Den Streit ums Sparen gibt es schon lange, aber selten wurde er mit solchem Furor ausgefochten wie heute. Inzwischen ist er zu einer Art globalem Glaubenskrieg eskaliert.
Jenseits des atlantischen Schützengrabens sucht man – trotz der bösen Erfahrung, die in die Krise führte – weiterhin im reichen Geldsegen Erlösung für die schwächelnde Konjunktur. Wenn es gut läuft, wird die wunderbare Notenvermehrung der Federal Reserve schon die Reinwaschung von allen Schulden übernehmen! Die „Gerechten“ dieses nachfrageorientierten Bekenntnisses, wie Paul Krugman, fühlen sich berufen, auch die blinden und lahmen Europäer sehend und gehend zu machen. „Wir haben das Wissen und die Mittel, um dem Leiden ein Ende zu bereiten“, frohlockt Krugman heilsgewiss. Die austeritätsgläubigen Deutschen aber wähnt er mitsamt dem Euro auf dem „Todestrip“.
Im Euro-Europa scheinen diejenigen Oberwasser zu haben, die trotz teils geißelnder Arbeitslosenziffern nicht alle Stabilitätshoffnung fahren lassen wollen. Doch ob sie am Ende obsiegen, lässt sich schwerlich prophezeien. Wie verheißend wirkt die Ausflucht, sich mit noch mehr geborgtem Geld bequem aus der Misere zu kaufen, statt sich mühsam herauszureformieren?
Wie Umfragen zeigen, lehnt die Mehrheit der Deutschen exzessives Schuldenmachen ab. Aber bekanntlich gibt es auch bei uns kapitalismuskritische Umverteilungsapologeten, die in seltsamer Übereinkunft mit Wall-Street-Kapitalisten die Geldschleusen noch weiter öffnen wollen. Sie rücken mit dem Schlachtruf des „Kaputtsparens“ an, verschanzen sich hinter der Forderung nach Investitionen, zielen aber – noch dazu unter Einsatz der Steuerschraube – auf die Ausweitung der laufenden Staatsausgaben. Dass sie damit für die nachkommenden Generationen verbrannte Erde hinterlassen und es deswegen ein Gebot der Gerechtigkeit ist, die tatsächlich nötigen Impulse, beispielsweise für die Infrastruktur, aus einer nachhaltigen Haushaltsführung zu leisten, gehört zu den Kernthemen der aktuellen politischen Auseinandersetzung.
Geld-muss-raus-Mentalität ist nicht mehrheitsfähig, aber es kann dem Spar- und Stabilitätsgedanken auf Dauer nicht guttun, wenn geliehenes Geld zu Schleuderpreisen zu haben ist, jedoch das Ersparte zinsbedingt dahinschmilzt. Ludwig Erhard hat stets die Meinung vertreten, dass, wo viel verbraucht, auch viel gespart wird. Eigentumsbildung, die schrittweise Mehrung des Vermögens, gerade für geringe und mittlere Einkommen, sind wie ein maßvoller Konsum Leitmotive der Sozialen Marktwirtschaft. Es wäre ein passender Zeitpunkt, neu darüber nachzudenken.
Bernd Löhmann, Chefredakteur