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Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass Israel den Ausbau seiner Siedlungen stoppt und weitere Gefangene freilässt. Ohne israelische Zugeständnisse sind 55 Prozent gegen eine Fortsetzung der Gespräche über Ende April hinaus. Nichtsdestotrotz gehen 56 Prozent davon aus, dass Präsident Mahmoud Abbas ein mögliches Rahmenabkommen der amerikanischen Administration akzeptieren würde. Ob es dazu kommt wird entscheidend davon abhängen, ob das Rahmenabkommen die palästinensische Anerkennung der jüdischen Identität Israels beinhaltet. Weniger als ein Drittel der 1200 Befragten würde in diesem Fall das Abkommen unterstützen. Dahinter steckt die Befürchtung, dass eine solche Anerkennung negative Auswirkungen für die palästinensische Minderheit in Israel sowie auf das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge hätte.
Sollten die derzeitigen Gespräche ohne Ergebnis enden, wird der Druck auf die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) merklich zunehmen. Drei Viertel der Palästinenser gehen davon aus, dass sich Präsident Abbas in einem solchen Fall an internationale Organisationen wenden würde. 60 Prozent würden den Beitritt zu solchen Organisationen befürworten, selbst wenn dies zu finanziellen Sanktionen gegen die PA führt. Eine weitere Freilassung palästinensischer Gefangener hat für mehr als zwei Drittel jedoch Priorität. Sollte es tatsächlich zu einem Friedensvertrag kommen, glauben 56 Prozent, dass die Mehrheit der Palästinenser diesem zustimmen würde. Das ist von Bedeutung, da beide großen Palästinenserparteien Fatah und Hamas ein nationales Referendum über ein Friedensabkommen abhalten wollen.
Der tiefe Pessimismus der Palästinenser zeigt sich darin, dass zwar 51 Prozent eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, 74 Prozent die Wahrscheinlichkeit der Gründung eines Staates Palästina in den nächsten fünf Jahren allerdings als gering oder sogar nichtexistent betrachten. Trotzdem sind 72 Prozent der Palästinenser gegen eine Ein-Staaten-Lösung, selbst wenn sie die gleichen Rechte wie die jüdische Bevölkerung hätten.
Spaltung der Palästinensergebiete
Die seit 2007 existierende Spaltung der Palästinensergebiete wird in den Augen der meisten Befragten andauern. 42 Prozent gehen davon aus, dass eine Wiedervereinigung nur langfristig zu erreichen ist, während 39 Prozent nicht an eine Versöhnung glauben und von der Entstehung zweier separater Entitäten ausgehen.
Als ihre größten Probleme betrachten die Palästinenser Armut und Arbeitslosigkeit (27 Prozent) sowie die andauernde israelische Besatzung (25 Prozent). Erst danach folgt mit 21 Prozent das Fehlen nationaler Einheit.
Nationale Wahlen und Beliebtheit von Fatah und Hamas
Die letzten nationalen Wahlen in den Palästinensischen Gebieten liegen aufgrund der Spaltung bereits über acht Jahre zurück. Sollten die längst überfälligen Präsidentschaftswahlen stattfinden und lediglich Präsident Abbas und der „Hamas-Ministerpräsident“ Ismail Haniyeh antreten, würde Abbas 53 und Haniyeh 41 Prozent der Stimmen erhalten. Selbst im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen würde Haniyeh mit 52 Prozent lediglich eine äußerst knappe Mehrheit erreichen. Der von Israel wegen Mordes inhaftierte Fatah-Führer Marwan Barghouti würde Haniyeh sogar mit 60 zu 34 Prozent schlagen. Barghouti ist darüber hinaus der mit Abstand beliebteste Kandidat für den Posten eines stellvertretenden Präsidenten, der bisher nicht existiert. In Parlamentswahlen würde die Fatah derzeit 43 Prozent der Stimmen erhalten, die Hams lediglich 28 Prozent. Sogar in Gaza würde die Fatah mit 38 zu 37 Prozent die Hamas schlagen. Sollte die Spaltung jedoch andauern, würde erstmals eine knappe Mehrheit der Palästinenser das Abhalten von getrennten Wahlen im Westjordanland und Gaza für nötig erachten.
Lebensbedingungen
Die tiefe Spaltung der Palästinensergebiete zeigt sich nicht nur im politischen Bereich. Besonders gravierend sind die Unterschiede in der Einschätzung der Lebensbedingungen. Zwar schätzen lediglich 30 Prozent der Palästinenser die Lebensbedingungen im Westjordanland als positiv ein, für Gaza ist diese Zahl jedoch auf nur noch 15 Prozent gesunken.
Zudem geht eine überwältigende Mehrheit von 80 Prozent davon aus, dass Korruption innerhalb der PA an der Tagesordnung sei. 64 Prozent glauben das gleiche über die Behörden in Gaza. Daher kann es nicht verwundern, dass lediglich 37 bzw. 41 Prozent der Palästinenser der Meinung sind, die Regierungen von Haniyeh in Gaza bzw. Rami Hamdallah im Westjordanland würden eine gute Arbeit machen.