-Die Zustimmung muss mit absoluter Mehrheit erfolgen

-Es darf nicht mit der Verfassung in Widerspruch sein

-Im Zweifelsfall soll das Tribunal entscheiden

Am Symposium haben Wissenschaftler, Forscher und Experten aus den Ländern Ägypten, Tunesien, Algerien, Libyen, Palästina, Mauretanien, Libanon und Marokko teilgenommen.

Die Konferenzsprache war Arabisch (und Französisch).

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Marrakesch

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Dr. Ellinor Zeino

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Leiterin Auslandsbüro Türkei

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