Länderberichte
Dies sind die Resultate der jüngsten Umfrage, die gemeinsam vom Harry S. Truman Research Institute for the Advancement of Peace an der Hebrew University of Jerusalem und dem Palestinian Center for Policy and Survey Research in Ramallah durchgeführt worden ist. Die israelisch-palästinensische Erhebung wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem unterstützt.
Ein Schwerpunkt der Juni-Umfrage waren die Auswirkungen der modifizierten Arabischen Friedensinitiative auf das Meinungsbild von Israelis und Palästinenser zum israelisch-palästinensischen Friedensprozess. Auch die Erwartungen der Befragten im Blick auf den Erfolg der US-Friedensbemühungen standen im Fokus.
Aussichten der US-Initiative
Trotz der Bemühungen von US-Außenminister John Kerry, den Friedensprozess zu erneuern, und einer Modifikation der Arabischen Friedensinitiative zeigen sich Israelis und Palästinenser generell pessimistisch gegenüber dem Friedensprozess:
Nur 27% der Palästinenser und 10% der Israelis denken, dass beide Seiten zu Verhandlungen zurückkehren werden und die Gewalt enden wird; immerhin 34% der Israelis und 31% der Palästinenser glauben, dass die Verhandlungen fortgesetzt, gleichzeitig aber auch bewaffnete Angriffe andauern werden.
Andererseits gehen 44% der Israelis und 15% der Palästinenser davon aus, dass beide Seiten nicht zurück an den Verhandlungstisch kehren und bewaffnete Angriffe nicht enden werden; 21% der Palästinenser glauben, dass die Verhandlungen nicht wieder aufgenommen werden, die Gewalt jedoch nicht fortgesetzt wird.
Zwei-Staaten-Lösung vs. binationaler Staat
Israelis und Palästinenser zeigen sich mehrheitlich für eine Zwei-Staaten-Lösung aufgeschlossen, das heißt für ein Nebeneinander zweier unabhängiger und souveräner Staaten. Die Mehrzahl der Israelis (62%) unterstützt eine Zwei-Staaten-Lösung, während 33% dagegen sind. Unter den Palästinensern unterstützen 53% die Zwei-Staaten-Lösung, während 46% sie ablehnen. Jedoch sehen über zwei Drittel der Israelis (68%) und der Palästinenser (69%) die Aussichten auf Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates neben Israel in den nächsten fünf Jahren als niedrig oder nicht existierend an. Im Juni 2012 teilten 71% der Israelis und 68% der Palästinenser diese Einschätzung.
Aussichten auf Errichtung eines palästinensischen Staates
51% der Israelis und 58% der Palästinenser denken, dass die Zwei-Staaten-Lösung auf Grund der Siedlungen zum Scheitern verurteilt ist. 44% der Israelis unterstützen einen Abbau von Siedlungen, während 51% dagegen sind. Dies deckt sich mit den Befunden vom Juni 2012, als 50% der Israelis einen Abbau ablehnten und 45% sich dafür aussprachen. Gleichzeitig lehnt eine Mehrheit der Israelis (63%) und der Palästinenser (69%) die binationale Ein-Staat-Lösung ab, während 32% der Israelis und 30% der Palästinenser diese Lösung unterstützen.
Auswirkungen der API-Modifikation
Die Arabische Friedensinitiative wurde 2002 auf saudisches Betreiben beim Beiruter Gipfel der Arabischen Liga beschlossen. Sie sieht die Errichtung eines palästinensischen Staates vor und im Gegenzug die Etablierung diplomatischer Beziehungen und einen Friedensvertrag der arabischen Staaten mit Israel. Dafür soll sich Israel hinter die Grenzen von 1967 zurückziehen und der Schaffung einer palästinensischen Staates zustimmen. Die Flüchtlingsfrage soll in Übereinstimmung mit der VN-Generalversammlungsresolution 194 gerecht gelöst werden. Im Gegenzug werden alle arabischen Staaten Israel anerkennen, einschließlich seines Rechts, die eigenen Grenzen zu sichern.
Im April 2013 setzte der damalige Premierminister von Katar, Scheich Hamad bin Jassem al-Thani, die API erneut auf die Tagesordnung der internationalen Politik und verkündete im Beisein von US-Außenminister Kerry, dass die Arabische Liga bereit sei, geringfügige Gebietsaustausche zwischen den Konfliktparteien zu akzeptieren.
Die Initiative wird von israelischer und palästinensischer Seite unterschiedlich bewertet: 56% der Palästinenser befürworten die Arabische Friedensinitiative und 41% lehnen sie ab, während 24% der Israelis sie unterstützen und 67% sie ablehnen.
Vor einem Jahr, im Juni 2012, unterstützten 51% der Palästinenser die Arabische Friedensinitiative und 45% lehnten sie ab, während 36% der Israelis die Initiative befürworteten und 59% sie ablehnten. Mit anderen Worten: Das arabische Zugeständnis, Gebietsaustausche zu akzeptieren, ändert nichts an der kritischen Sicht der Israelis auf die API. Auf der anderen Seite beeinflusst dieses Zugeständnis die palästinensische Unterstützung für diese Initiative nicht negativ, was wahrscheinlich auch damit zusammenhängt, dass die palästinensische Führung das Konzept des Gebietsaustauschs bereits seit langem befürwortet.
Gleichzeitig hat sich die Bereitschaft unter Israelis und Palästinensern zu einer abschließenden wechselseitigen Anerkennung Israels als Staat des jüdischen Volkes und Palästinas als Staat des palästinensischen Volkes gegenüber 2012 nicht stark verändert. Die aktuelle Umfrage zeigt, dass 57% der israelischen Befragten eine solche gegenseitige Anerkennung unterstützen und 37% dagegen sind. Unter Palästinensern befürworten 42% einen solchen Schritt, 56% lehnen ihn ab. Im Juni 2012 unterstützten 53% der Israelis diese wechselseitige Anerkennung und 43% lehnten sie ab; unter Palästinensern waren die entsprechenden Zahlen ähnlich der aktuellen Umfrage (43% Unterstützung und 55% Ablehnung).
Wahrnehmung der Lebensumstände
32% der Israelis würden den Zustand Israels als gut bis sehr gut beschreiben, 41% jedoch nur als mäßig gut und 26% sogar als schlecht. Palästinenser im Gazastreifen beurteilen die dortigen Gegebenheiten zu 36% als gut bis sehr gut, 23% als mäßig gut und 38% als schlecht, im Westjordanland bewerten 31% der Palästinenser ihre Lebensumstände als gut bis sehr gut, 31% als mäßig gut und 37% als schlecht.
Bedrohungswahrnehmung
50% der Israelis sind besorgt darüber, dass sie oder ihre Familie durch Araber in ihrem tagtäglichen Leben geschädigt werden könnten, während es 49% nicht sind. Dies deckt sich in etwa mit den Ergebnissen vom Juni 2012. Unter den Palästinensern befürchten 74%, dass sie selbst oder ein Mitglied ihrer Familie im Alltag durch Israel schädlich getroffen werden könnten oder dass ihr Land konfisziert oder ihr Zuhause zerstört werden könnte. Auf palästinensischer Seite gab es hier keine Veränderung gegenüber den Befunden von 2012.
Der Grad der Bedrohungswahrnehmung auf beiden Seiten bezüglich der längerfristigen Bestrebungen der anderen Seite ist sehr hoch. 57% der Palästinenser denken, dass es Israels Ziel sei, die eigene Ostgrenze bis zum Jor-dan zu verschieben und die im Westjordanland lebenden Palästinenser zu vertreiben. 25% glauben, es sei das israelische Ziel, nach einer Annexion des Westjordanlands die palästinensischen Bewohner zwar nicht zu vertreiben, ihnen jedoch die Bürgerrechte zu verwehren.
Viele Israelis (37%) denken, dass die Palästinenser langfristig anstreben, den Staat Israel zu erobern und einen Großteil der jüdischen Bevölkerung in Israel zu vernichten; 17% befürchten, es sei zumindest Ziel der Palästinenser, den Staat Israel zu erobern.
Nur 17% der Palästinenser gehen davon aus, dass es Israels langfristige Bestrebung sei, sich aus einem Teil oder allen 1967 besetzten Gebieten zurückziehen. 36% der Israelis denken, dass es die Bestrebung der Palästinenser sei, einige oder alle der im Jahr 1967 besetzten Gebiete zurückzuerobern.
Durchführung der Umfrage
Die palästinensische Stichprobengröße waren 1270 Erwachsene, die von Angesicht zu Angesicht im Westjordanland, Ostjerusalem und im Gazastreifen an 127 zufällig ausgewählten Orten zwischen dem 13. und 16. Juni 2013 interviewt wurden. Die Fehlertoleranz beträgt 3%. Die israelische Stichprobe beinhaltet 601 in Hebräisch, Arabisch oder Russisch per Telefon interviewte erwachsene Israelis zwischen dem 14. und 21. Juni 2013. Die Fehlertoleranz beträgt hier 4,5%. Die Umfrage ist von Professor Ifat Maoz vom Harry S. Truman Research Institute for the Advancement of Peace, dem Department of Communication and Journalism und Direktor des Swiss Center for Conflict Research and der Hebrew Uni-versity und Professor Khalil Shikaki, Direktor des Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR) vorbereitet und beaufsichtigt worden.