2014 wird das Super-Wahljahr: Elf Kommunalwahlen und die Europawahl am 25. Mai stehen an. Die spannende Aufgabe wird es sein, die Politik für Städte, Gemeinden und Landkreise – für die Heimat vor Ort – in der Kommunalwahl mit unserem Engagement für Europa zu verbinden.
Eine solche Verbindung ist einer der großen Vorteile der politischen Parteien im Gegensatz zu den bei Kommunalwahlen antretenden örtlichen Wählergemeinschaften. Deren Einfluss endet am Ortsschild. Unsere Politik können wir durchgängig gestalten: vom Dorf, von der Stadt über den Landkreis, das Land, den Bund bis zur europäischen Ebene. Dabei werden auf jeder dieser Ebenen Entscheidungen getroffen, die sich in jeder Gemeinde, in jeder Stadt auswirken. Gerade deshalb ist es so wichtig, auch eine durchgängige Interessenvertretung für kommunale Belange wahrzunehmen.
Wir können auf eine gute kommunalfreundliche Bilanz blicken: Die von CDU und CSU geführten Bundesregierungen haben in den vergangenen Jahren die Weichen dafür gestellt, dass die Kommunen finanziell von steigenden Sozialkosten entlastet werden. Damit haben sie neuen finanziellen Spielraum bekommen, der die kommunale Selbstverwaltung stärkt. Diese Linie setzt die unionsgeführte Große Koalition in der laufenden Wahlperiode fort. Auf einer solchen Grundlage können die kommunalen Mandatsträger und Kandidaten der Union vor Ort aufbauen.
Das Regierungsprogramm 2013 bis 2017 der Union enthält zahlreiche Maßnahmen, die zur weiteren Konsolidierung der Kommunen beitragen. Aus kommunaler Sicht sind die wesentlichen Punkte für diese Legislaturperiode eine zukunftssichere Finanzausstattung, Entlastungen im Sozialbereich und Investitionen in die Infrastruktur für Städte, Gemeinden und Landkreise.
Die vollständige Kostenübernahme für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die in diesem Jahr in Kraft tritt, bedeutet allein bis 2020 eine Entlastung um fünfzig Milliarden Euro – das ist die größte Kommunalentlastung in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Gesamtbilanz der kommunalen Haushalte weist seit dem vergangenen Jahr wieder Überschüsse, erstmals wieder schwarze Zahlen aus. In den nächsten vier Jahren wird die Union die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung weiterentwickeln und in ein Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung überführen. Das Ziel ist, dass der Bund sich schrittweise an den Kosten beteiligt und so die Kommunen wirksam und dauerhaft entlastet werden. Das stärkt die Finanzkraft der Kommunen und verschafft ihnen finanzielle Handlungsspielräume, wie es im Koalitionsvertrag festgehalten ist.
Betreuung von Kleinkindern
Der Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ist bislang gut gelaufen. Seit 2007 hat sich die Zahl der Kita-Plätze verdoppelt. Die befürchtete Klagewelle von Eltern, die ab dem 1. August 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, blieb aus. Das zeigt, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam viel erreichen können. Rund 5,4 Milliarden Euro hat der Bund für die Schaffung von Betreuungsplätzen in die Hand genommen und ab 2015 noch mal eine „Schippe draufgepackt“. Für den laufenden Betrieb der neu geschaffenen Plätze werden jährlich 845 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.
Eine gute Betreuung und Förderung sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass alle Kinder in Deutschland gute Zukunftschancen haben. Deshalb reicht es nicht aus, nur hinreichend viele Plätze zu haben. Es muss auch um die Qualität der Angebote gehen. Die Kindergärten brauchen ein gutes Qualitätsmanagement: kindgerecht eingerichtete Räume, pädagogische Konzepte und natürlich ausreichend Fachkräfte. Wer Kinder liebevoll betreut und erzieht, muss zwar über entsprechende Fähigkeiten verfügen, nicht aber unbedingt ein Hochschulstudium vorweisen. Der Gesetzgeber hat im Kinder- und Jugendhilferecht in mehreren Paragraphen im SGB VIII eine qualitätsvolle Kindertagesbetreuung gefordert. Dies müssen die Länder jetzt so umsetzen, dass Qualität auch messbar ist.
Ländliche Räume im Fokus
Rund die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt auf dem Land. Doch viel zu selten wird die Entwicklung der ländlichen Räume in den Fokus der Politik gerückt, obwohl der überwiegende Teil der 3,5 Millionen Betriebe in Gemeinden und kleinen Städten ansässig ist. Die regionale Vielfalt spiegelt sich auch in der Wirtschaft wider, die vom Mittelstand geprägt wird. Mit dem im November 2012 vom Bundestag verabschiedeten Antrag „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ liegt ein 105 Einzelmaßnahmen umfassendes Aktionsbündel auf dem Tisch.
Unser Anspruch ist es, Politik für Städte und für ländliche Regionen gleichermaßen zu gestalten. Dafür ist die Ankündigung im Koalitionsvertrag wichtig, die Städtebauförderung zu stärken. Für diese Aufgabe sollen in den kommenden vier Jahren 600 Millionen Euro zusätzlich eingesetzt werden. Die jährliche Bundesförderung soll von 455 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro steigen. Insbesondere das Programm „Soziale Stadt“ soll davon profitieren. Denjenigen Städten, die unter besonderer Haushaltsnotlage leiden und ihren Eigenanteil nicht aufbringen können, soll gesondert geholfen werden.
Mammutaufgabe Energiewende
Eine Mammutaufgabe für die Kommunen ist die Umsetzung der Energiewende. Das Bundeskabinett hat am 22. Januar 2014 in einer Klausurtagung in Meseberg die vom zuständigen Bundesminister Sigmar Gabriel vorgelegten Eckpunkte einer grundlegenden Reform des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) beschlossen. Diese Eckpunkte werden in einen Gesetzentwurf fließen, der zwischen kommendem Mai und Juni im Bundestag beraten wird. Das Ziel ist, den Ausbau der erneuerbaren Energien verlässlich voranzubringen, aber gleichzeitig weitere Sprünge im Strompreis zu verhindern. Dazu gehört auch das Ausbauziel, bis 2025 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung auf 40 bis 45 Prozent zu steigern. Dies steht im Einklang mit der aktuellen gesetzlichen Planung, bereits bis 2020 mindestens 35 Prozent zu erreichen. Dieses Ziel wird nicht verringert, aber verlässlicher gestaltet, damit der Ausbau der erneuerbaren Energien in den Umbau des gesamten Energiesystems einschließlich des Netzausbaus eingebunden wird.
Die Grundrichtung ist durch den Koalitionsvertrag vorgegeben. Über die konkreten Maßnahmen wird es noch viele Diskussionen geben. So gibt es einen Wettbewerb zwischen den Ländern, in denen die Windkraft ausgebaut werden soll. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass für den Ausbau der Windkraft an Land „bundesweit die guten Standorte … auch zukünftig wirtschaftlich genutzt werden können“. Bei der Festlegung der Vergütungshöhen ist es kontraproduktiv, Vergütungen an guten Standorten abzusenken, um an besonders windschwachen Standorten die Subventionen noch mehr zu erhöhen.
Die Absicht von Bundesminister Gabriels Eckpunkten der EEG-Reform, bis spätestens 2017 ein Ausschreibungsverfahren statt der festen Einspeisevergütung zu installieren, steht in überraschendem Widerspruch zum Koalitionsvertrag. Hier sind eindeutig das Gelingen eines bis 2016 durchzuführenden Pilotprojektes auf dem Gebiet der Photovoltaik als Voraussetzung sowie eine Frist bis 2018 vereinbart worden.
Regionale Versorgungskonzepte
Über die Fristen wird mithin noch zu diskutieren sein, schließlich haben Tausende Bürger im Vertrauen auf geltendes Recht in Projekte vor Ort investiert. Deren Realisierung ist weit fortgeschritten, alle Verträge sind unter Dach und Fach. Doch häufig stecken Anträge seit Monaten bei den Landesbehörden fest und werden wegen mangelnder Personalkapazität nicht abgearbeitet. Bei der EEG-Reform ist deswegen die vorausschauende Organisation entscheidend. Mir kommt es darauf an, dass gerade regionale Versorgungskonzepte, die inzwischen von vielen Kommunen gemeinsam mit ihren Stadtwerken entwickelt werden, zukunftsfähig bleiben. Die Kommunen haben die Planungen zum Teil auch mit hohem finanziellem Aufwand begleitet. Sie dürfen nicht enttäuscht werden.
Ein Problem bleibt allerdings durch die vorgelegten Eckpunkte zur EEG-Novelle weiter ungelöst: Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat zu höherem Stromangebot an der Börse und damit zu sinkenden Strompreisen an der Börse geführt. Diese Preisreduzierungen werden nicht ausreichend an die Verbraucher weitergegeben, führen aber zu einer steigenden EEG-Umlage. Mit den eigentlichen Stromerzeugungskosten haben die Preisgarantien des EEG nichts zu tun. Der Gesetzgeber erzeugt den sinkenden Börsenpreis deshalb ebenso, wie er ihn kompensiert – durch die EEG-Umlage. Selbst wenn der gesamte Zubau erneuerbarer Energien auf null reduziert würde, stiege die EEG-Umlage bei weiter fallendem Börsenstrompreis. Aus diesem Unsinn müssen wir heraus. Es ist widersinnig, den Strom aus erneuerbaren Energien zu Billigstpreisen an der Börse zu verramschen. Die Erzeuger von erneuerbaren Energien müssen in die Lage versetzt werden, gesicherte Leistung zu besseren Preisen am Markt anzubieten.
Kommunaler Klimaschutz
Klimaschutz kann nur vor Ort gelingen. Deshalb brauchen wir gute Projekte in unseren Kommunen, die zeigen, wie wir unser Klima schützen, wie wir die Schöpfung bewahren können, ohne unseren Wohlstand zu gefährden. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit rund 3.200 Projekte in 2.200 Kommunen gefördert. Mit rund 3.000 Anträgen hat sich die Antragszahl im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Gefördert wurden Klimaschutzkonzepte und insbesondere Maßnahmen zur Energieeffizienz. Gerade die Kommunen haben mit ihrem großen Bestand an öffentlichen Gebäuden viel Potenzial, Energie einzusparen und so einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dieses Bewusstsein wächst in den Kommunen. Die Bundesregierung unterstützt diese kommunalen Bemühungen mit mehr Geld. Das für 2013 beantragte Fördervolumen liegt zurzeit bei 135 Millionen Euro; im Vorjahr waren es rund 74 Millionen Euro. Dies ist ein echtes Signal, dass der kommunale Klimaschutz richtig Fahrt aufnimmt. Diesen Weg wollen wir fortsetzen und die Kommunen beim aktiven Klimaschutz unterstützen.
Stadt, Land, Europa
Der CDU-Bundesvorstand hat in seiner Klausurtagung am 7. und 8. Februar 2014 in Erfurt den Europapolitischen Antrag an den 26. Parteitag auf den Weg gebracht, in dem die kommunalen Interessen intensive Berücksichtigung finden. Die Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) hatte im Vorfeld angemahnt, dass der Europäischen Union der direkte Durchgriff auf die Kommunen verwehrt werden sollte. Regelungen, die in das Kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreifen, könnten so verhindert werden.
Dort heißt es: „Wir wollen dem Subsidiaritätsprinzip auf allen Ebenen Geltung verschaffen. Bundestag, Bundesrat sowie die kommunalen Spitzenverbände sollen im Prozess der europäischen Rechtssetzung rechtzeitig und angemessen beteiligt werden. Über 60 Prozent aller auf EU-Ebene verabschiedeten Richtlinien und Verordnungen sind für die kommunale Ebene bedeutsam. Das unterstreicht, wie wichtig eine starke Stimme der Kommunen in Brüssel ist. Deshalb werden wir uns auch in Zukunft stets für die Belange der Kommunen in Europa einsetzen.“
Dies ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil es unsere Form der Kommunalen Selbstverwaltung außerhalb Deutschlands nur noch in Österreich gibt. Die Partner in Europa haben sehr viel stärker zentralistisch ausgerichtete Strukturen. So ist es oftmals schwer, sie von unseren Interessen in Bezug auf die kommunale Selbstverwaltung zu überzeugen. Dabei kann unser Modell auch Vorbild für andere Länder sein.
Ein klares Bekenntnis zum Erhalt einer qualitativ hochwertigen öffentlichen Daseinsvorsorge ist ebenso im Programmentwurf enthalten wie die Förderung der ländlichen Räume und der Infrastruktur.
Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen
Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Neben einer klaren Ausrichtung kommt es darauf an, die „richtigen Kandidaten“ aufzustellen, die mit ihrer Ausstrahlung und Persönlichkeit Sympathien und Vertrauen bei den Bürgern wecken. Wichtig sind neben einer gewissen Grundkompetenz vor allem ein ausreichender Bekanntheitsgrad und vor allem die Fähigkeit, kommunale Inhalte und Ideen vertreten und transportieren zu können. Vielen Ortsverbänden ist es in der letzten Zeit gelungen, ihre Listen mit guten, engagierten, vor allem auch jungen Leuten aufzustellen. Die Menschen erwarten von der Kommunalpolitik nicht, dass sie die Welt verändert, sondern dass sie die Probleme vor Ort löst. Das bietet für die Ortsvereine die Chance, auch Bürgerinnen und Bürger an sich zu binden, die noch nicht einer Partei angehören. Sich engagieren und mitgestalten macht Spaß, weil die Erfolge im eigenen Umfeld sichtbar werden. Wenn es gelingt, Kandidaten zu finden, die Freude daran haben, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen und Verantwortung für die Gesellschaft und das Land zu übernehmen, steigen die Wahlchancen erheblich.
Die Union ist bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 als die mit großem Abstand stärkste Partei an ihr Ziel gelangt. In diesem Jahr ist es die Aufgabe, diese Position als stärkste Kommunalpartei in Deutschland zu untermauern – und das zugleich mit einer starken Position für und in Europa zu verbinden. Tragfähige Grundlagen sind gelegt.
Ingbert Liebing, geboren 1963 in Flensburg, Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) und kommunalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.