Asset Publisher

Event Reports

Organisation und Ablauf von Wahlen in Deutschland

01. – 08. Mai 2012

Studien- und Dialogprogramm für drei Mitglieder der Wahlkommission und drei Vertreter politischer Parteien Kenias zum Thema "Organisation und Ablauf von Wahlen in Deutschland", 01. – 08. Mai 2012

Asset Publisher

Das Studien- und Dialogprogramm gab drei Vertretern der kenianischen Wahlkommission (Independent Electoral and Boundaries Commission - IEBC) und drei Vertretern kenianischer Parteien die Gelegenheit umfangreiche Einblicke in das deutsche Wahlrecht zu bekommen und die Organisation und Durchführung von Wahlen in Deutschland unmittelbar zu beobachten. Die Teilnehmer waren Lucy Ndungu (Registrar of Political Parties/ IEBC), James Oswago (Chief Executive Officer of IEBC), Rasi Masudi (Regional Electoral Co-Coordinator, Nyanza Central of IEBC), Janet Ongera (Executive Director of ODM), Jasper Nyaboga (Executive Director of PNU) und Hon. Catherine Nyamato (National Women's Leader of Narc-Kenya).

Das Programm fand statt vor dem Hintergrund der Verfassungsreform in Kenia und den ersten Wahlen unter der neuen Verfassung, die voraussichtlich im März 2013 stattfinden werden. Durch die neue kenianische Verfassung, die im August 2010 in Kraft trat, wurde das System eines zentralistischen Staatsaufbaus in Kenia abgelöst durch ein dezentralisiertes System. Es wurden neue dezentrale regionale Einheiten („Counties“) geschaffen, die jeweils über eine eigenes gewähltes Parlament verfügen sollen. Gleichzeitig wurde ein „Senat“ als zweite Kammer des Parlaments auf nationaler Ebene geschaffen, welche die Interessen der Counties in die Gesetzgebung einbringen soll. Die Durchführung der ersten Wahlen unter den Vorgaben der neuen Verfassung stellt für die Wahlkommission und die politischen Parteien eine große Herausforderung dar. Dies auch vor dem Hintergrund, das es in der Vergangenheit bei Wahlen in Kenia häufig zu gravierenden Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

Das Studien- und Dialogprogramm bot einerseits umfangreiche Informationen zum Wahlrecht und zum Parteienrecht in Deutschland und andererseits die praktische Anschauung durch den Besuch in Schleswig-Holstein, wo der Wahlkampf der Parteien und die Durchführung der Landtagswahlen unmittelbar beobachtet werden konnten.

Das Programm begann mit einer Einführung in das das Wahlrecht und das Parteienrecht durch Herrn MinR Dr. Henner Jörg Bohl im Bundesministerium des Inneren. Dieses Informationsgespräch wurde sehr gut ergänzt durch ein Informationsgespräch über Parteienfinanzierung mit Herrn MinDirig Frank Sobolewski, das am Nachmittag des selben Tages im Bundestag stattfand. Die konkrete Vorbereitung und Durchführung von Wahlen konnte im Gespräch mit der Landeswahlleiterin von Berlin, Frau Dr. Michaelis-Merzbach, erläutert und diskutiert werden.

Der Berlin-Teil des Programms bot damit die theoretischen Grundlagen für das, was im folgenden Programmteil in Schleswig-Holstein in der Praxis der Wahlorganisation zu beobachten war. Die Teilnehmer aus der Wahlkommission Kenias waren auf das Thema Wahlen und Wahlrecht sehr gut vorbereitet, da sie selber Fachleute auf diesem Gebiet sind. Es ging daher in den Informationsgesprächen weniger darum Grundkenntnisse zu vermitteln, sondern Einzelfragen mit Fachleuten zu diskutieren. Bedauerlicherweise konnten die eingeladenen Vertreter der politischen Parteien an den Terminen am ersten Tag des Programms nicht teilnehmen, da sie wegen flugtechnischer Probleme erst mit Verspätung nach Deutschland anreisen konnten. Das bei den Informationsgesprächen zur Verfügung gestellte Informationsmaterial konnte auch den später eintreffenden Teilnehmern übergeben werden. Ab dem 03. Mai war die Gruppe dann vollständig.

Der Programmteil in Schleswig-Holstein bot Informationsgespräche mit Wahlleitern und Aufsichtsbehörden auf Amts- und Kreisebene über die Durchführung der Wahl in den Gemeinden und Wahlbezirken. Zahlreiche Einzelfragen über die Erstellung der Wählerlisten, Auswahl der Zahl und der Standorte der Wahllokale, die Zusammensetzung des Wahlvorstandes bis hin zu Fragen der Vergütung für Wahlhelfer konnten hier geklärt werden. Ein immer wiederkehrendes Thema, das die Gäste besonders interessierte, waren dabei Fragen der Sicherheit des Wahlablaufs und der Verhinderung von möglichen Verfälschungen des Wahlergebnisses, z.B. durch falsche Übermittlung von Ergebnissen aus den Wahllokalen an den Wahlleiter.

In Gesprächen mit Vertretern der CDU wurde über Wahlkampfstrategien und Organisation von Wahlkampf der Parteien vor Ort in den Gemeinden informiert. Besonders anschaulich war ein Besuch in der Fußgängerzone von Eckernförde am Samstag vor der Wahl, wo alle zur Wahl stehenden Parteien mit Info-Ständen präsent waren, wo sich auch noch einmal die Kandidaten der Diskussion mit den Bürgern stellten. Außerdem wurden eine Wahlkampfveranstaltung im eher kleineren Kreise auf dem Lande und eine Großveranstaltung mit der Bundeskanzlerin besucht. Am Tag nach der Wahl, die für die CDU ein enttäuschendes Ergebnis brachte, konnte auf einer Parteiversammlung verfolgt werden wie das Ergebnis parteiintern analysiert wurde.

Am Wahltag selbst wurde ein Wahllokal in der Innenstadt von Kiel besucht und eine Zeitlang beobachtet, wie Wähler einzeln oder in kleinen Gruppen erschienen und ohne Hektik oder besondere Vorkommnisse der Wahlvorgang ablief. Dies war für die kenianischen Gäste von besonderem Interesse, da in Kenia ein Wahlvorgang üblicherweise mit stundenlangem Anstehen am Wahllokal verbunden ist. Ein Kurzbesuch im Landeshaus in Kiel am Nachmittag, wo die Rundfunk- und Fernsehanstalten dabei waren, ihre Übertragungseinrichtungen aufzubauen, vermittelte einen Eindruck davon, welchen Aufwand die Medien betreiben, um den Wählern so schnell wie möglich eine akkurates Ergebnis und erste Analysen und Stellungnahmen von Politikern bieten zu können. Am Abend konnte dies dann im Rahmen der Wahlparty der Hermann-Ehlers-Stiftung am TV verfolgt werden.

Am letzten Programmtag bot ein Informationsgespräch mit Herrn Prof. Dr. Ulrich Karpen von der juristischen Fakultät der Universität Hamburg eine willkommene Gelegenheit das im Laufe des Programms Gehörte und Erfahrene noch einmal in der Diskussion aufzuarbeiten und spezielle Fragen zu klären. Besonders interessant war, dass Herr Prof. Karpen im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht über die Zulässigkeit von elektronischen Wahlmaschinen die Klägerseite vertreten hatte und in allen Details über dieses Verfahren berichten konnte, das zu einem Verbot elektronischer Wahlmaschinen in Deutschland führte, während in Kenia Überlegungen angestellt werden, ob solche elektronischen Wahlmaschinen bei künftigen Wahlen eingesetzt werden sollten. Der Meinungsaustausch zu diesem Punkt wird mit Si-cherheit erheblichen Einfluss auf die entsprechende Diskussion in Kenia haben.

Das Programm wurde von den Teilnehmern sehr positiv beurteilt. Mehrfach wurde betont, dass es zahlreiche Einzelinformationen vermittelt habe, die auch für die kenianischen Wahlfachleute neu waren. Besonders gelobt wurde, dass das Programm nicht nur durch Vorträge und Diskussionen auf der theoretischen Ebene Wissen vermittelt habe sondern dass gerade die Kombination mit der praktischen Anschauung durch Besuche auf verschiedenen Ebenen der Verwaltung bis hinunter zur Gemeindeverwaltung und im Wahllokal das Funktionieren des deutschen Wahlsystems überzeugend gezeigt habe.

Asset Publisher

Contact

Iris Karanja

comment-portlet

Asset Publisher

Asset Publisher