Asset-Herausgeber

Einzeltitel

"Europa braucht die Türkei und die Türkei braucht Europa"

Über die innenpolitischen Spannungen, die sicherheitspolitische Lage, die Flüchtlinge in der Türkei und die Gespräche zwischen Angela Merkel und der türkischen Führung hat KAS.de mit Colin Dürkop gesprochen. Er ist der Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ankara.

Asset-Herausgeber

In knapp zwei Wochen finden in der Türkei Neuwahlen statt. Bei den letzten Parlamentswahlen hatte die AKP ihre absolute Mehrheit verloren. Und die Parteien, die ins Parlament einzogen, konnten in der vorgegebenen Frist keine Koalition bilden, denn die politischen Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber, so Dürkop: „Begünstigt wird das dadurch, dass sich das Land in einem permanenten Wahlkampmodus befindet.“ Und die Polarisierung ziehe sich durch Medien, Wirtschaftsverbände sowie die akademische Welt.

Die schwierige innenpolitische Lage wird ergänzt durch eine prekäre außen- und sicherheitspolitische Situation. Beinahe täglich verübe die PKK Terroranschläge und seit dem Eingreifen der Türkei in den syrischen Bürgerkrieg hat der IS das Land ins Visier genommen. Die Sicherheitslage hat Auswirkungen auf den Wahlkampf, so habe die HDP sämtliche Wahlkampfveranstaltungen bis zum 1. November abgesagt, berichtet Dürkop.

Und auch die Flüchtlinge im Land haben es schwer. Nur etwa 12 Prozent von ihnen seien in Lagern untergebracht, in denen sie gut versorgt werden. Die Registrierten erhalten sogar Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem. Der Rest jedoch lebe im Land verstreut, darunter viele in Großstädten und teilweise unter schweren Bedingungen, so Dürkop. Doch das wichtigste ist, dass viele von ihnen auf lange Sicht keine wirkliche Perspektive in der Türkei hätten. Daher wollten viele nach Deutschland. Und so habe Bundeskanzlerin Merkel am Wochenende mit Ministerpräsident Davutoglu und Präsident Erdogan über die türkischen Wünsche nach finanziellen Hilfen, Visa-Erleichterungen und ein mögliches Rücknahme-Abkommen gesprochen.

Diese Gespräche seien aber nur der Anfang eines langen Prozesses, denn vor den Toren der Türkei warteten schon weitere Flüchtlingswellen aus Afghanistan und dem Nordirak. Dürkops Fazit lautet daher: „Europa braucht die Türkei und die Türkei braucht Europa. Auch, wenn sich die emotionalen Gräben in den letzten Jahren erweitert haben, überwiegt letztendlich doch eine pragmatische Herangehensweise.“

Das komplette Interview mit Colin Dürkop finden Sie als Audio-Mitschnitt in der rechten Spalte bzw. unter dieser Zusammenfassung.

Asset-Herausgeber

Einzeltitel
7. Oktober 2015
Jetzt lesen
KAS

comment-portlet

Asset-Herausgeber