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Veranstaltungsberichte

Die Zukunft der Vereinten Nationen

von Johanna Chowaniec

Der Politikberater Dustin Dehéz spricht über die Daseinsberechtigung der Vereinten Nationen

Was macht die Organisation der Vereinten Nationen (engl. United Nations Organization, kurz: UNO) so einzigartig und warum ist sie aus unserer Weltgemeinschaft auch 70 Jahre nach der ersten UN-Generalversammlung nicht wegzudenken? Diese und weitere Fragen beantwortete der Politikberater und Publizist Dustin Dehéz bei der jüngsten Vortragsveranstaltung der Kornrad-Adenauer-Stiftung in Hannover.

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Zum Auftakt begrüßte Wilfried Lorenz MdB, Mitglied im Verteidigungsausschuss, das Publikum im Gartensaal des Neuen Rathauses. Die im Titel gestellte Frage nach der Unentbehrlichkeit der Vereinten Nationen bejahte der Bundestagsabgeordnete ohne zu zögern und führte seine Zustimmung mit einigen Beispielen aus. Der lange Weg vom Völkerbund zu den Vereinten Nationen führte nicht nur über die vielen Blauhelm-Missionen, sondern ebenso über Sanktionen gegen das humanitäre Völkerrecht. Auch gegenwärtig verhindert die Organisation Gräuel und ist gerade deshalb nicht entbehrlich. Als ein klassisches Beispiel für die Wirkungsweise der UNO geht Lorenz MdB auf die Ereignisse in Liberia ein. Ein Land, in dem viele Jahre Bürgerkrieg herrschte und es weit über 10.000 Blauhelme über einen langen Zeitraum hinweg schafften, anschließend die Sicherheitsverantwortung in die Hände der staatlichen Führung zu übergeben. Daher sei die Arbeit der Vereinten Nationen grundsätzlich in einem langfristigen Kontext zu betrachten. Neben den zahlreichen Missionen zur Wahrung des Friedens und der Stabilität, dürfe aber auch nicht vergessen werden, mit wie vielen Unterorganisationen die Vereinten Nationen sämtliche gesellschaftliche Bereiche abdecke: von Kultur, Bildung und Nahrung über Gesundheit, Gleichberechtigung und Umwelt. Unentbehrlich sei die Organisation vor allem deshalb, so der Bundestagsabgeordnete weiter, weil alle Staaten darin vertreten sind und – wenn auch in unterschiedlicher Weise – ihren Beitrag leisten und zusammen wirken. Deutschland müsse jedoch die Präsenz innerhalb der UNO verstärken, das hieße auf langfristige Sicht mehr Einsätze, mehr Material, mehr Soldaten und mehr Verteidigungsbudget. „Gut und richtig, das ist die UNO für mich, sie wird es auch immer bleiben“, so die abschließenden Worte von Wilfried Lorenz MdB.

Dustin Dehéz, der seit 2006 dem Arbeitskreis „Junge Außenpolitiker“ der Konrad-Adenauer-Stiftung angehört und zwischen Deutschland und Ghana pendelt, kam in seinem Vortrag direkt auf die unentbehrlichen Bereiche der Vereinten Nationen zu sprechen und machte auf die herausragende Leistung des UNHCR seit Beginn der großen Flüchtlingsbewegung in Syrien aufmerksam. Weltweit seien etwa 60 Mio. Menschen auf der Flucht – eine Zahl mit dem höchsten Stand seit dem 2. Weltkrieg. Jedoch sei die offizielle Zahl der Flüchtlinge in den Statistiken kaum erfasst, so Dehéz, weil es sich dabei um die Binnenflüchtlinge handelt. Allein in Syrien werden derzeit ca. 4 Mio. Binnenvertriebe geschätzt. Weiterhin sei nicht zu verkennen, dass ein Großteil in die direkt benachbarten Länder des Konfliktherdes fliehe, womit die Unterorganisationen der Vereinten Nationen in Ländern wie Jordanien und dem Libanon bereits den meisten Menschen zu helfen versucht. „Das heißt die UNO ist in dieser Hinsicht unentbehrlich, weil sie uns einen Teil der Herausforderung im Libanon, in Jordanien, in der Türkei tatsächlich abnimmt, bei uns wäre die Situation deutlich dramatischer, wenn das nicht der Fall wäre“, so der Politikberater. Um jedoch die weitere Arbeit des UNHCR gewährleisten zu können, sei es nun umso wichtiger und richtig, dass auch die Bundesregierung eine finanzielle Aufstockung entschieden hat. Eine weitere wichtige Aufgabe erfüllt die UNO im Bereich des Klimawandels. Während die Bestätigung des Klimaziels für die westlichen Staaten kein Novum sei, hat die Organisation mit dem Zugeständnis von Ländern wie Indien oder China bereits viel erreicht.

Die Frieden- und Sicherheitsoperationen der Vereinten Nationen betrachtete Dehéz etwas kritischer und kam auf die ersten Blauhelm-Missionen in den 90er Jahren in Somalia, Bosnien und Ruanda zu sprechen. Diese Missionen waren deshalb nicht erfolgreich, weil keine staatlichen Strukturen und Stabilität im Ergebnis vorzufinden waren. Als Konsequenz wurde die ursprüngliche Definition eines souveränen Staates (mit territorialer Verantwortung) in der Charta der Vereinten Nationen 2005 durch das Konzept der erweiterten Schutzverantwortung ergänzt, worin ein souveräner Staat ebenso den Schutz der eigenen Bevölkerung gewährleisten muss. Trotz dieser Anpassung, sei dann wiederum die stringente Interpretation der Normen durch die UNO-Mitgliedstaaten notwendig, betonte der Sicherheitsexperte in seinem Vortrag. Gleichwohl könne auch von erfolgreichen Friedensmissionen wie in der Demokratischen Republik Kongo berichtet werden.

Die nationale Berichterstattung zu den immer größer werdenden Blauhelm-Missionen weltweit durch die UNO geht jedoch zurück, weil Deutschland bei der Bereitstellung von Truppen nur eine kleine Rolle spielt. Zu den größten Truppenstellern gehören beispielsweise Länder wie Pakistan, Nepal oder Indien. Weiterhin ging Dustin Dehéz auf die Frage ein, welche Rolle Deutschland in der Organisation und vor allem im Sicherheitsrat spielen sollte und könnte. Sollte das Konstrukt der Vereinten Nationen tatsächlich dahingehend reformiert werden, dass weitere Staaten in das Gremium aufgenommen werden sollten, sähen die Chancen für Deutschland realistisch jedoch nicht so gut aus. „Der Grund dafür ist, dass sich die Europäer nicht einig sind“, erklärte der Politologe. Darüber hinaus müsste Deutschland einen größeren Beitrag bei den Blauhelm-Missionen leisten, erst dann wäre das wichtigste Kriterium aus der Charta der Vereinten Nationen erfüllt.

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