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Veranstaltungsberichte

Von wirtschaftspolitischen Riesen und außenpolitischen Zwergen

von Dr. Kristin Wesemann
Dr. Christian Forneck, Senior Foreign Policy Adviser der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag erklärt die Außenpolitik der Fraktion auf dem Campus Konrad Adenauer in Costa Rica

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Eins ist schon mal klar und eine Art Allgemeinplatz: Mit Außenpolitik gewinnt man in Deutschland eigentlich keine Wahlkämpfe. Dennoch, die Zeiten haben sich geändert. Nach dem 2. Weltkrieg und der deutschen Teilung hatte kaum jemand in der Welt aktives und schon gar nicht militärisches Engagement von der Bundesregierung erwartet oder gar verlangt. Das Land hatte einen guten Ruf als wirtschaftlicher Riese und außenpolitischer Zwerg. Doch klar ist auch: Wer als Wirtschaftsmacht reüssieren will, der braucht funktionierende Regeln, Stabilität, Zuverlässigkeit und Vertrauen. Und all das steht derzeit oft nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste der internationalen Beziehungen.

„Deutschland und Europa leben heute in der gefährlichsten Nachbarschaft, die man sich vorstellen kann“, sagt Christian Forneck, der jeden Tag die Gestaltung der deutschen Außenpolitik begleitet. Gerade habe der türkische Präsident Recep Erdogan die vier Millionen Türken, die in Deutschland leben, aufgerufen, nicht CDU, SPD oder Grüne zu wählen. Einmischung von außen, das sei ein sehr schwieriges Phänomen, sagt Forneck und bittet die Teilnehmer des Campus Konrad Adenauer – 12 junge Außenpolitiker aus den KAS-Partnerparteien in Lateinamerika – zu verfolgen, wie die deutsche Regierung hierauf reagieren würde.

Allerdings, so Forneck, sei Außenpolitik trotz vieler unvorhersehbarer Ereignisse mitnichten etwas Planloses, gefüttert von Ad-hoc-Entscheidungen. Im Gegenteil: „Um unsere Außenpolitik zu formulieren, arbeiten wir mit Programmen. Erst im Wahlprogramm, dann – da Deutschland stets von Koalitionen regiert wird – im Koalitionsvertrag.“ Das Außenministerium, in Deutschland trägt es den Traditionsnamen Auswärtiges Amt, ist, auch dies seit 1969 traditionell, in der Hand des kleineren Koalitionspartners. Das Kanzleramt von Angela Merkel, die seit 2005 Deutschlands Bundeskanzlerin ist, verfügt daher über eine eigene wichtige außenpolitische Abteilung. Und dann ist da die Fraktion der Christdemokraten und Christsozialen; sie stellen mit 311 Abgeordneten in dieser Legislaturperiode die größte Parlamentariergruppe im Bundestag. Gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner verfügen sie über 80 Prozent aller Mandate.

In der Arbeitsgruppe Außenpolitik der Fraktion selbst kümmern sich hauptamtlich gleichwohl nur zwei Referenten um die Außenpolitik. Und klar ist auch, dass die Koalitionsregierung nach Außen mit einer Stimme sprechen muss. Doch gerade jetzt, in der Hochphase des Bundestagswahlkampfes, würden die Unterschiede schon sehr deutlich, sagt der Experte.

Zwei Beispiele nennt Forneck, die die unterschiedlichen Positionen von CDU/CSU und SPD verdeutlichen sollen. Einmal sei da der Umgang mit Russland. Die Christdemokraten meinen, die Annektierung der Krim sei ein klarer Bruch mit Völkerrecht. Demnach dürfe nicht sein, dass nach dem 2. Weltkrieg wieder das Recht des Stärkeren gelte. Darum ist es Konsens in der Gemeinschaft der G7-Staaten, dass eine Aufhebung der Sanktionen erst nach vollständiger Umsetzung des Vertrages von Minsk – übrigens vom damaligen sozialdemokratischen Außenminister und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier mit ausgehandelt – möglich ist. Der SPD genüge hingegen eine schrittweise Umsetzung des Vertrags bei gleichzeitiger schrittweiser Aufhebung. Zum anderen zeigten sich die Unterschiede sehr deutlich in der Verteidigungspolitik. Vor dem Hintergrund der Krimkrise hatten die Nato-Staaten auf ihrem Gipfel 2014 in Wales beschlossen, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent zu erhöhen. CDU/CSU wollen diese Übereinkunft einhalten, die SPD distanziert sich davon. Und das komme gut an bei den deutschen Wählern, die militärischen Engagements in anderen Weltregionen eher skeptisch gegenüber ständen. Forneck erklärte daraufhin, wie schwierig die weltpolitische Lage sich aus deutscher Sicht gestalte. Die Krisen umspannten nahezu die ganze Welt – nur Lateinamerika, mit Ausnahme von Venezuela und dem Spezialfall Kuba, gelte als ruhig und vor allem auch als Partner Europas und Deutschlands.

Christian Forneck hat die neue Lateinamerikastrategie* der christdemokratischen Bundestagsfraktion mitgestaltet und erklärt auf dem Campus Adenauer in Costa Rica, dass eine außenpolitische Strategie für einen anderen Kontinent in der Tat eine große Sache, ja bemerkenswert sei. Denn in der Formulierung einer solchen Strategie stecke nicht nur viel Arbeit, sondern auch die Absicht, sich von anderen Parteien abzugrenzen. Das eindeutige Ziel sei gleichwohl, Lateinamerika wieder in den Vordergrund der deutschen Außenpolitik zu rücken. Der Kontinent solle wieder zu einem wichtigen und starken Partner werden. Für Deutschland gehöre Lateinamerika zu den Demokratien des Westens und die positiven Änderungen der vergangenen Jahre – der Friedensprozess in Kolumbien, die Erfolge der neuen argentinischen Regierung, der Kampf gegen die Korruption in Brasilien, die Wahlerfolge von bürgerlichen Parteien, die Abkehr von Protektionismus und die Öffnung des Kontinents, die wachsenden Mittelschichten etc. – seien eine hervorragende Grundlage für eine Intensivierung der Beziehungen. An die Teilnehmer appelliert der Experte: „Wir haben die Verpflichtung uns politische stärker miteinander zu vernetzen und enger zusammenarbeiten.“ Und in der Tat – was folgt, sind nicht nur vielfältige Fragen zur deutschen Außenpolitik, sondern auch viel Input über die außenpolitische Arbeit der Partnerparteien in Lateinamerika.

Die Lateinamerikastrategie der CDU/CSU-Fraktion findet sich hier

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