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Fest in den Händen von Tycoonen und Regierung: die Medien

von Claudia Crawford, Aleksandra Popović
Wenn die Unabhängigkeit der Medien von wirtschaftlichem und politischem Einfluss sowie Pluralität Kennzeichen für einen freiheitlich demokratischen Rechtsstaat sind, dann ist Serbien noch einen sehr weiten Schritt davon entfernt.

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Wenn die Unabhängigkeit der Medien von wirtschaftlichem und politischem Einfluss sowie Pluralität Kennzeichen für einen freiheitlich demokratischen Rechtsstaat sind, dann ist Serbien noch einen sehr weiten Schritt davon entfernt. Einige wenige Tycoone haben den Medienmarkt für sich reserviert und achten streng darauf, dass ihnen keine Konkurrenz erwächst. Und die Politik hilft dabei, womit sie sich wiederum ihren Einfluss auf die verbreiteten Inhalte sichert.

Das dafür zweckdienliche Instrument ist die 2002 geschaffene Rundfunkagentur. Das Gesetz, dem sie ihre Existenz verdankt, ist seit dem schon vier Mal geändert worden. Die fünfte, hoch umstrittene Änderung befindet sich im Parlament. Und das zum zweiten Mal.

Der erste Gang durchs Parlament erfolgte im Eilverfahren in Sondersitzungen des Parlaments zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause ohne Aussprache. Von Anhörungen von Sachverständigen ganz zu schweigen. Die Gesetzesänderungen wurden dabei von einigen Parlamentariern eingebracht. Eigentlich werden Gesetze im serbischen Parlament ausschließlich von der Regierung zur Entscheidung vorgelegt. In dieser Legislaturperiode gab es nur zwei Ausnahmen, in denen das Parlament die Initiative ergriff. Beide Male betraf es die Rundfunkagentur.

Der Auslöser kam dabei von der Agentur selbst, die sich auf diesem Wege immer weiter reichende Kompetenzen verschaffte. So ist es auch dieses Mal gedacht. Konnte sie bislang Rundfunklizenzen vergeben, so soll sie nach den vorgesehenen Änderungen diese nicht nur auch wieder entziehen können. Sondern vor allem soll sie befugt werden, Rundfunkanstalten und Fernsehsender schließen zu dürfen und zwar mit sofortigem Vollzug. Im Zweifelsfalle ist sie berechtigt, sich vom Innenministerium die entsprechende Unterstützung einzufordern. Sprich, auf ihr Geheiß kann die Polizei gewaltsam eine Radio- oder Fernsehstation verplomben.

Wenn man an das untransparente und alle eigene Regeln verstoßene Prozedere der Vergabe der fünf TV-Lizenzen denkt, braucht man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, in welcher Weise die Rundfunkagentur von so einem Instrument Gebrauch machen würde.

Zur Erinnerung: Am 19. April hat die Agentur im Rahmen einer Ausschreibung die fünf zur Verfügung gestellten TV-Lizenzen vergeben. Unter anderem hat sich RTL an der Ausschreibung beteiligt und nachweislich ein besseres Angebot abgegeben als die berücksichtigten serbischen Sender, die zum Teil noch gar nicht auf dem Markt agieren und in keiner Weise untermauern konnten, wie sie die zugesagten Investitionssummen aufbringen wollen. Im Sommer wurde bekannt, das der größte serbische Sender Pink dem Sender TV Kosava, also theoretisch seinem Mitbewerber auf dem Medienmarkt, 200.000,00 € einen Tag vor der vorgeschriebenen Frist geliehen hat, damit dieser in der Lage war, die Lizenzgebühr zu bezahlen. Wie TV Kosava die 30 Millionen aufbringen will, die sie als Investition zugesagt hat, wurde von der Rundfunkagentur nicht erfragt. Auch über den weiteren kleinen serbischen TV Sendern Avala, der eine Lizenz erhielt, wird gesagt, dass er von Pink mitgetragen wird. Zeljko Mitrovic kontrolliert als Gründer und Besitzer von Pink somit einen erheblichen Teil des Fernsehmarktes.

Im Schließen von Fernsehsendern hat sich die Rundfunkagentur ebenfalls schon geübt, als sie am 25. April den Fernsehsender von dem sich ins Ausland abgesetzten Karic schloss. Man kann vermuten, dass der damalige Vorgang, durch den sich die Agentur einem erheblichen Vorwurf ausgesetzt hatte, der Anlass war, über die jetzigen Gesetzesänderungen nachzudenken.

Sowohl das Eilverfahren als auch die problematischen Inhalte der Gesetzesänderungen haben die Kritik der OSZE und des Europarates hervorgerufen. Dies dürfte mit dazu beigetragen haben, dass der Präsident, Boris Tadic, das Gesetz nicht unterzeichnet hat, sondern an das Parlament zurück verwies. OSZE, Europarat und jetzt auch die EU-Kommission haben darauf hin das Parlament aufgefordert, die umstrittenen Änderungen einer breiten und fachkundigen Diskussion zu unterziehen, bevor ein weiteres Mal abgestimmt wird. Die EU-Kommission verwies in ihrer Verlautbarung auch noch mal auf die unlautere Vergabe der TV-Lizenzen und machte deutlich, dass diese Vorgänge Eingang in den nächsten Fortschrittsbericht zur EU-Annäherung finden würden.

Allerdings ist das weitere Prozedere unklar. Angeblich, so das Argument der DSS-Fraktion, darf ein und dasselbe Gesetz nicht zweimal in einer Legislatur im Parlament behandelt werden. Deshalb gehen sie davon aus, dass das Gesetz noch einmal einfach ohne Debatte abgestimmt wird. Um zu beschwichtigen wird in Aussicht gestellt, dass man ja danach noch mal über Änderungen nachdenken könne. Die G17plus als Koalitionspartner forderten dagegen eine offene Debatte. Wie groß aber ihr Einfluss und ihr Wille sind, bleibt abzuwarten. Die Regierung vertritt ebenfalls keine einheitliche Meinung. Zumindest der zuständige Kultusminister hat sich massiv gegen die Änderungsanträge ausgesprochen. Sein Ministerium hatte einen anderen Vorschlag in der Schublade. Nach einer möglichen zweiten Annahme des Gesetzes ist der Präsident von der Verfassung her verpflichtet zu unterschreiben (Art. 84). Sollte er entgegen der Verfassung wiederum das Gesetz ablehnen, würde er sich einem Amtsenthebungsverfahren unterziehen müssen (Art. 88). Es ist deshalb davon auszugehen, dass er es nicht ein zweites Mal ablehnen wird.

Aber nicht nur auf dem Markt der elektronischen Medien findet unlauterer Wettbewerb und eine zunehmende Medienkonzentration statt. Seit Jahren wird über die Privatisierung einer der größten Tageszeitungen in Serbien, Novosti, gefeilscht. Übernahmeangebote, unter anderem auch von der WAZ, wurden immer wieder hinausgezögert, was den Preis in die Höhe trieb. Die Frage des Verkaufs der Anteile der Kleinaktionäre an der Börse erlebte ein ständiges hin und her. Letztlich ist doch zugunsten eines Verkaufs an der Börse entschieden worden, wodurch man die Übernahmeangebote obsolet führte. Die Regeln schreiben vor, dass maximal 25% in einer Hand liegen dürfen. Nach der Erstbekanntmachung über den Aktienverkauf hieß es, dass 56% der Anteile an insgesamt sieben verschiedene serbische Wirtschaftsleute verkauft worden seien. Inzwischen stehen die Käufer fest: Milan Beko (hier Firma Ardos), einer der Tycoone in Serbien, sowie die Delta-Holding und das Brokerhaus MV Investment, die schon teilweise andeuteten, dass sie keine Eigentümer werden wollen, sondern ihre Anteile verkaufen werden. Beko hat dabei 27% der Anteile erworben und müsste eigentlich ein Übernahemeangebot machen. Die Gefahr, dass gegen dieses Verfahren von einem der Kleinaktionäre Widerspruch eingelegt werden könnte, ist gering, obwohl der Wert der verkauften Aktie mit 3.400,00 € hinter dem Übernahmeangebot der WAZ mit 3.600,00 € zurückblieb.

Erschreckend an diesen Vorgängen ist vor allem, wie wenig der Rechtsstaatsgedanke bei der Politik ausgeprägt ist. Dass jedem, dem etwas unrechtes Vorgeworfen wird, das Recht auf Verteidigung in einem fairen Gerichtsverfahren zusteht, ist zwar in der serbischen Verfassung verankert. Den Politikern scheint das aber nicht klar zu sein, wenn sie ohne Bedenken einer Agentur zubilligen, allein über die Schließung von Unternehmen zu entscheiden und diese Entscheidung auch umgehend zu vollziehen. So gesehen leidet Serbien nicht nur an einen monopolisierten Medienmarkt, der unter dem Einfluss der Politik steht, sondern auch unter einem unterentwickelten Rechtsverständnis seiner Politiker.

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