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Länderberichte

Politischer Stillstand

von Claudia Crawford

Kurzbericht

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Die Augen der Politik und der Öffentlichkeit in Serbien sind auf New York gerichtet. Im UN-Sicherheitsrat gab gestern, am 3. April, der Sondervermittler zur Lösung des Kosovostatus, Ahtisaari, seinen Bericht. Zuvor hatte er sich schon schriftlich klar für die Unabhängigkeit des Kosovo unter internationaler Beobachtung ausgesprochen. In seinem Anschreiben an die Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates, mit dem er den Bericht des Sondervermittlers begleitete, unterstützte der UN-Generalsekretär diese Stellungnahme überraschend deutlich. Damit ist eine neue Etappe auf dem Weg zur Lösung der Statusfrage des Kosovos bestritten.

Der erste Beratungstag hat dabei schon deutlich werden lassen, dass die Verabschiedung wohl doch länger brauchen wird, als von vielen gedacht und vor allem von den Kosovo-Albanern gewünscht. Noch immer wagt niemand eine Prognose, wie Russland sich am Ende verhalten wird. Zudem ließ sich nicht verbergen, dass auch innerhalb der Europäischen Union die Einigkeit in dieser Frage nicht selbstverständlich ist. Länder wie Rumänien, die Slovakei und Zypern haben deutliche Bedenken gegenüber einem möglichen Präzedenzfall. Die Slovakei gehört dabei als nichtständiges Mitglied dem Sicherheitsrat an.

Die Linie der serbischen Politik ist in dieser Frage eindeutig: Neue Verhandlungen, die zu einem Ergebnis führen müssen, das sich an der Grundlinie der UN-Charta orientiert und die Unverletzlichkeit der Souveränität eines UN-Mitgliedstaates respektiert. Der Ministerpräsident Serbiens, Kostunica, stützt sich mit starken Worten auf das Völkerrecht und Russland. Es werden aber auch intensive Gespräche mit den nichtständigen Mitgliedern wie Ghana, Südafrika, Indonesien und Kongo geführt, die für die serbische Position Verständnis zeigen.

Die immer wieder ins Spiel gebrachte Möglichkeit, Serbien die Abtrennung Kosovos durch eine schnelle EU-Perspektive zu erleichtern, findet in Serbien mehrheitlich keinen Widerhall. Zum einen glaubt man angesichts der internen Debatte in der EU um die Erweiterungsfähigkeit nicht an die Bereitschaft, Serbien möglichst bald aufzunehmen. Zum anderen lehnt man ganz grundsätzlich so einen Handel ab; das Eine habe mit dem Anderen nichts zu tun.

Ministerpräsident Kostunica präsentiert sich in diesen Tagen in einer Weise, die deutlich machen soll, dass nur er Serbien vor dem Verlust eines traditionell bedeutenden Teils des Landes bewahren kann. Das tut er sicher nicht zum Nachteil für die derzeit laufenden Regierungsverhandlungen.

Allerdings laufen diese nicht. Und die Ereignisse in New York sind bestens dazu geeignet, davon abzulenken. Nachdem das Aufstellen von Prinzipien erst einmal ein Ende gefunden hat, begannen die Ultimaten und selbst diese ruhen. Aufgrund von ungeschickter Verhandlungsführung auf allen Seiten ist ein Scheitern der Regierungsverhandlungen und damit eine erneute Wahl zur Zeit nicht auszuschließen.

Das Ergebnis der Parlamentswahl vom 21. Januar gibt dem sogenannten demokratischen Block, bestehend aus Demokratischer Partei (DS, Vors. Präsident Tadic, rund 23%), Demokratischer Partei Serbiens (DSS, Vors. Ministerpräsident Kostunica, rund 16,5%) und G17plus (Vors. ehemal. Finanzminister Dinkic, rund 6,5%), die Möglichkeit zur Bildung einer Regierung, auch wenn als Stärkste die Radikale Partei (mit rund 28%) aus der Wahl hervorgegangen ist.

Am 2. März trafen sich DS und DSS das erste Mal zu einem Gespräch, in dem man sich auf fünf Prinzipien einigte. Nach diesen sind die Aufgaben für die künftige Regierung:

-der Schutz der Integrität Serbien, keine Zustimmung zur Unabhängigkeit des Kosovo,

-die Kooperation mit dem Haager Tribunal,

-die Fortführung des EU-Integrationsprozesses und der Verhandlung zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA),

-die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, die Ausweitung der Beschäftigung, die Bekämpfung der Armut und die Erhöhung der Investitionen,

-sowie die Bekämpfung der Kriminalität und Korruption.

Die weiteren Gespräche behandelten weitgehend nur noch Personalfragen. Sowohl DS als auch DSS beanspruchen die Position des Ministerpräsidenten. Ebenso umkämpft ist das Innen- und Verteidigungsministerium.

Die DSS und G17plus, die sich am 6. März trafen, einigten sich auf ein sechstes Prinzip: das Prinzip der Gewaltenteilung. Das heißt, die herausgehobenen Positionen im Staat und in der Regierung, sollten nicht bei einer Partei liegen, sondern unter den Parteien verteilt sein. Man vertrat diese Position, die durchaus von vielen Seiten mitgetragen wird, in der Öffentlichkeit, ohne vorher mit der DS gesprochen zu haben. Die Ablehnung durch die DS kam dann folgerichtig auch umgehend, sowie der Vorschlag eines nullten Prinzips: Es dürfe auf lokaler Ebene keine Koalitionen zwischen DS, DSS oder G17plus mit der Radikalen und der Sozialistischen Partei geben. Das würde für 52 Kommunen die Auflösung bestehender Koalitionen bedeuten, wovon alle drei Parteien betroffen wären, am stärksten aber die DSS.

In der letzten Woche (26.-30. März) ging der Streit hauptsächlich um die Besetzung des Innen-, Verteidigungs-, Finanz- und Verkehrsministeriums. Die DS forderte dabei alle starken Ministerien für sich als Gegenleistung für die Akzeptanz, dass die DSS den Ministerpräsidenten erhält. Zudem möchte man eine Mehrheit im Kabinett haben, was den Eindruck vermittelt, als bestehe bei der DS der naive Glaube, mit Mehrheitsentscheidungen im Kabinett regieren zu können. Neben der DSS werden durch diese Vorgabe der DS auch die G17plus verprellt, die das Finanzministerium haben will und die Partei Neu Serbien, der es um das Verkehrsministerium geht. Schließlich hat die DS eine Vorschlagsliste präsentiert mit der Maßgabe, dies sei das letzte Angebot. Seit dem gibt es keine Bewegung mehr.

Erschwert wird die derzeitige Situation durch den Ablauf der Frist für die vorläufige Haushaltsführung am 31. März. Es hätte eines neuen Haushaltsgesetzes bedurft, das aber nicht zustande kam. Die Regierung hat per Dekret die Fortführung bis Ende Juni beschlossen, was von vielen Seiten massiv kritisiert wird. Der Versuch von DS und G17plus, eine Konstituierung des Parlaments durch die Wahl einer vorläufigen Parlamentspräsidentin auf den Weg zu bringen, um somit schnellst möglich ein neues Haushaltsgesetz verabschieden zu können, ist am Widerstand der DSS gescheitert. In ihren Augen ist die Position des Parlamentspräsidenten Teil eines Gesamtpakets. Über das zu verhandeln hält man für dringlich. Aber eben verhandeln und nicht einseitig festlegen.

Der Streit über die Ministerien ist dabei nicht nur eine Frage der Postenschacherei, sondern entspringt einem tiefen Misstrauen der Parteien untereinander. Die Sorge der DS, dass es die DSS mit der Auslieferung von Ex-General Mladic an das Haager Tribunal und mit der Integration in EU und NATO nicht wirklich ernst meint, lässt sie so auf das Innen- und Verteidigungsressort insistieren. Allerdings muss auch die DS erst noch beweisen, dass sie in der Problematik Mladic erfolgreicher ist als die alte Regierung. Bis 2004 war sie selbst ohne Erfolg in diesem Punkt in der Verantwortung.

Ob und wie man sich am Ende einigen wird, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Nach dem bisherigen Verlauf der Gespräche zur Regierungsbildung ist zu vermuten, dass die Verhandlungen, falls sie erfolgreich sein sollten, noch eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen werden.

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