Country reports
Der erste Wahlgang am Sonntag, dem 17. Mai, bewies zunächst die stabile Position der größten Regierungspartei, der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ). Trotz wiederholter Kritik an ihrer politischen Arbeit und der Regierung, die sich z.B. in Lohnauseinandersetzungen mit den Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes und in einem Studentenstreik im Vorfeld der Wahl manifestierte, hat die Regierungspartei dennoch in vielen Landesteilen nicht an Popularität eingebüßt. Durch das teilweise Eingehen von Mitte-Rechts Koalitionen, z.B. mit der Bauernpartei HSS und der Partei des Rechts HSP, aber auch durch Kooperation mit der liberalen HSLS, konnte die Partei von Premier Ivo Sanader gegenüber ihrer stärksten Konkurrentin, der sozialdemokratischen SDP, sogar an politischen Boden gewinnen. Auf nationaler Ebene haben sich immerhin 40,3% der Wählerschaft für eine Mitte-Rechts Politik ausgesprochen, die Mitte-Links Partei SDP erreichte 32,9%. Die Dominanz der HDZ landesweit wird dadurch deutlich, dass sie 14 Gespane stellt, die SDP dagegen nur vier. In den zwei verbleibenden Gespanschaften („Counties“) konnten sich einmal die Volkspartei HNS in Varaždin und die Istrische Demokratische Versammlung (IDS) in Istrien durchsetzen.
Der in manch großen Städten des Landes notwendig gewordene zweite Wahlgang am vergangenen Sonntag, dem 31. Mai, ergab leichte Verschiebungen. War es vor zwei Wochen noch ein erster Erfolg für die Regierungspartei HDZ, die vorwiegend in den Landeskreisen punkten konnte, gewannen bei den Stichwahlen um das Amt des Bürgermeisters vor allem die Kandidaten der oppositionellen Sozialdemokraten und ihre Koalitionspartner. SDP-Anwärter konnten sich z.B. in der Hauptstadt Zagreb (Milan Bandic), in den Küstenstädten Dubrovnik (Andro Vlahusic), in Rijeka (Vojko Obersnel) und in Vukovar, im Ostteil des Landes, (Željko Sabo) durchsetzen.
Die beiden Abstimmungen zu den Kommunalwahlen führten also zwischen den großen Parteien zu einem starken Land-Stadt-Gefälle. Das gute Abschneiden von unabhängigen Kandidaten bereits in der ersten Wahlrunde zeigte aber auch, dass die Wählerschaft den traditionellen Machtkampf zwischen der HDZ und der SDP zunehmend skeptisch gegenübersteht. Rückschlüsse auf einen möglichen Ausgang der im Januar 2010 anstehenden Präsidentschaftswahlen lassen sich daraus aber nicht unbedingt ableiten.
Die Wahlbeteiligung bei der ersten Runde am 17. Mai lag bei 46,97% und damit fünf Prozentpunkte über der letzten Kommunalwahl im Jahre 2005. In der zweiten Runde verringerte sie sich lediglich um 6 Prozent. Die geringste Beteilung wurde dabei in Zagreb mit knapp 34 % registriert, die höchste in Split mit ca. 44%.
Wichtige Ergebnisse im Einzelnen
Das Ergebnis des ersten Wahlgangs in der bis dato von der SDP dominierten Hauptstadt Kroatiens sorgte für eine erste Neuheit: Bürgermeister Milan Bandic konnte diesmal keine absolute Mehrheit erzielen und erreichte nur in Koalition mit der Rentnerpartei HSU 48,54%. Sein stärkster und als unabhängiger Kandidat angetretene Gegenspieler Josip Kregar, Dekan der Juristischen Fakultät an der Universität Zagreb, erreichte 23,18%.
Mit Spannung wurde dann die Stichwahl Ende Mai erwartet. Sowohl der abgeschlagene HDZ-Spitzenkandidat Jasen Mesic, der mit 13,7% auf Platz drei rangierte, als auch Radimir Cacic, Präsident der Volkspartei, sprachen sich im Nachgang bei ihren Anhängern für eine Unterstützung des Rechtsgelehrten aus. Obgleich Kregar dadurch auf ein deutlich besseres Wahlergebnis hoffen konnte, erreichte der Unabhängige nur 36,62%. Lokalmatador Bandic sichterte sich stabile 61,84% und wird weiterhin im Amt verbleiben.
Spannend war es auch in der zweitgrößten Stadt der Adriarepublik, in Split. Dort wetteiferten der unabhängige Zeljko Kerum mit 40,21% und der SDP-Kandidat Ranko Ostojic mit 34,72% miteinander; HDZ-Vertreter Ivan Kuret, der lediglich 17% der Stimmen erhielt, blieb von der Stichwahl weit abgeschlagen. Die Ergebnisse vom 17. Mai wurden zwei Wochen später nochmals bestätigt: erneut lag Kerum, Besitzer der größten Lebensmittelkette des Landes, mit 56,87% weit vor seinem SDP-Konkurrenten Ostojic mit 40,75%. Das Ergebnis in der Hafenstadt ist insofern überraschend, als das die Mehrheit der Wähler einen Geschäftsmann als politische Alternative zur vormals regierenden HDZ sehen und sich trotz der ernsten Wirtschaftslage nicht für eine sozial-demokratische Führung aussprachen.
In Übereinstimmung mit dem Wahlverhalten auf gesamtkroatischer Ebene musste die SDP auch in der Gespanschaft Dubrovnik-Neretvanska trotz Vierer-Koalition mit der Volkspartei HNS, der Rentnerpartei HSU und der Kroatischen Sozialliberalen Partei HSLS insgesamt einen Machtverlust hinnehmen und erreichte nur 43%. Anders dagegen in der wichtigen Hafenstadt Dubrovnik: SDP-Koalitionskandidat Andro Vlahusic, der Mitte Mai 42,91% erzielte, setzte sich bei der Stichwahl deutlich mit 54,32% gegen die vormals amtierende HDZ-Kandidatin Dubravka Suica, die 43,87% durch. Eine schwere Schlappe für die HDZ.
Die politische Szene in Osijek, der größten Stadt Ostkroatiens, wurde in den letzten Jahren durch die Regionalpartei Kroatische Gemeinschaft Slawonien und Baranja (HDSSB) dominiert. Ihren Wahlerfolg in diesem Jahr verdankte sie allerdings nur einer ungewöhnlichen Koalition mit der Volkspartei HNS und den Grünen. Der gemeinsame Kandidat Kresimir Bubalo, dem eine enge Verbindung zu dem wegen Kriegsverbrechen kürzlich verurteilten Branimir Glavas nachgesagt wird, erhielt mit 38,71% der Stimmen im ersten Wahlgang die Möglichkeit zur Stichwahl gegen HSP-Präsident Ante Djapic mit 23%. Die zweite Runde besiegelte jedoch die Wählergunst für die traditionelle Regionalpartei: Bubalo setzte sich bei der Wahl zum Stadtoberhaupt klar mit 63,14% der Stimmen gegenüber Dapic mit 34,45% durch.
Aufregend verlief auch die Stichwahl in der Gespanschaft Vukovar-Srijem im Osten der Republik. Nach dem ersten Wahlgang rechneten alle mit einem Sieg der HDZ. Tatsächlich erreichte der HDZ-Kandidat Bozo Galic mit 65,17% ein herausragend gutes Ergebnis. Zum neuen Bürgermeister Vukovars wurde hingegen der SDP-Anwärter Zeljko Sabo gewählt, der zunächst mit mäßigen 34,64% der ersten Wahlrunde in die Stichwahl gelangte, sich dann aber mit knappen 51,03% gegenüber seinen HDZ-Kontrahenten Dami Barna (47,61%) durchzusetzen vermochte. Nach Dubrovnik eine weitere herbe Niederlage für die HDZ.
Andererseits gelang es der HDZ, der SDP in Velika Gorica und in Sisak zwei Bürgermeisterposten abzunehmen. Weitere Überraschungen gab es nicht: Die Wähler der Hafenstadt Zadar hielten an ihrer politischen Tradition fest. Die vom HDZ-Politiker Zvonimir Vrancic geführte Koalition mit HSS-HSLS-HSP-HSU gewann 55% der Stimmen, die von der SDP-Politikerin Ingrid Anticevic Marinovic geführte Koalition erreichte mit 30,87% Platz zwei. Weiterhin haben sich keine Veränderungen in den Städten Koprivinica, Pula und Rijeka ergeben: In Koprivinica bleibt der Politiker Zvonimir Mrsic (SDP) mit 74% unbestritten an der Spitze. Dies gilt auch für Boris Miletic (IDS-SDP) mit 58% in Pula; für SDP-Anwärter Vojko Obersnel in Rijeka mit fast 60%; für Mirko Duspara (HSP) im Wahlkreis Slavonski Brod mit 51%.
Insgesamt betrachtet stellt die Wahl den Kroaten ein durchaus befriedigendes Zeugnis ihrer demokratischen Entwicklung aus. Wahlkampf, Berichterstattung und der Wahlablauf selbst boten keine großen Überraschungen oder Aufregendes. Der Eindruck des „business as usual“ wurde nur durch wenige Skurrilitäten (z.B. Beinahe-Wahl eines „bekennenden“ Shamanen in Saborsko) und Unregelmäßigkeiten (vielfach fehlende Wahlkampf-Finanzierungsberichte) getrübt. Das bipolare Mehrparteiensystem hat sich weiter stabilisiert. Auf der linken Seite dominiert - bei allen regionalen und lokalen Besonderheiten - die SDP und koaliert in der Regel mit der linksliberalen HNS. Auf der anderen Seite steht die christlich-demokraktisch/konservative HDZ mit ihren Juniorpartnern HSLS und der Bauernpartei HSS. Es bleibt abzuwarten, ob diese Konstellation auch bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen bestehen bleibt. Das wäre ein wichtiges Signal für die Saborwahl im Herbst 2011. Die Einzelergebnisse der Kommunalwahl wurden von der kroatischen „Staatlichen Wahlkommission“ (DIP) ins Internet gestellt.