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KAS Alumni Dialog #2 - Veranstaltungsbericht

by Dijana Prljić

Zur Wahl der Richter am Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina - Verfahren, aktuelle Diskussion und Kontroversen

Anfang 2025 wurde im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Bosnien und Herzegowina das Projekt „KAS Alumni Dialog“ ins Leben gerufen. Auf Vorschlag des Alumni Klubs der KAS kommen sechs- bis achtmal im Jahr aktuelle und ehemalige Stipendiaten in Sarajevo zusammen, um über gesellschaftlich und politisch relevante Themen zu diskutieren.

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KAS Alumni Diskussionen

 

Die Themen werden aus dem Kreis der Stipendiaten vorgeschlagen und die Diskussionen von einzelnen Stipendiaten vorbereitet und moderiert. So fördert der Dialog den Austausch untereinander und stärkt das Alumni-Netzwerk, dem mittlerweile rund 450 Personen angehörige, darunter Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen, die als Vortragende und Gesprächspartner dienen. Die von Mitgliedern des Alumni Klubs vorgeschlagenen Themen decken dabei ein breites interdisziplinäres Spektrum an lokal, regional und global relevanten Fragestellungen ab.

 

Wahl der Verfassungsrichter in Bosnien und Herzegowina

 

Nachdem es beim ersten Dialog am 20. Februar 2025 um die Zukunft der Region und die Perspektiven Bosnien und Herzegowinas ging im Gespräch mit dem Ökonomen Dr. Mladen Ivanić, einem ehemaligen Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina von der PDP aus der Republika Srpska, hatte die zweite Diskussion am 20. März 2025 im Konferenzraum des Auslandsbüro der KAS in Sarajevo die  ebenso spannende wie aktuelle Frage zum Thema, wie die Wahl der Verfassungsrichter von Bosnien und Herzegowina von statten geht.

 

Das Verfassungsgericht ist ein integraler Bestandteil des Daytoner Friedensabkommens für BiH und der Verfassung und hat die Aufgabe, die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und des Regierungshandelns zu wahren.

 

Die Wahl der Verfassungsrichter ist derzeit aktuelles Thema, da eine Stelle neu besetzt werden soll. Auf die im November 2024 veröffentlichte Ausschreibung bewarben sich vier KAS Alumni: Dr. Muhamed Mujakić, Dr. Mahir Muharemović, Dr. Nedžad Smailagić und Filip Novaković.

 

Gemäß der Verfassung besteht das Verfassungsgericht aus neun Mitgliedern. Vier Richter werden vom Parlament der Föderation BiH (FBiH) ernannt, zwei von der Volksversammlung der Republika Srpska (RS) und drei vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – letztere sind ausländische Richter. Seit 2020 ist etwa die Kölner Professorin Dr. Angelika Nußberger, die zuvor Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war und Mitglied der Konrad-Adenauer-Stiftung ist, Verfassungrichterin in BiH. Die Verfassung legt zudem fest, dass die Richter „herausragende Juristen von hohem moralischem Ansehen“ sein müssen.

 

Die Verfassung enthält keine weiteren Bestimmungen zur Besetzung des Verfassungsgerichts. In der Praxis hat sich jedoch eingebürgert, dass die Verfassungsrichter nach ethnischen Kriterien ernannt werden, so dass die drei konstitutiven Völker in BiH vertreten sind. Dass dem Gericht zudem auch ausländische Richter angehören, ist immer wieder Gegenstand öffentlicher Kritik und Debatten.

 

Diese beiden Praktiken wurden unter anderem im Rahmen der Veranstaltung diskutiert. Darüber hinaus standen weitere zentrale Fragen im Fokus, darunter die Unabhängigkeit der Richter und ihre mögliche Nähe zu politischen Lagern – insbesondere in Fällen, in denen ehemalige Parteipolitiker als Richter tätig sind. Weitere Diskussionen umfassten die Voraussetzungen für das Richteramt, den Auswahlprozess sowie die Dauer des Mandats der Verfassungsrichter. Zudem wurden die Entscheidungsfindung des Verfassungsgerichts, die Qualität seiner Urteile sowie deren Umsetzung und Umsetzbarkeit eingehend erörtert.

 

Die Redner waren folgende Alumni: Dr. Mirza Hebib, Harun Išerić und Miloš Davidović, Dozenten an der Juristischen Fakultät der Universität Sarajevo; Franjo Dragičević, Berater am Verfassungsgericht von BiH, und Filip Novaković, Jurist aus Banja Luka, der sich im Rahmen der der Ausscheibung für das Amt des Verfassungsrichters beworben hat.

 

Die Arbeit des Verfassungsgerichts wurde insgesamt als qualitativ hochwertig bewertet, trotz der Herausforderungen, mit denen das Gericht konfrontiert ist. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer größeren Transparenz im Ernennungsprozess der Richter. Die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts – und der Justiz insgesamt – als fundamentale Säule der Gewaltenteilung wurde betont und als schützenswert bezeichnet, die Bedeutung der konsequenten Umsetzung der Urteile nachdrücklich unterstrichen. Besondere Aufmerksamkeit galt der Rechtsstaatlichkeit, die auf Recht und Gesetz basieren muss und nicht selektiv interpretiert oder instrumentalisiert werden darf.

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Contact

Dijana Prljić

Koordinatorin des Stipendienprogramms im Auslandsbüro Bosnien-Herzegowina

dijana.prljic@kas.de +387 33 215 240 +387 33 215 239

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