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Länderberichte

Wahlen mit deutlichen Signalen

von Claudia Crawford
Am 17. November fanden im Kosovo die Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen statt. Das Parteispektrum im Parlament wurde deutlich verschoben. Während die PDK deutlich zulegen konnte und stärkste Partei wurde, hat sich die Stimmenanzahl für die LDK faktisch halbiert. Die neue Partei des Unternehmers Pacolli erhielt auf Anhieb 12%, die westorientierte Ora ist mit 4% unter der Sperrklausel geblieben. Die Wahlbeteiligung von wenig über 40% ist ein deutliches Zeichen an die politische Klasse.

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Es ist von allen Seiten eine niedrige Wahlbeteiligung befürchtet worden. Nun ist sie eingetreten. Allerdings war der Wille zur Stimmenabgabe schon in früheren Wahlen gebremst. Verweise auf das schlechte Wetter sind sicherlich kein hinreichender Grund. Die Menschen scheinen vielmehr nichts mehr von den Wahlen für die Änderung ihrer Lebensbedingungen zu erwarten. Frühere Erwartungen sind enttäuscht worden, den jetzigen Versprechungen schenkt man keinen großen Glauben. Das es dennoch Hoffnungen und Wünsche in der Bevölkerung gibt, erklärt das gute Abschneiden der AKR, die auf Anhieb 12% erhielt. Dabei hatte ihr Vorsitzender Pacolli alles versprochen, was man versprechen kann: Arbeitsplätze, Schulen, Universitäten, Energie und soziale Sicherheit. Vielleicht hat der Umstand, dass er mit seiner unübersehbaren Bauaktivität in gesamten Kosovo zeigen wollte, dass er es mit seinen Ankündigungen ernst meint, zu diesem Vertrauensbonus beigetragen. Nicht wenige seiner Wähler dürften früher LDK gewählt haben. Denn die ist der große Wahlverlierer der Parlamentswahl. Früher erhielt sie immer um die 45%. Ihr erster Vorsitzender, der verstorbene Präsident Rugova, genoss in der Bevölkerung große Achtung. Es zeigt sich nun, dass die LDK von ihrer Geschichte und ihren Verdiensten während der 90er Jahre nicht mehr profitieren kann. Zu wenig hat sie in ihrer Regierungszeit voranbringen können. Die Entäuschung der Menschen ist groß. Und zu sehr hat ihr der innerparteiliche Streit geschadet. Allein an die LDD um den früheren Parlamentspräsidenten Daci hat sie 10% Stimmenanteile abtreten müssen. Aber auch das Fehlen einer ausreichenden Zahl überzeugender, jüngerer Führungskräfte hat zu der herben Niederlage beigetragen. Mit 22% ist die LDK im neuen Parlament nur noch halb so stark. Demgegenüber konnte die PDK gute 5% zulegen, auf jetzt 34%, was sie zur stärksten Kraft werden lässt. Gründe für das gute Abschneiden sind sicher darin zu suchen, dass der Wunsch für einen Wechsel in der Bevölkerung vorhanden ist. Zudem hat die PDK bereits sehr früh mit dem Wahlkampf begonnen. Am Programm selbst wird es kaum gelegen haben. Die Parteien im Kosovo haben ihre Profile noch nicht ausgeprägt und große Unterschiede sind in ihrer Programmatik nicht festzustellen. Ihr Vorsitzender Thaci hat bereits angekündigt, was er als zukünftiger Ministerpräsident alles leisten wird. Es wird für ihn schwer sein, seine eigene Messlatte zu überspringen. Denn viele Probleme lassen sich nicht kurzfristig lösen, was vor allem für das leidige Energiethema gilt. Ein Versprechen musste er sogar direkt nach der Wahl zurücknehmen: dass er gleich am 10. Dezember, dem Tag, an dem die Troika den Bericht an den VN-Generalsekretär übergeben soll, die Unabhängigkeit Kosovos ausrufen wird, falls er Ministerpräsident werden sollte. Nach dem Wahlsieg klangen seine Worte deutlich moderater. Er müsse sich natürlich vorher mit den internationalen Vertretungen ins Benehmen setzen. Ob er damit aber die geweckten Erwartungen der Bevölkerung beruhigen kann, ist nicht sicher. Zumindest in Pristina sind genügend unzufriedene Stimmen, die ganz generell mit seinem Sieg nicht einverstanden sind und befürchten, dass es für Korruption nun künftig gar keine Grenzen mehr geben wird. Die Regierung muss zudem ersteinmal gebildet werden. Da die erzeitigen Statusgespräche alles andere überlagern, spielt in den öffentlichen Medien die Wahl und die zu bildende Regierung kaum eine Rolle. Es ist zu erwarten, dass Thaci die Regierungsbildung vor allem von der Empfehlung der internationalen Vertretungen abhängig machen wird. Diese möchte vor allem Stabilität und ein überlegtes Handeln in Bezug auf den Prozess der Statusentscheidung. Eine Koalition aus PDK und LDK ist von daher nicht unwahrscheinlich, da damit auch ein Stück weit Kontinuität verbunden ist. Die Wirtschaftskräfte wünschen sich lieber einen kompletten Neuanfang, ohne LDK. Den Unternehmer Pacolli im Kabinett zu wissen, kann für die Wirtschaftsentwicklung kein Schaden sein, so das Kalkül. Wenn die Teilnahme an der Wahl durch die Bevölkerung nur mäßig war, so ist die Teilnahme durch die Serben gleich null gewesen. Während sich die anderen Minderheiten nicht explizit aus der Wahl herausgehalten haben und rund 9000 Stimmen erhielten, so sind die Serben dem Boykottaufruf durch Belgrad nachgekommen. Für die Besetzung der 120 Parlamentssitze hat dies theoretisch aber keine Bedeutung, da für die Minderheiten 20 Sitze reserviert sind, davon 10 für die Serben. Allerdings haben sie schon im Vorgängerparlament von ihnen kein Gebrauch gemacht. Die endgültigen Wahlergebnisse wurden für den 8. Dezember angekündigt. Eins steht wohl jetzt schon fest: Die Bürgermeisterwahlen müssen überall wiederholt werden, weil keiner der Kandidaten die nötigen 51% erreicht hat. Wie viele Menschen sich allerdings bewegen lassen, ein weiteres Mal zur Wahlurne zu schreiten, ist ungewiss.

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