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Veranstaltungsberichte

Politische Bildung

Jahresseminar KAS – Kooperationspartner Tschechien und Slowakei

Im September fand das Jahresseminar der KAS-Partner aus der Slowakei und Tschechien statt, das sich mit dem Thema der Politischen Bildung in den beiden Ländern befasste. Der Bericht informiert über den Verlauf der Maßnahme, die in der königlichen Stadt Skalica an der tschechisch-slowakischen Grenze statt fand.

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Zivilgesellschaft und politische Bildung in der Slowakei und Tschechien

Jahresseminar der Konrad-Adenauer-Stiftung und der slowakischen und tschechischen Kooperationspartner zum Schwerpunktthema „Politische Bildung“

Die Förderung politischer Bildung steht im Mittelpunkt der Tätigkeiten der Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Slowakei und in Tschechien. Vor dem Hintergrund zunehmender Politikverdrossenheit und sinkenden politischen Interesses nimmt die Bedeutung der Politikvermittlung zu. Der Begriff „Politische Bildung“ wurde daher als Schwerpunktthema des von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten Jahresseminars im slowakischen Skalica gewählt: Zwei Tage lang wurde das Thema im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen von allen Seiten beleuchtet.

Alljährlich im Herbst treffen sich die Partnerorganisationen der Konrad-Adenauer-Stiftung Slowakei und Tschechien für zwei Tage, um sich näher kennenzulernen, interessante Themen gemeinsam zu erörtern, sich umfassend auszutauschen und die Zusammenarbeit zu vertiefen. Dieses Jahr wurde der grenznahe, beschauliche slowakische Ort Skalica als Treffpunkt gewählt. Erster Tagesordnungspunkt war daher auch – nach einem ersten Mittagessen, in dessen Rahmen bereits interessante Gespräche geführt wurden – eine Stadtführung durch das historische Zentrum von Skalica. Nachdem die Teilnehmer so in die Geschichte des Ortes eingeführt worden waren, konnte die Behandlung des eigentlichen Hauptthemas beginnen: Nach einleitenden Worten von Agáta Pesková, stellvertretende Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bratislava, und Werner Böhler, Leiter der Auslandsbüros in Tschechien und der Slowakei, in denen das Thema zunächst ganz allgemein umrissen wurde, gingen Tomáš Lebeda von der Palacký Universität in Olmütz und Ondřej Matĕjka vom Zentrum für Bürgerbildung in Brünn zum Thema politische Bildung in Tschechien in die Tiefe.

Das Fazit der beiden Wissenschaftler fiel dabei recht nüchtern aus: Die politische Bildung in der Tschechischen Republik stellt bislang ein kaum beachtetes Randthema dar. Tomáš Lebeda präsentierte die Ergebnisse seiner Forschungen, die in den Jahren 2006 und 2010 zu politischen Kenntnisse in Tschechien durchgeführt wurden. Die Resultate zeigten einige Defizite auf: Das politische Wissen in Tschechien fehlt, Meinungen stützen sich zumeist auf ein wackeliges Fundament. Insbesondere das Interesse an europäischen Themen ist in Tschechien, das seit neun Jahren Teil der Europäischen Union ist, gering. Variablen wie Bildung beeinflussen hierbei den politischen Kenntnisstand stark.

Ondřej Matĕjka, der Mitglied des Zentrums für Bürgerbildung in Brünn ist, das sich die systematische Unterstützung und Umsetzung von Bürgerbildung zum Ziel gesetzt hat, gab einen Einblick in allgemeine Strukturen politischer Bildung in Europa und zog zum Schluss ein ebenfalls eher negatives Fazit: In Tschechien findet so gut wie keine politische Bildung statt; an den Schulen wird sie nur unzureichend behandelt, es fehlen finanzielle Mittel, und es fehlen Institutionen, die sich zu politischer Bildung bekennen. Insbesondere junge Tschechen haben das Gefühl, die Politik kaum beeinflussen zu können; sie beteiligen sich nur selten politisch und gehen im internationalen Vergleich selten zur Wahl. Ähnliche Muster zeigen sich in der Slowakei.

Auf diese erste und äußerst ernüchternde Bestandsaufnahme folgten Präsentationen der Partnerorganisationen, die innovative Konzepte zur politischen Bildung vorstellten. So gut wie alle Partnerorganisationen haben sich dem Thema politische Bildung verschrieben, wollen das Interesse für Politik wecken und Wissen über politische Vorgänge sowie die Geschichte ihres Landes vermitteln – diese Gemeinsamkeiten zeigten sich auch in den vorgestellten Projekten. So präsentierte František Neupauer vom Bürgerverein Unauffällige Helden das Museum der Opfer und Verbrechen des Kommunismus in Bratislava, das sich das Gedenken an die Gräuel des kommunistischen Regimes zum Ziel gesetzt hat. Die Jugendorganisation „Neue Generation“ der slowakischen Partei SDKÚ-DS wiederum versucht, politisches Interesse in der Jugend zu wecken, und organisiert hierfür verschiedenste Veranstaltungen und Projekte. Die Ideenschmiede „Europäische Werte“ widmet sich der Vermittlung von Wissen über die Europäische Union; das christliche Haus Quo Vadis in Bratislava fördert den Austausch junger Menschen, bietet eine Bibliothek, eine Cafeteria und verschiedene Veranstaltungen. Die Präsentationen wurden von lebendigen Diskussionen begleitet, in deren Rahmen das Thema der politischen Bildung aus den verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet wurde.

Der zweite Tage bot erneut Gelegenheit, sich von der Vielfalt innovativer Konzepte zu überzeugen: Auf eine kurze Behandlung des Systems der politischen Bildung in Österreich folgte die Vorstellung der Plattform Europäisches Gedächtnis und Gewissen, die sich seit 2011 der Erinnerung an die schmerzhafte Geschichte Europas verschrieben hat. Eine Wanderausstellung zum Thema des Totalitarismus in Europa ist dabei ebenso Inhalt des Projekts wie ein Lesebuch, das die Lebensgeschichten von Personen, die durch das kommunistische Regime verfolgt wurden, nachzeichnet. Das Forum christlicher Institutionen präsentierte eigene Projekte wie die Initiative „Adoptiere einen Politiker“, in dessen Rahmen junge Menschen dazu aufgerufen werden, für einen bestimmten Politiker zu beten und sich damit mehr mit Politik zu beschäftigen. Das Forschungsprojekt „Trends in der Europapolitik“ wiederum widmete sich der Frage, was tschechische Eliten – etwa Politiker, Nichtregierungsorganisationen oder Geschäftsleute – von der Europapolitik halten. Die Ergebnisse sind durchaus interessant und förderten etwa zutage, dass die Eliten eine Euro-Einführung befürworten und neben der Slowakei vor allem Deutschland und Polen als Verbündete in der Europapolitik wahrgenommen werden. Schließlich präsentierte sich das Institut Logos als neue slowakische Partneror-ganisation, die im Rahmen einer Kampagne zum Wählen aufruft und unter anderem eine Informationsbroschüre zu politischen Wahlthemen publiziert.

Kernstück des zweiten Tages war schließlich ein Workshop. Unter Anleitung von Herrn Matĕjka wurden Arbeitsgruppen gebildet; im Rahmen der Gruppen sollten Bezüge der eigenen Partnerorganisationen zum Konzept der politischen Bildung hergestellt und mögliche Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Organisationen ausgelotet werden. Als Grundlage für die Diskussionen dienten die Prinzipien des Beutelsbacher Konsens, eines Papiers, das 1976 in Deutschland ausgearbeitet wurde und bis heute ein wichtiges Fundament für das System der politischen Bildung in Deutschland bildet. Die anschließenden Diskussionen gestalteten sich äußerst lebhaft, die einzelnen Partnerorganisationen hatten viel beizutragen und konnten sich umfassend austauschen. Insbesondere wurde die Notwendigkeit hervor-gehoben, auch jene Bevölkerungsschichten anzusprechen, die sich nicht für Politik interessieren – bislang werden die Angebote vor allem von ohnehin schon Politikinteressierten wahrgenommen. Auch das Überwältigungsverbot des Beutelsbacher Konsens, das vor Indoktrination durch politische Bildung warnt, wurde rege diskutiert – so stimmten die Teilnehmer darin überein, dass der Dialog mit verschiedensten ideologischen Strömungen ebenso notwendig ist wie eine breite, alle politischen Strömungen umfassende Bildung.

Zum Abschluss der zweitägigen Veranstaltung betonte Herr Böhler nochmals die Notwendigkeit, bei aller politischen Überzeugungsarbeit keine Diffamierung des politischen Gegners oder Manipulation zu betreiben. Zum Spiel der Demokratie gehört für ihn eine starke Opposition und der Respekt aller parteipolitischen Strömungen sowie Toleranz. In seinen Schlussworten verwies er zudem darauf, dass der Beutelsbacher Konsens als wichtiges deutsches Grundlagendokument der politischen Bildung auf einer zivilgesellschaftlichen Fachtagung entstanden ist – nicht zuletzt deshalb darf der Austausch verschiedener zivilgesellschaftlicher Akteure in seiner Wichtigkeit für die demokratische Entwicklung eines Staates keineswegs unterschätzt werden. Die Veranstaltung bot damit nicht nur die Gelegenheit zum Austausch und Netzwerken, die von allen Beteiligten genutzt wurde – sie stellte auch eine Möglichkeit dar, zivilgesellschaftliche Initiativen im Bereich der politischen Bildung hervorzuheben, zu vernetzen und zu stärken.

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